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Parkanlage Schloss Pretzsch: Mehrere Millionen Euro für Barock-Garten

Von Marcel Duclaud 14.09.2016, 04:00
Die Pretzscher Parkanlagen bieten idyllische Ansichten, allerdings wurden sie in den letzten Jahren vernachlässigt. Das soll sich ändern.
Die Pretzscher Parkanlagen bieten idyllische Ansichten, allerdings wurden sie in den letzten Jahren vernachlässigt. Das soll sich ändern. Thomas Klitzsch

Pretzsch - In Pretzsch werden (Garten-) Träume wahr. In die historischen Parkanlagen fließen mehrere Millionen Euro. Was bislang eine Hoffnung war, steht nun fest: Allein für den Kurpark soll rund eine Million aufgewendet werden, um die vernachlässigten Grünflächen auf Vordermann zu bringen und möglichst zu einem Anziehungspunkt zu machen, der dem (brach liegenden) Tourismus auf die Sprünge hilft.

Schäden beim Hochwasser der Elbe

Damit nicht genug ist auch der historische Schlosspark im Blick der Gartengestalter, dessen ursprünglich barocke Strukturen haben erheblich gelitten - etwa beim jüngsten Hochwasser 2013. Nach den Worten von Martin Röthel, einstiger Standortmanager am Schloss, inzwischen Bürgermeister von Bad Schmiedeberg, sind auch dafür Fördermittel zugesagt - er spricht von rund 1,5 Millionen Euro für den Schlosspark und 1,3 Millionen für das desolate, aber geschichtsträchtige Fachwerkhaus auf dem Gelände.

Es entstand einst als Wirtschaftshof zu Zeiten, als Christiane Eberhardine, die Frau von August dem Starken, ihre zahlreichen Spuren in Pretzsch hinterließ. Das Haus steht leer, das Holz ist stark geschädigt, das Gebäude wegen einer Unterspülung obendrein abgesackt. Nach Auskunft von Heimleiterin Bianka Puppel gibt es Geld auch für die Sanierung eines Sandsteinpfeilers.

Sie beziffert den finanziellen Segen allein für den Bereich des Schlosses auf insgesamt rund drei Millionen Euro. Kur- und Schlosspark sind nicht wirklich voneinander zu trennen, wenngleich ersterer viel später entstand, nämlich Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie gehen ineinander über, laut Röthel ist der Pretzscher Bach die Grenze. Außerdem zeichnet für den Kurpark die Kommune verantwortlich, für den Schlosspark ist es die Salus GmbH, die das Kinder- und Jugendheim auf Schloss Pretzsch betreibt.

Als das Pretzscher Schloss von Hans Löser erbaut wurde - zwischen 1571 und 1574 - war von einem Park noch keine Rede. Wo jetzt der Park ist, befanden sich nach den Worten von Ortschronist Erhard Dubrau Wirtschaftsgebäude und Häuser von Bediensteten, unter anderem des Scharfrichters. Der Park kam mit Christiane Eberhardine, die das Schloss bekanntlich 1696 als Geschenk von ihrem Gatten August dem Starken erhielt. Dubrau: „Beide haben entschieden, dass ein Park entstehen soll.“ Der Kurfürst soll nach Überlieferungen Zeichnungen selbst angefertigt haben. Laut Dubrau ist der barocke Park etwa um das Jahr 1710 angelegt worden.

Während August der Starke nach dem Tod seiner Gemahlin 1727 entschied, dass alles im Bau befindliche vollendet wird, hatte der Sohn an Pretzsch kein Interesse. Er soll zahlreiche der über 100 Statuen aus dem Park auf seine anderen Schlösser verteilt haben. Später sind zudem die barocken Strukturen nach dem Vorbild des Wörlitzer Parkes umgeformt worden. Barocke Elemente wurden bereits vor einigen Jahren mit Hochwassergeld reanimiert, danach wurde der Schlosspark allerdings wieder vernachlässigt. Mit dem Kurpark hat er laut Ortschronist Dubrau wenig zu tun. Der ist in den 1920er Jahren vollkommen neu angelegt worden. (mz/mac)

Die denkmalgerechte Sanierung der beiden Parks liegt in einer Hand, was der Bürgermeister sinnvoll nennt. Zuständig sind die Landschaftsarchitekten eines Büros für Freiraum-Planung aus Magdeburg, die derzeit dabei sind, ein entsprechendes Konzept zu erarbeiten - das vor Realisierung natürlich mit dem Denkmalschutz abgestimmt werden muss.

Zwar stehen die Gelder bis 2019 zur Verfügung, Röthel hofft aber trotzdem, dass bereits im nächsten Jahr mit den Arbeiten begonnen werden kann - quasi im Anschluss an die gegenwärtig noch laufende Sanierung des Deiches am Schloss. Er hofft darüber hinaus, dass die Pretzscher Parkanlagen wieder Aufnahme finden in dem Netzwerk „Gartenträume“, das 400 Jahre Gartenkunst in Sachsen-Anhalt präsentiert und zu einer Tour einlädt zu den „schönsten und bedeutendsten historischen Gartenanlagen“ des Landes.

Die Sprecherin der Freiraumplaner, Daniela Süßmann, stellte jüngst bei einer überaus gut besuchten Stadtratssitzung im Pretzscher Bürger- und Vereinshaus die Pläne vor: „Wir möchten das, was sich jetzt verwahrlost präsentiert, in eine Optik bringen, wo jeder gerne spazieren geht“, sagte sie unter dem Beifall des Publikums. Dass die Vorbereitungen aufwendig sind, verschweigt sie nicht.

Sie beginnen mit Recherchen in diversen Archiven. Gefragt sind Wissen und alte Bilder von den Parkanlagen. Wer damit dienen kann, möchte sich melden. Gefragt sind außerdem Informationen zu verschwundenen Sandsteinfiguren. Süßmann: „Es wird gemunkelt, einige stehen in privaten Gärten. Wir würden sie gerne zurückerhalten.“

Sie spricht vom Senkgarten und vom Löser-Garten mit seinen historischen Strukturen und davon, dass das Alte so weit wie irgend möglich erhalten bleiben soll. „Wir versuchen, die einstigen Strukturen wieder herzustellen.“ Der Spielplatz verschwinde trotzdem nicht und der Zugang bleibe öffentlich. Der Pretzscher Bach soll als wesentliches Element ebenfalls saniert werden, der historische Baumbestand möglichst stehen bleiben - Nachpflanzungen erfolgen nach historischem Muster.

Pflege von Park in Pretzsch noch offen

Zu sprechen kommt die Landschaftsarchitektin nicht zuletzt auf die Krähen, die manch einer als Ärgernis empfindet. „Die gab es, was nachgewiesen ist, schon zu Luthers Zeit. Wir werden sie nicht verscheuchen. Aber wir können die Bänke so platzieren, dass sie nicht gerade dort stehen, wo die Krähen sich aufhalten.“

Die Wiederherstellung der historischen Parkanlagen freut die Bürgerschaft. Von „hüpfenden Herzen“ nach Jahrzehnten der Ruhe spricht jedenfalls Stadtrat Harry Pfeifer. Und die Krähen, die solle man einfach hinnehmen. Eine Frage allerdings hat er noch, die viele beschäftigt: „Wer übernimmt Hege und Pflege, wenn alles schön gemacht ist?“ Süßmann: „Darüber ist schon gesprochen worden. Wir werden zwingend jemanden brauchen, sonst bleibt die Vision Gartenträume ein Traum.“ (mz)