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Restaurierung Dachgeschoss Restaurierung Dachgeschoss: Endspurt am Wittenberger Schloss

Von Karina Blüthgen 20.06.2017, 09:51
Die klaren Formen auch im Treppenhaus des Schlosses fügen sich für den Betrachter zu einer beeindruckenden Grafik.
Die klaren Formen auch im Treppenhaus des Schlosses fügen sich für den Betrachter zu einer beeindruckenden Grafik. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Beton, genauer gesagt Leichtbeton, ist das prägende Material ganz oben im Schloss. Genauer gesagt: auf dem Schloss. Die Architekten nennen das, was hier entsteht, gern die „fünfte Fassade“, die am besten vom Schlosskirchenturm erkennbar ist. Bewusst abgegrenzt zum Altbestand des Gebäudes zieht die Moderne ein, Funktionalität im Wechsel mit Begrünung.

Sieben Kuben werden eingerichtet als Arbeitsräume für das Evangelische Predigerseminar. Lesesaal, eine Stube für den Kirchenmusiker, Seminarraum, Kollegienraum, Platz für die Direktion und nicht zu vergessen die Winterkirche, sie sind alle wie auch die noch zu begrünenden Patios durch einen Gang verbunden. Dieser, einem Kreuzgang nachempfunden, führt durch West- und Südflügel. Hier dürfen sich die Nutzer über eine Fußbodenheizung freuen.

Mancher mag sich erinnern, dass dieser Bereich früher die Jugendherberge war. Der komplette Teil wurde im Zuge der Schlosssanierung bis auf die zwei Meter dicken Außenmauern entkernt. Darunter liegen die Gewölbekappen aus preußischer Zeit. „Was wir dann hier herein gesetzt haben, ist klassischer Neubau“, erklärt Bauleiter Ingo Bunk.

Die Fundamente für die Kuben wurden auf die Kappenzwickel gesetzt, jener Bereich, der die Lasten ins Mauerwerk ableitet. Dazwischen wurde aufgefüllt, die neuen Wände verschalt und gegossen. „Das Ziel des Architekten José Marquez sind homogene Oberflächen, keine Absätze, keine Übergänge“, so Bunk.

Wer genau hinsieht, entdeckt sogar die Abdrücke der Astlöcher im Beton, entstanden durch die Verschalung beim Gießen. Und winzige Haarrisse. „Es gibt keinen rissfreien Beton. Das kommt durch das Schwinden des Wassers“, sagt Ingo Bunk und vergleicht es mit feinsten Rissen in Gemälden oder Keramik. Ein Mangel sei es nicht, fügt er hinzu.

Dämmung und zum Teil auch Dielung sind oben in den Kuben schon gelegt. Was hier vorherrscht, ist Beton, Holz (Eiche), gefärbter Gussasphalt (im Aussehen dem Terrazzo ähnlich) und Glas. „Die Handwerker hier oben sind voll im Stress, die Etage soll am 15. August übergeben werden“, zieht Projektleiterin Heike Bunk die nun endgültige zeitliche Linie.

Vor allem in der Winterkirche sind die Fortschritte deutlich. Die Deckenleuchten sind angebracht, durch das elliptische Oberlicht, das später noch eine farbig gestaltete Glasdecke erhält, scheint die Sonne auf die Baustelle. Dieser Tage sind Fachleute schwer im Gang, den Sumpfkalkputz aufzubringen. Jede Wand muss in einem Ruck fertiggestellt werden, damit keine Absätze zu sehen sind.

Die kleineren Wände sind schon fertig, hier spüren die Fingerkuppen beim Darüberstreichen eine fast samtige Beschaffenheit der Fläche.

„Das ist ein ganz edles Produkt. Ein Kalk, der über Jahre eingeweicht wird und dadurch sehr fein und weich wird“, erklärt Michael Reif von „Nüthen Restaurierung“. Kalk wird dafür, wie es der Name sagt, komplett in Wasser eingesumpft und bleibt so über Monate oder Jahre stehen.

„Es gibt ihn wie Wein in verschiedenen Jahrgängen. Wir hatten noch ein paar Fässer stehen“, sagt Reif und zeigt auf die Deckelaufschrift. Vor acht Jahren ist dieser Inhalt angesetzt worden, „das ist hier eigentlich viel zu schade“, findet Reif.

Sorgenkind der Baustelle Schloss ist die darunter liegende Ebene. Hier stehen noch Heizplatten an den Gewölben, um die Feuchtigkeit, eingedrungen beim Starkregen im Juli 2016, nach und nach aus dem Mauerwerk zu ziehen. Der Wind weht durch offene Fenster und ersetzt den Entfeuchter. „Die Messungen werden immer besser. Vielleicht sind wir Ende Juni mit dem Trocknen durch“, hofft Heike Bunk. Wohl Ende September könnte auch diese Etage nutzbar sein. (mz)

Die Dachfenster hinter den Patios sitzen in meterdicken Mauern.
Die Dachfenster hinter den Patios sitzen in meterdicken Mauern.
Klitzsch
Von oben lassen sich die kubischen Räume erkennen.
Von oben lassen sich die kubischen Räume erkennen.
Klitzsch