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Millionen-Investition SKW: Feuerwehr-Zentrum in Wittenberg wird von Industrieunternehmen finanziert

Von Marcel Duclaud 20.10.2016, 06:00
In Wittenberg-Piesteritz entsteht gerade die Fahrzeughalle für die hauptamtliche Wachbereitschaft der Stadt.
In Wittenberg-Piesteritz entsteht gerade die Fahrzeughalle für die hauptamtliche Wachbereitschaft der Stadt. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Was gegenwärtig am Nordeingang von SKW Piesteritz entsteht, hat Seltenheitswert. Dort werden sich künftig Domizile und Ausbildungszentren für Feuerwehren konzentrieren. Gleich neben dem Standort der gut ausgestatteten Werkfeuerwehr des Chemieunternehmens wächst seit einigen Wochen eine Fahrzeughalle mit 14 Stellplätzen in die Höhe - es handelt sich um ein Element der neuen Hauptwache der Wittenberger Berufsfeuerwehr.

Die soll bekanntlich umziehen - von Teuchel eben nach Piesteritz, wenn die Gebäude dort fertig sind. Das ist laut Planung Ende nächsten Jahres der Fall. Das Bauen geht schnell, erst im Frühjahr ist nach den Worten von Norbert Bökenheide, Zentralbereichsleiter Einkauf und Logistik bei SKW, mit den vorbereitenden Arbeiten begonnen worden - auf einer Brachfläche, wo sich früher mal das Rechenzentrum des Stickstoffwerkes befand.

Denn Regie führt SKW, das potente Unternehmen finanziert als Bauherr das gesamte ehrgeizige Vorhaben. Über zehn Millionen Euro werden investiert in das Feuerwehrzentrum im Westen der Stadt, rund sechs davon für die hauptamtliche Wachbereitschaft.

Die Kommune mietet sich dann ein, zu günstigen Bedingungen, wie es heißt. Diverse Gutachten haben ergeben, dass das letztlich die günstigste Variante ist. In Teuchel hätte investiert werden müssen, der Standort dort soll nach erfolgtem Umzug von der Freiwilligen Feuerwehr Teuchel und vom Katastrophenschutz genutzt werden, sagt Gerd Geier, Fachbereichsleiter Brand- und Katastrophenschutz bei der Stadt.

Mit von der Partie in Piesteritz ist inzwischen außerdem der Landkreis, nach ähnlichem Muster wie die Stadt. SKW baut für ihn auf 7000 Quadratmetern Fläche ein lang ersehntes Ausbildungszentrum für die freiwilligen Feuerwehren - direkt neben kommunaler Hauptwache und Werkfeuerwehr. Momentan sind lediglich einige Erdhaufen zu sehen, schon im November soll aber der Bauantrag gestellt werden.

Bereits im Ausbildungsjahr 2018 können dann, wenn nichts dazwischen kommt, Kameraden der freiwilligen Wehren des Kreises umfangreiche Übungen in Piesteritz absolvieren. „Ich bin sehr, sehr froh, dass es jetzt vorwärts geht. Wir kämpfen seit langem um das Ausbildungszentrum“, erklärt Ute Görtler, Fachdienstleiterin Brand-, Katastrophenschutz und Rettungswesen. 4,7 Millionen Euro steckt SKW in das Projekt, der Mietvertrag liegt zurzeit beim Landrat zur Unterschrift. Zunächst sind 20 Jahre Laufzeit vereinbart, mit Option auf Verlängerung.

Die Gebäude für die hauptamtliche Wachbereitschaft der Stadt Wittenberg, die gegenwärtig errichtet werden, sollen die Form eines L ergeben und eine Abmessung von etwa 70 mal 70 Meter haben. Dazu gehören eine Fahrzeughalle mit Waschanlage und Nebenräumen, ein Geschossbau mit Büroräumen, elf Ruheräumen, Schulungsräumen und einem Kraftsportraum, eine Werkstatt mit Lager und Umkleiden, eine Einsatzzentrale samt Funkraum. Dienst tun im Schichtsystem werden in der neuen Hauptwache nach den Worten des städtischen Fachbereichsleiters Gerd Geier 33 Feuerwehrleute in der Einsatzabteilung und vier Personen in Führung und Verwaltung.

Die Werkfeuerwehr verfügt über 25 hauptberufliche und 20 nebenberufliche Einsatzkräfte. Zum aufwendig modernisierten Objekt gehören Büros, Ruhe- und Schulungsräume, Fahrzeughalle mit zwölf Plätzen (vier Großfahrzeuge und zwei kleinere stehen da), zudem Atemschutz-, Feuerlöscher- und Schlauchwerkstatt. (mz/mac)

Ein bereits bestehendes Gebäude wird umgebaut für Büros, Schulungs- und Sanitärräume. Das Herzstück aber ist laut Görtler die Freifläche mit 14 verschiedenen Übungselementen - vom Trümmerfeld über eine Baugrube und eine Abbrandfläche bis hin zu einem Übungsturm für das Training der Höhenrettung oder einer angedeuteten Hochstraße.

Als Gewinner der beträchtlichen Investition sehen sich alle beteiligten Seiten. Der Kreis erhält ein Ausbildungszentrum, das er aus eigener Kraft in nächster Zeit kaum hätte stemmen können. Ähnlich die Stadt, die bei ihren Aufgaben zudem künftig Unterstützung bekommt von der SKW-Werkfeuerwehr.

Damit das möglich ist, musste eigens die Werkfeuerwehr-Verordnung des Landes geändert werden. „Ein Kraftakt“, bemerkt Ute Görtler - und eine Initiative, die von Wittenberg ausging. Geier betont: „Durch die Kooperation wird die Dienststärke der hauptamtlichen Wache verstärkt.“ Ein immenser Vorteil ergibt sich auch für nördlich gelegene Ortsteile, etwa Apollensdorf. „Wenn es dort brennt, muss niemand mehr an der Schranke stehen“, betont Zentralbereichsleiter Bökenheide. Die Wachbereitschaft wird die Brücke im Werk nutzen können.

Und SKW profitiert natürlich ebenfalls von der geballten Kraft der Feuerwehren. Olaf Kracke, Leiter der Werkfeuerwehr: „Die Konzentration ist ein Vorteil. Das wird sich auszahlen. Bei gemeinsamer Ausbildung zum Beispiel.“ Oder wenn es mal ernst werden sollte auf dem Gelände des Chemiewerks. Die Wachbereitschaft der Stadt, die die Werkfeuerwehr im Fall der Fälle unterstützt, kann sich die Anfahrt sparen, sie ist schon da. Das bringt wertvolle Minuten.

Das Feuerwehr-Zentrum ist unterdessen lediglich ein Aspekt des umfangreichen Engagements des Traditionsunternehmens - im öffentlichen und eigenen Interesse. Am Standort wird bekanntlich nicht nur der inzwischen zweite Betriebskindergarten gebaut, ein Gesundheitszentrum (samt ausgedehntem Fitness-Bereich) gibt es bereits, ein Hort ist in Planung.

SKW hatte überdies angeboten, 35 Millionen Euro für die dringend nötige Nordumfahrung der Stadt beizusteuern. Zwar hält sich der Ammoniak- und Harnstoffproduzent bedeckt, was den aktuellen Stand der Dinge betrifft. Klar ist aber: Die neue Straße wird gebaut, sie hat Aufnahme im Bundesverkehrswegeplan gefunden. Und dem Vernehmen nach zog SKW die Offerte bislang nicht zurück. (mz)