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Sanierung und Umbau Sanierung und Umbau: Auf dem Weg zur Wohlfühl-Bibliothek

Von Irina Steinmann 08.12.2017, 12:56
Eingang der 1961 errichteten Bücherei in der Wittenberger Schloss-Straße
Eingang der 1961 errichteten Bücherei in der Wittenberger Schloss-Straße Klitzsch

Wittenberg - Dieser eine Satz sticht heraus aus der Suada der vielen tollen Ziele, die Annett Brachwitz an diesem Abend im Kulturausschuss darbietet auf dem Weg zur „modernen Wohlfühl-Bibliothek“: „Als ich das erste Mal hier reinkam, war ich sehr erschrocken“, sagt sie über den Hauptsitz der Wittenberger Stadtbücherei - das „Flair“ war alles andere als ein Flair.

Was das heißt, lässt sich in der Sitzung erfahren. Der Raum, in dem sie stattfindet, ist bestimmt nichts für Klaustrophobe. Und doch finden hier die Veranstaltungen statt.

Nicht ins Bildungszentrum

Entschieden wird an diesem Abend noch gar nichts, fest steht aber, dass sich Stadtverwaltung und Ausschuss einig sind darüber, dass die Wittenberger Stadtbücherei saniert werden muss - nicht nur von außen und nicht nur baulich. Fest steht damit auch: Die Stadtbibliothek wird nicht ins Bildungszentrum Lindenfeld ziehen.

So war es einmal geplant, als Kreis und Stadt die frühere Rosa-Luxemburg-Schule für Bildungszwecke (Kreismusikschule, Kreisvolkshochschule) gemeinsam rundum sanierten. Und so wäre es, nach dem Auslaufen der Fördermittelzweckbindung Ende 2016, nun auch möglich gewesen.

Das Gebäude der 1872 begründeten Stadtbibliothek wurde ab 1961 errichtet. Der Bestand umfasst etwa 60.000 Medien. Eine Bücherei sei „mehr als alte Bücher“, so Leiterin Katrin Hanß: ein „Ort der Begegnung“ - und der Leseförderung sowieso. Wie Hanß bemühte auch „Kommbi“-Chefin Brachwitz millionenfaches Analphabetentum und/oder Lesefaulheit, um für die Einrichtung zu werben. Sie hoffe, „in einer modernisierten Bibliothek mehr Veranstaltungen anbieten zu können“, so Hanß. Brachwitz, die ein Konzept zur inhaltlichen Entwicklung erarbeitet hat, nannte als Ziele, dass 50 Prozent der Kinder und „mindestens“ 35 Prozent der Zehn- bis 16-Jährigen künftig einen Bibliotheksausweis haben und alle Kitas und Grundschulen die Bücherei nutzen. Zudem soll diese Anlaufstelle etwa auch für Touristen sein und „zehn Internetveran-staltungen“ pro Jahr anbieten.

Diese „Variante 2“ steht aber nur noch auf dem Papier. Zu groß sind die Nachteile, zu gering die Vorteile, wie Marina Georgi vom Fachbereich Gebäudemanagement den Kulturausschuss der Vollständigkeit halber wissen lässt: Der Bibliotheksbetrieb müsste im Lindenfeld über mehrere Etagen stattfinden - und man müsste bei einem eigenen Einzug inzwischen auch angestammte Nutzer verdrängen, nämlich die Volkshochschule.

Es läuft also alles auf eine Sanierung des bisherigen Sitzes Schloss-Straße 7 hinaus. Die Stadt hat in diesem Jahr, so Georgi, endlich die beiden noch fehlenden Grundstücke kaufen können, die das Ensemble zur Wallstraße hin abrunden, auf dieser Fläche sollen dann auch die Parkplätze angelegt werden.

Vorgesehen ist eine Unterteilung des zweistöckigen Gebäudes nach Nutzungszwecken: Im Obergeschoss sollen die Büros der Mitarbeiter Platz finden - inklusive eines Lastenaufzugs für den Büchertransport. Das Erdgeschoss dagegen soll ganz den Lesern bzw. auch all den anderen Nutzern der Dienstleistungen einer „modernen Wohlfühl-Bibliothek“ gehören.

Dazu wird, so der Plan weiter, der knickerige Eingangsbereich, bisher nicht mehr als ein Windfang, durch Entfernung der Wand in ein großzügiges Foyer mit Empfangstresen verwandelt.

Glasdach über den Hof

Der Innenhof, an dem in den letzten Jahren bereits einiges getan wurde, um ihn zu einer grünen Lese-Oase zu machen, bekommt über seine nördliche Hälfte ein Glasdach, wobei die bisherigen Sackgassen-Flure so verändert werden, dass ein Rundumgang möglich wird.

Zudem ist laut Georgi im Südflügel ein Versammlungsraum vorgesehen, der durch eine mobile Wand geteilt werden kann - und also deutlich größer sein soll als der bisherige. Einziger Nachteil einer Sanierung: Die Bibliothek müsste vorübergehend geschlossen werden - oder umziehen in ein Übergangsquartier. „Damit haben wir ja Erfahrung“, kommentierte Ausschuss-Vorsitzender Horst Dübner.

Georgi betonte, dass es sich bei den vorgestellten Planungen noch nicht um ein ausgearbeitetes Projekt handele. Rund 900.000 Euro sind veranschlagt für die Realisierung des Sanierungsvorhabens, hinzu kommen weitere Kosten für die Ausstattung: Mobiliar und Technik werden mit etwa 400.000 Euro zu Buche schlagen, so Annett Brachwitz, Leiterin des kommunalen Bildungseigenbetriebs „Kommbi“, zu dem auch die Stadtbibliothek gehört.

Für Ideen zur Ausstattung hoffe man eine Uni zu gewinnen - gratis, versteht sich.

Der Kulturausschuss begrüßte die Sanierung in seltener Einmütigkeit. Auf Kritik stieß indes etwas, das auch die Baupläne behindern könnte, obwohl wie berichtet bereits erste Mittel in den Haushalt 2018 eingestellt und auch Fördermittel avisiert sind: Bibliotheken sind eine „freiwillige“ Aufgabe der Kommune.

Und für solche hat die Kommunalaufsicht die Daumenschrauben gerade wieder ein Stück enger gedreht. Auf Vorschlag von Horst Dübner (Linke) will sich der Ausschuss daher dafür einsetzen, dass aus der freiwilligen eine Pflichtaufgabe wird. (mz)