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Stadtfest Luthers Hochzeit 2017 Stadtfest Luthers Hochzeit 2017: Wittenberger sind Feuer und Flamme

Von Marcel Duclaud 06.06.2017, 14:10
Beim Festumzug geht auch der Henker mit: Er gehört zum Verein Leucoreadorf Bystrica
Beim Festumzug geht auch der Henker mit: Er gehört zum Verein Leucoreadorf Bystrica Archiv/Alexander Baumbach

Wittenberg - Die beeindruckende Axt mit dem langen Stiel, das Handwerkszeug des Henkers, steht im Flur bereit. Sie wird bald gebraucht - keine Sorge, lediglich zu Anschauungszwecken. Die Zeiten öffentlicher Hinrichtungen sind gottlob vorbei.

Auch wenn in diesen Tagen viel gefeiert wird in Luthers Stadt, der Höhepunkt bleibt für die meisten Einheimischen das Stadtfest „Luthers Hochzeit“ - und das steht kurz bevor. Schon am Dienstagabend begannen erste Aufbauarbeiten, für Freitag haben sich die Nonnen aus dem Kloster Nimbschen angesagt. Und trotz 2017, trotz einiger Einschränkungen und Veränderungen, das Fest wird wieder üppig.

Dazu bei tragen wie stets entscheidend die Wittenberger selbst. Viele von ihnen haben längst ihr Vergnügen daran gefunden, mittelalterliches Leben zu inszenieren, Lager aufzuschlagen, den Festumzug mitzugestalten. Und zum Mittelalter gehören halt auch Henker. Die spielen natürlich nur als Detail am Rande eine Rolle, schließlich ist ein fröhlicher Anlass Hintergrund der großen Feierlichkeiten.

Eine Familie, längst vom Stadtfestfieber infiziert und nicht wegzudenken aus dem Trubel, sind Doreen, Dirk, Anna und Hannes Hainich. Sie kommen aus Piesteritz und begannen ihre Karriere bei „Luthers Hochzeit“ kurz nach der Jahrtausendwende, zunächst als Aushilfe bei der Standbetreuung auf dem Kirchplatz. Daraus wurde schließlich ein Verein namens Leucoreadorf Bystrica (der alte Name für Piesteritz) mit knapp 80 Mitgliedern, darunter 40 Kinder und Jugendliche.

Das 23. Stadtfest „Luthers Hochzeit“ ist ein besonderes, weil eingebunden in die Weltausstellung Reformation und „erstmals und einmalig“ ohne Plakette zu besuchen, also ohne Eintritt. Ansonsten ähnelt das Programm dem der vergangenen Jahre. In der Altstadt lagern an Originalschauplätzen der Lutherzeit Händler und Wirte, sind Gaukler und Musikanten zu erleben und allerlei mittelalterlich gewandetes Volk. Von 80 Stunden Programm ist die Rede, von 20 Musikantengruppen und drei Fanfarenzügen. Das Fest beginnt wie stets am späten Freitagnachmittag mit der Eröffnungszeremonie (17 Uhr), zu den Höhepunkten zählen der Festumzug am Samstag ab 14 Uhr mit rund 2.000 Teilnehmern und der historische Kinderfestumzug am Sonntag ab 14 Uhr.

Wie in den vergangenen Jahren lädt die Stadtkirchengemeinde zu einem Festgottesdienst ein (Sonntag, 10 Uhr), in dem sich Eheleute und Paare für ihren weiteren Weg segnen lassen können. „Ein Partner ist bald genommen“, sagt Martin Luther, „aber ihn stets lieb zu haben, das ist schwer.“ Die Segnung vor dem Reformationsaltar will auf dem gemeinsamen Weg bestärken und ist offen für alle Eheleute und Partner, die am Wittenberger Stadtfest ihr Ja-Wort bekräftigen wollen.

2006 hatten die Piesteritzer ihren ersten eigenständigen Auftritt in der Mittelstraße. Seither wird nicht nur die Straße ordentlich belebt, der Verein wirkt auch weit über das Stadtfest hinaus. Zum Beispiel mit historischen Tänzen: „Wir haben uns das erarbeitet, nach und nach. Viel gelesen und recherchiert, um möglichst nah an der Geschichte zu sein“, erklärt Dirk Hainich, der Vereinschef.

Allein in diesem Jahr standen schon mehrere Auftritte auf dem Programm, Leucoreadorf Bystrica hat sich einen Namen gemacht: Die Männer, Frauen und Kinder tanzten auf der Festwiese beim Kirchentag, bei der 1.250-Jahrfeier in Bretten, der Sachsen-Anhalt-Tag kommt auch noch.

Aber jetzt wartet erstmal der Ursprung, die große Liebe, das weit bekannte Stadtfest „Luthers Hochzeit“. Dirk Hainich: „Wir sind wirklich mit Leidenschaft, mit Feuer und Flamme bei der Sache. Dieses Fest hat uns nicht mehr losgelassen. Es ist schön, wenn man das Publikum hineinziehen kann. Und das funktioniert tatsächlich.“

Zum Beispiel bei der mittelalterlichen Tafel, die gleich zweifach angeboten wird. „Die Plätze sind quasi ausgebucht.“ Es gibt Speis und Trank und Unterhaltung, alles in mittelalterlicher Manier. Unterstützung kommt etwa von der Gruppe Ohrenpeyn, die auch schon mehrere Jahre lang mit von der Partie ist und die die Musik liefert für die Tänze, die beim Stadtfest nicht fehlen dürfen.

Es sind eher Bauerntänze, weniger höfische, die Frauen tragen denn auch Gewänder von Bäuerinnen, die Männer präsentieren Berufe: Schankwirt, Lumpensammler, Bader und eben den gruseligen des Henkers. (mz)