Tourismus in Wittenberg Tourismus in Wittenberg: Hotel "Zum Schwarzen Bär" in neuen Händen

Wittenberg/Wörlitz - Der Familienrat in Wörlitz tagte schnell und entschied sich einstimmig. „Das müssen wir machen“, meinte man unisono in der Familie Pirl, als die Hoteliers eine besondere Offerte erreichte. Im Sommer war es, erinnert sich Michael Pirl. Da fragte eine Eigentümergemeinschaft aus Wittenberg bei den Wörlitzern an, ob Interesse an einer Hotelübernahme in der Lutherstadt bestünde. So kam es schließlich, dass seit dem Neujahrstag das Hotel „Zum Schwarzen Bär“ in der Schlossstraße von der Pirl Hotel Betriebs GmbH bewirtschaftet wird.
Erstmals über Ortsgrenze hinaus
„Wir hatten in all den Jahren schon öfter Angebote, aber noch nie hat es so gut gepasst wie diesmal“, sagt Michael Pirl, für den es mit Bruder Christian, Vater Ewald und den Ehefrauen geschäftlich in der über 100-jährigen Geschichte des Hotels „Zum Stein“ erstmals über die Grenzen der Parkstadt hinaus geht. Möglich wurde dies durch den Rückzug des bisherigen Pächters. Stefan Burkhardt, der das Wittenberger Hotel über mehrere Jahre führte, möchte sich nur noch auf die Wörlitzer Elbterrassen konzentrieren, die er ebenfalls betreibt.
Das Angebot „Pilgern auf dem Lutherweg“ verbindet das Hotel „Zum Stein“ Wörlitz mit Wittenberg. In Zusammenarbeit mit der Evangelischen Landeskirche Anhalts entstand eine Wanderung an fünf Terminen im Jahr 2016, die an der Wörlitzer Petrikirche beginnt. Der Weg führt zur Elbfähre und nach Coswig, schließt dort einen Besuch der Nicolaikirche ein und endet am ökumenischen Kreuz auf dem Apollensberg. Von dort fährt ein Shuttle die Pilger zur Schlosskirche. Insgesamt werden 15 Kilometer zurückgelegt.
„Mit Blick auf das Jubiläumsjahr 2017 hat er angeboten, ein Jahr vor seinem eigentlichen Vertragsauslauf aufzuhören“, sagt Michael Pirl. So bleibt den Hoteliers aus Wörlitz ausreichend Zeit, das Hotel auf das touristisch wichtigste Jahr der Lutherstadt vorzubereiten.
„Man muss bedenken, was Wittenberg für ein Magnet für die christliche Welt ist. Das geht über 2017 hinaus. Was in den vergangenen Jahren in die Infrastruktur und in die historischen Gebäude investiert wurde, hat uns überzeugt. Der Tourismus wird weiter an Bedeutung gewinnen“, so Pirl.
Er habe aber auch beobachtet, dass dies nicht immer so war. „Wir hatten lange das Gefühl, dass Wittenberg in einem Dornröschenschlaf lag und Potenziale aus unterschiedlichen Gründen nicht ausgeschöpft wurden. Das hat sich erst in den vergangenen Jahren geändert.“
In Zahlen zeige sich das mit stetig mehr Touristen auf dem Elberadweg, bei der Schifffahrt oder auch beim großen Besuchererfolg der diesjährigen Cranach-Ausstellung. Beim Verband der Ringhotels in Deutschland, einer Dachorganisation privat geführter Hotels, mussten die Pirls deshalb auch gar nicht lange werben, um den „Schwarzen Bär“ ebenfalls mit diesem Qualitätssiegel zu versehen. „Die Geschäftsführerin hat es sich angesehen und war begeistert“, berichtet der Hotelchef. Das Hotel „Zum Stein“ gehört seit 1993 zu den Ringhotels und hat dafür gesorgt, dass nun auch der Flyer für den „Schwarzen Bär“ in über 130 Hotels landauf landab für Wörlitz und Wittenberg wirbt.
Vor allem der historische Standort inmitten der Wittenberger Altstadt schien den Pirls reizvoll. Dazu gewonnen hat die Hoteliersfamilie nun 31 Zimmer nebst Frühstücksraum. „Fahrradgarage, Parkplätze, Rezeption – all das ist dabei“, sagt Michael Pirl.
Mit Bruder Christian wurde in den vergangenen Monaten überlegt, was im „Schwarzen Bär“ geändert werden könnte. Man kann es eine behutsame Aufwertung nennen. „An den Wohlfühlfaktoren wird man es merken“, kündigen die Pirls an. Zum Frühstück wolle man mehr regionale und Kaffee-Spezialitäten anbieten, ein Internet-Terminal wird eingerichtet, Luther-Wein angeboten, es gibt ein zweites Kopfkissen und mehr Toilettenartikel. „Einige Zimmer wollen wir in Luther-Zimmer umwidmen“, so Michael Pirl.
Verwaltung von Wörlitz aus
Konzentrieren wird man vor allem Marketing, Verkauf und Verwaltung – all dies wird von Wörlitz aus passieren. Übernommen wurden sechs Mitarbeiter, die an der Rezeption und auf den Hoteletagen arbeiten. Schon vor der offiziellen Übernahme hatten die Mitarbeiter aus Wittenberg Gelegenheit, die Abläufe des Hotels in Wörlitz kennenzulernen, denn diese sollen im neuen Haus genauso übernommen werden wie die Standards, die sich die Pirls selbst setzen.
„Wir sind glücklich, nun in Wittenberg das größte privat geführte Hotel betreiben zu können“, sagt Christian Pirl. Etwas, dass nicht selbstverständlich ist, denn in dieser Branche werden die Familienunternehmen immer weniger und die großen Ketten expandieren, vor allem in größeren Städten. „Hotels, die von Generation zu Generation übergehen, sind selten geworden“, so Michael Pirl.
Das neue Standbein in Wittenberg soll auch mit Blick auf diesen Trend kein kurzes Intermezzo sein. Michael Pirls Tochter Anna war zwar im Familienrat nicht stimmberechtigt, hatte aber gar nichts gegen die Entscheidung der Erwachsenen einzuwenden. (mz)
