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Stadtkirche in Wittenberg Stadtkirche in Wittenberg: Neuer Altarbehang ist weißes Unikat

Von Corinna Nitz 11.03.2021, 11:44
Sabine Bretschneider beim Ausbreiten eines neuen Altarbehangs in der Stadtkirche. Daran gearbeitet hat sie seit Oktober 2020.
Sabine Bretschneider beim Ausbreiten eines neuen Altarbehangs in der Stadtkirche. Daran gearbeitet hat sie seit Oktober 2020. Klitzsch

Wittenberg - „Neue Kleider für den Reformationsaltar!“ lautet das anschauliche Motto für eine Spendenkampagne, welche die evangelische Stadtkirchengemeinde Wittenberg im Herbst 2020 auch medial bekanntgemacht hat. Benötigt werden rund 16.000 Euro für zwei neue Altarbehänge, nachdem die bisherigen durch jahrzehntelangen Gebrauch verschlissen sind.

Diesen Mittwochnachmittag ist das erste Antependium eingetroffen - persönlich überbracht von Sabine Bretschneider, die dieses Unikat entworfen und gewebt hat.

Mit Hand und Fuß

Bretschneider lebt und arbeitet als Paramentikerin in Magdeburg, ihr Auftrag für die Wittenberger lautete, ein weißes Antependium zu fertigen. Weiß reiht sich ein in den liturgischen Farbkanon des Kirchenjahres.

Aufgelegt wird es zu den hohen christlichen Festen Ostern und Weihnachten und den dazugehörigen Sonntagen, also schon bald. Das Besondere an Bretschneiders Parament ist die motivische Bezugnahme zur Predella des Cranach-Altars.

Dies gilt auch für ein zartes Gelb, das in Teilen zum Einsatz kam. Besonders ist auch die schiere Größe des Altarbehangs: 2,40 Meter auf 90 Zentimeter. Es sei, sagte Bretschneider zur Vorstellung in der Stadtkirche, das längste Parament, das sie bisher gewebt habe. Seit Oktober 2020 hat sie daran gearbeitet, die Rede war von etwa 400 (!) Stunden.

Vorausgegangen waren, klar, die Entwicklung der Entwürfe, aber auch das Einrichten des Webstuhls. Bretschneider arbeitet an einem Hochwebstuhl aus Buchenholz. Das gute Stück ist vollmechanisch, die Hand- beziehungsweise Fußarbeit dementsprechend aufwendig. Das Grundgerüst für den Behang ist, wie Bretschneider der MZ berichtete, Leinen, unter Hinweis auf den Kettfaden sprach sie auch von der Leinenkette. Der Schuss(faden) besteht aus reiner Schurwolle.

Wolle halte Schwankungen bei der Temperatur oder Luftfeuchtigkeit, wie sie in Kirchenräumen auftreten können, gut stand und verhalte sich ausgleichend. Außerdem kann die Wolle in allen möglichen Farben gefärbt werden. In dieser Hinsicht greife sie jedoch auf entsprechende Anbieter zurück. Und man muss jetzt kein Ökonom sein um sich vorstellen zu können, dass, würde Bretschneider auch noch selbst färben, sich das nicht zu knapp auf den Preis auswirken dürfte.

Ihre Ausbildung zur Paramentikerin hat Bretschneider einst bei den Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg erhalten. Es gibt nicht viele von ihrer „Art“. Bretschneider selbst ist bereits seit 2005 freiberuflich tätig, Aufträge kommen praktisch aus dem gesamten Bundesgebiet - überwiegend von Kirchgemeinden. Privatleute sind aufgrund der preisintensiven Handarbeit die Ausnahme.

Für Bretschneider steht ein Parament übrigens nicht als Kunstwerk für sich. Vielmehr müsse es eine Aussage haben über die christliche Botschaft und: „Ich finde es unerlässlich, dass man von der Ikonographie und der Symbolik Kenntnis hat.“

Bewegender Moment

Die jüngste Arbeit ist für Sabine Bretschneider nicht der erste Auftrag in Wittenberg. 2016 hat sie wie berichtet Altarbehänge für die Schlosskirchengemeinde geschaffen. Zur gestrigen Präsentation des weißen Altarbehanges in der Stadtkirche auch vor Mitgliedern des Öffentlichkeitsausschusses sprach Pfarrer Johannes Block von einem grandiosen, bewegenden Moment, den man nicht alle Tage, ja nicht einmal alle Jahre erlebe. Dass sie das Parament gern abgibt, sagte Sabine Bretschneider, denn: „Es gehört hier her.“

Zur Osternacht

Offiziell eingeführt werden soll der neue weiße Altarbehang in der Stadtkirche Wittenberg in der Osternacht am 3. April um 22 Uhr. Gefertigt hat den Behang die Paramentikerin Sabine Bretschneider in ihrer Werkstatt „Textil im Raum“ in Magdeburg. Vorausgegangen war laut Stadtkirchenpfarrer Johannes Block ein intensiver Beratungsprozess. Von insgesamt drei Jahren sprach Cornelia Winkelmann vom Öffentlichkeitsausschuss der Gemeinde am Mittwoch bei der Ankunft des Altarbehangs.

Neben dem weißen Parament wurde noch ein grünes in Auftrag gegeben, dieses entsteht in Berlin. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 16.000 Euro. Um diese aufzubringen, bittet die Stadtkirchengemeinde um Spenden. Wer sie unterstützen möchte, kann hier Spenden einzahlen: Spendenkonto, Stichwort „RT 7254 Parament“, Bank für Kirche und Diakonie, Kontoträger: Kreiskirchenamt Wittenberg, IBAN: DE91 3506 0190 1551 7480 10, BIC: GENODED1DKD. (mz)