Sehnlicher Wunsch nach Neuanfang
Coswig/MZ. - Seit dem 8. September 2005 ist ihre Mietwohnung in der Zerbster Straße in Coswig ohne Strom, seit zwei Jahren sind die Heizungen kalt. Warmes Wasser gibt es nicht. Aus dem Hahn rinnt ein dünner Strich kaltes Nass. Nur die Klospülung funktioniert noch einwandfrei.
"Es kann doch nicht sein, dass ein Mensch so durch den Rost fallen kann", bittet sie um Hilfe. Auf dem Coswiger Markt hat sie protestiert, zu den Stadträten und zu Vereinsvertretern gesprochen. Den Schuldigen für ihre missliche Lage sieht sie in ihrem Vermieter. Thoralf Jähnke indes weist jede Kritik von sich. "Ich habe es im Guten versucht. Allerdings hat Frau Arndt bei mir 1 800 Euro Mietschulden, die bis 2006 aufgelaufen sind." Deshalb habe er die Heizungen abgedreht und die Wasserversorgung eingeschränkt. "Die Ämter wissen Bescheid", sagt der Coswiger. "Wenn die Außenstände beglichen sind, wird es auch wieder warm." Dass es zwischen ihm und Kristine Arndt von Anfang an Spannungen gegeben habe, leugnet der Vermieter nicht. Die Auseinandersetzungen gipfelten in wechselseitigen Anzeigen bei der Polizei. Zweimal hat Jähnke seit 2003 den Mietvertrag gekündigt. Zuletzt hatte die Kommunale Beschäftigungsagentur aus Anhalt-Zerbst die Miete für die Wohnung direkt auf sein Konto überwiesen. Plus Nebenkosten. "Die Summe reicht aber nicht aus, um die Heizungen anzustellen", bleibt Jähnke hart.
Die Behörden halten sich mit Kommentaren zurück und verweisen auf den Schutz der Privatsphäre. Hilfsangebote habe es aber genügend gegeben, heißt es aus der Stadtverwaltung Coswig und den Ämtern beim jetzigen Landkreis Anhalt-Bitterfeld, der bis 31. Dezember für die Betreuung der Hartz-IV-Empfängerin verantwortlich gewesen ist. Der gelernten Industriekauffrau sei ein zinsloses Darlehen angeboten worden, um Schulden bei Vermieter und Stromversorger tilgen zu können. Allerdings habe sie den Kredit ebenso abgelehnt wie die Unterstützung durch eine vom Amtsgericht bestellte Betreuerin. "Aus gutem Grund, denn ich bin mir keiner Schuld bewusst und auch nicht verrückt", erklärt die Betroffene. Nun kümmern sich eine Rechtsanwältin sowie seitens des Landkreises Wittenberg der sozialpsychologische Dienst und das Ordnungsamt um ihren Fall. Der offenbar alles andere als leicht gelöst werden kann. In einem Punkt sind sich Mieterin und Vermieter dann aber doch einig. "Ich will und muss hier raus und würde mich auch ehrenamtlich engagieren", hofft Kristine Arndt für sich und Katze Paula auf einen Neuanfang in einer anderen Bleibe. Das wäre auch ganz in seinem Sinne, betont Thoralf Jähnke.
Als wäre ihre Lage nicht schon dramatisch genug, hat die Hartz-IV-Empfängerin nun ein neues Problem. Ihr Antrag auf Arbeitslosengeld II konnte nach dem Wechsel der Zuständigkeiten noch nicht bearbeitet werden, weil Daten fehlen, wie ihr die Arge mitteilte.