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Schrottplatz mit "ruinösem Charme" Schrottplatz mit "ruinösem Charme": Stadtrat verteilt Rundumschlag gegen Ferropolis

Von Michael Hübner 05.03.2015, 15:50
Die Spielplätze in Gröbern am gleichnamigen See.
Die Spielplätze in Gröbern am gleichnamigen See. thomas klitzsch Lizenz

Gräfenhainichen - Lothar Schröder (SPD) warnt seine Leser schon vorab eindringlich: „Dieser Text beschönigt nichts!“. Es geht um seine „Denkschrift zum Tagestourismus vor dem 20. Jahrestag der Gründung von Ferropolis 2015.“ Der Gräfenhainichener Stadtrat hat nach eigenen Angaben für sein Werk - 13 Seiten lang - ein halbes Jahr recherchiert. Entstanden ist eine kritische Bestandsaufnahme, die es in dieser Schärfe noch nie gab. „Der gegenwärtige Anblick von Ferropolis harmoniert nicht mit den vielen verbauten Millionen der letzten 20 Jahre“, so Schröder.

„Geschönte Internetbilder“

Lothar Schröder (SPD) hat sich in seiner Denkschrift gegen die viel diskutierte Kartensteuer bei den Events ausgesprochen. „Wir sollten weiterhin auf in der Branche unübliche Experimente verzichten. Mit den Veranstaltern über Sponsoring zu sprechen, ist ertragreicher“, so der Sozialdemokrat.

Nach seinen Angaben - er will viele Gespräche mit Besuchern geführt haben - sprechen „etwas missgünstigere Zeitgenossen“ von einem „monumentalen Schrottplatz auf einem Gelände mit ruinösem Charme“. Er verweist auf Hamburger, die die Reise aufgrund eines „Hochglanzprospekts und geschönten Internetbildern“ gebucht haben. „In Ferropolis steigen sie aus und werden zuerst mit optischen Widersprüchen konfrontiert. Der erste Eindruck ist ein heftiger Widerspruch von Werbung und Realität“, sagt der Mann, der in einer Werbeagentur und als freischaffender Fotograf gearbeitet hat.

Und als Politiker betont er: „Gräfenhainichen befindet sich in der Konsolidierung. Das sieht man auch Ferropolis an.“ Der Denkschriftverfasser listet viele Mängel auf. So sei der „komplette Empfangsbereich wenig einladend und bedarf einer grundlegenden Modernisierung.“

Die meisten Möbel im Bürotrakt seien 50 Jahre alt. „Dabei wirken diese jedoch nicht museal, sondern schlicht, schäbig, alt.“ Bei dem Rundumschlag kommt auch der Internetauftritt nicht gerade gut weg. „Die aktuelle Website entspricht nicht den Erfordernissen. Sowohl inhaltlich wie auch strukturell ist eine Erneuerung dringend notwendig“, meint Schröder. Es gehe darum, „nicht nur Bagger“ darzustellen.

Warum ein Spielplatz die Attraktivität der "Stadt aus Eisen" steigern soll, lesen Sie auf Seite 2.

Der Sozialdemokrat will offensichtlich wachrütteln. „Wir sind mindestens vier Jahre im Verzug. Es ist allerhöchste Zeit für die Verantwortungsträger, ihrer Pflicht nachzukommen. Weiter blauäugig in die Zukunft schauen und auf Gaben von oben zu hoffen, wird uns nicht weiter bringen“, so Schröder: Sein Fazit: „Ferropolis muss zwingend lernen, dauerhaft auf eigenen Füßen zu stehen!“ Deshalb fordert er, eine „Stärkung der Einnahmesituation aus dem Tagestourismus“. Ferropolis könne „gegenüber den vielen bisher verbauten Millionen D-Mark und Euro mit im Vergleich geringen Mitteln ertüchtigt werden, um die direkte Wertschöpfung aus den Tagesbesuchern deutlich zu erhöhen.“

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Schröder präsentiert auch viele Vorschläge, um die Situation deutlich zu verbessern. Für die Umsetzungen seien „relativ kleine Investitionen“ notwendig. Einiges sei „mit schlichten Absprachen zu leisten“. Allerdings solle die Stadt Gräfenhainichen der Ferropolis GmbH einen Infrastrukturkredit von 100.000 Euro gewähren. Darüber hinaus regt er an, dass die Einwohner über Patenschaften - ähnlich wie im Wittenberger Tierpark - integriert werden sollen.

Zu den Ideen des SPD-Mannes zählt auch ein gut ausgestatteter Spielplatz, der zum Magnet für junge Familien werden soll. „Im Eventzentrum Gröbern kann man sich bereits ansehen, was möglich ist. Vielleicht ist die Blausee GmbH sogar gewillt, gleichgeartete Investitionen in Ferropolis mitzutragen“, so Schröder, zumal der Baggerstadt „angepasste urige Spielgeräte“ auch „relativ preisgünstig“ zu erhalten seien. Der Spielplatz könnte mit „kletterfähigen Plastiken“ aus dem Tornauer Holzskulpturenwettbewerb ausgestaltet werden.

Jahreskarten werden verschenkt

Beenden will Schröder „das Wegschenken der Jahreskarte“. Die kostet nach seinen Angaben nur einen Euro mehr als die Tageskarte. Die Jahreskarte sollte sich darüber hinaus durch verschiedene Motive zum Sammlerobjekt entwickeln. Seine Analyse, schreibt Schröder, inklusive der Vorschläge haben weder der Stadt noch Ferropolis Geld kostet.

Die Reaktionen auf Schröders Vorstoß halten sich trotzdem in überschaubarem Rahmen. „Ich werde mich nicht äußern“, so Ferropolis-Beiratschef Michael Spiegel (CDU). Er habe die Denkschrift noch nicht „in Gänze“ gelesen. So geht es auch Michael Walther (Linke). „Das ist aber eine Fleißarbeit“, so der Stadtrat. (mz)