Schäfer in Gohrau Schäfer in Gohrau: Der alte Mann und die Tiere

gohrau/MZ - Er sitzt auf einem ausklappbaren Hocker, der ihm auch als Wanderstock dient. Seine beiden Hunde liegen entspannt auf der Wiese und blinzeln.
Peter Mücke hat sich noch einmal auf den Weg gemacht - einmal Schäfer, immer Schäfer. „Mit meinen 77 Jahren klappt es zwar nicht mehr so richtig mit dem Laufen und dem langen Stehen, aber die Tour mache ich doch noch mal“, erzählt der Bitterfelder. Für seinen Sohn führt er die Herde in den Nachbarkreis. „Heute nach Mescheide, dann weiter nach Gröbern und Pouch.“
Dabei helfen seine beiden altdeutschen Schäferhunde - ebenfalls Vater und Sohn. „Meine Frau hat mich für verrückt erklärt, als ich den Welpen ausgebildet habe. Ich sollte doch aufhören, hat sie gesagt“, berichtet er. Mittlerweile ist der „Junge“ drei Jahre alt. „Jetzt kann er alles, und auf den ist Verlass, genau wie auf den Vater“, sagt der Schäfer.
Über Nacht, wenn die Schafe in einem Gatter eingepfercht werden, bleiben die Hunde bei ihnen. Mücke fährt dann mit dem Auto heim und kommt erst am nächsten Morgen wieder. Er erzählt von seiner Jugend, als er das Handwerk in den 60er Jahren erlernt hat. Das sei etwas anderes als die moderne Massentierhaltung, der man häufig begegne. „Bei mir lahmt keins.“ Traurig findet er, dass das Handwerk langsam ausstirbt. „Das will doch keiner mehr lernen - aber gut, wenn ich ehrlich bin: Es ist auch kein Beruf zum Reichwerden“, sagt Mücke. Dann kommen die Erinnerungen hoch. Er erzählt von zwei fremden Hunden, die ihm mal nachts in die Herde gefahren seien: „Da mussten wir am Ende 24 Stück notschlachten. Die hatten die Herde so aufgeschreckt, die waren durchgegangen - einige waren bei Frost im Graben gelandet, andere hatten sie so stark gebissen, dass die verblutet sind, tragende Muttertiere erlitten Fehlgeburten“, erzählt er. Und dann sinniert er über den Wolf als neuen Zuwanderer in Mitteldeutschland. „Ich kann da nichts Gutes dran finden. Wenn der mir nachts um die Herde schleicht, allein die Unruhe kann schon zur Panik führen“, sagt der Schäfer.
Ganz leise spricht Mücke „Hacki“ an, den älteren der beiden Hütehunde. Der liegt gut hundert Meter entfernt im Gras. Der Wind steht ungünstig - das treue Tier hört erst beim dritten Mal. „Du wirst wohl langsam schwerhörig?“, fragt er den vierbeinigen Kollegen. Dann setzen sie sich in Bewegung - „Hacki“ gemächlich an der Seite seines Herrn, der Schäferhund-Nachwuchs trippelt um die Herde - kein Bellen, kein Rennen ist notwendig, um die Schafe in Bewegung zu setzen.