Töpfermarkt und Co. Töpfermarkt und Co.: Nach 26. Auflage wechselt Organisation

Wittenberg - Bei seiner Berufswahl entschied sich Volker Bohn einst für das Töpferhandwerk. Wohin einen das führen kann, ist an diesem sonnigen Sonntagvormittag zu sehen - direkt in den Altarraum der Wittenberger Stadtkirche nämlich. Dort hat Bohn seine Töpferscheibe aufgebaut - zur Orgelmusik von Ulrich Lamberti und während der Predigt des Stadtkirchenpfarrers Alexander Garth entstehen unter Bohns Händen mehrere Gefäße.
Später wird Garth auch unter Hinweis auf Jesu Wirken und das menschliche Herz von „Gefäßen der Liebe“ sprechen. Erst mal gesteht er aber, die Töpfer zu beneiden: „Da sieht man immer gleich, was man gemacht hat“, sagt er. In seinem Fall sei das „oft anders“.
Eine, die gern mit zu diesem Töpfergottesdienst gegangen wäre, ist Birgit Bremer, doch musste sie eigenen Angaben zufolge mit ihren Hütehunden laufen. Die imposanten Tiere lagen schon am Sonnabend, als dieser 26. Wittenberger Töpfermarkt an den Start ging, hinter Bremers Stand. Die Spaziergänge morgens sind also Pflicht. Spezialisiert ist Bremer auf Gartenkeramik. Ursprünglich stammt sie aus Bremen, vor sieben Jahren zog es sie nach Hötensleben in Sachsen-Anhalt.
Sie musste dann lange warten, um einen Platz auf dem Wittenberger Töpfermarkt zu bekommen. Wohl drei, vier Jahre habe sie sich „beworben, beworben, beworben“. Nun gehört sie zu den zwölf Neuzugängen in diesem Jahr, die im Vorfeld von Noch-Marktorganisatorin Petra Schütze angekündigt wurden. Bremer sagt: „Der Markt ist toll.“ Und sie habe viele Vergleiche, schließlich fahre sie jährlich auf „mindestens“ 15 Töpfermärkte. Der Umsatz, der sich dort im Idealfall erzielen lässt, trägt mit zur Existenzsicherung bei. Und wenn ein Markt dann noch so schön ist...
Offerten im Umfeld
Für Wittenbergs Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos) ist die Veranstaltung denn auch nicht nur die schönste in Mitteldeutschland, sondern sie gehört zu den schönsten „in der Republik“, wie er zur Eröffnung am Sonnabend kurz nach 10 Uhr vom Rathausportal verkündet. Gründe nennt er auch: Der von Schütze aus der Taufe gehobene Markt „braucht kein Bühnenprogramm und keine Bespaßung, hier steht das Handwerk im Mittelpunkt“. Der Beitrag der Stadt bestehe darin, „dass wir jedes Jahr versuchen, gutes Wetter zu organisieren“.
Doch dürften auch Offerten im Umfeld zum Charme des Wittenberger Töpfermarktes beitragen. Dazu gehört u. a. der Bauernmarkt der Cranach-Stiftung in Hof und Garten der Schlossstraße 1. In diesem Jahr geht es um die Bienen, ein ebenso schönes wie beunruhigendes Thema, denn das weltweite Bienensterben konnte bis heute nicht gestoppt werden.
Auf dem Bauernmarkt wird das Thema sichtbar in einer kleinen Ausstellung, durch einen Dokumentarfilm und in der Anwesenheit von Imkern und dem Nabu. Eva Löber vom Vorstand der Stiftung ist es eine Herzensangelegenheit, dass Menschen wieder „Zusammenhänge begreifen“ - etwa zwischen der Bestäuberleistung der Bienen und vielen Nahrungsmitteln. Dazu müsse „Wissen vermittelt werden“. Das kann auch Enrico Wenzel.
Der Vorsitzende des örtlichen Imkervereins zeigt an seinem Stand auch Dinge, die zur Ausstattung eines Imkers bzw. von Bienenstöcken gehören. 47 Imker sind im Verein organisiert, die meisten in Wittenberg. Dort sehe es also, was allein die Anzahl der Honigbienen angeht, „noch ganz gut aus“.
Geben und nehmen
Zurück zu den Töpfern. 86 sind es in diesem Jahrgang und die Vielfalt dessen, was in ihren Werkstätten entsteht, ist immens. Wer Gebrauchskeramik schätzt, ob schlicht oder verspielt, mit Holz kombiniert oder pur, kommt auf seine Kosten. Genauso Liebhaber schöner Accessoires, origineller Deko-Objekte und Fans von Gartenkeramik. Es gibt Kunstwerke aus Keramik. Und Tonfiguren, die bei Martin Sprave und Diane Tafel entstehen. Ausdrucksstark sind sie, oft hintersinnig.
Nachdenklich, aber auch heiter stimmt der Töpfergottesdienst am Sonntag. „Wir sind als Gefäße geschaffen, unser Herz ist so ein Gefäß“, sagt Garth. Die Frage ist, womit wir es füllen? Nur nicht mit Hass! Christus sei die Gegenbewegung: „Lassen Sie uns Gefäße dieser Liebe sein.“ Ähnlich klingt es im Gebet der Töpfer, das gegen Mittag vor dem Rathaus, dort endet der Gottesdienst, gesprochen wird: „Herr, mache mich zu einer Schale / offen zum Nehmen / offen zum Geben...“
Offen zum Loslassen, ließe sich hier noch ergänzen, doch ist das nicht nötig, da Petra Schütze, Seele des Wittenberger Töpfermarktes, nach 26 Jahren die Organisation wie berichtet an Jörg Engler von der Keramikwerkstatt Doster in Zahna übergibt. Am frühen Sonntagabend ehren sie Schütze, die bereits am Vortag von der Thüringer Töpferinnung die „Goldene Kammschiene“ und im Januar 2018 den Lucas-Cranach-Preis der Stadt Wittenberg erhalten hat. Zugehör bringt Geschenke, die Töpfer einen Jubiläumskrug von unglaublichen Maßen. Hergestellt hatte ihn auf dem Markt Peter Ludwig aus Görzke, seine Kollegen haben ihn signiert. Schütze ist gerührt, es folgen „Staffelstabübergabe“ an Engler und die Töpferhymne. Dann wird aufgeräumt.
(mz)


