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Projekt in Wittenberg Projekt in Wittenberg: Der Biennale fehlt das Geld

Von Marcel Duclaud 08.11.2018, 13:42
Eine der Zellen in Wittenbergs Altem Gefängnis, die im Jahr 2017 von Künstlern gestaltet wurden, hier eine Arbeit von Jonathan Meese
Eine der Zellen in Wittenbergs Altem Gefängnis, die im Jahr 2017 von Künstlern gestaltet wurden, hier eine Arbeit von Jonathan Meese Archiv/Klitzsch

Wittenberg - Aus der Traum: zumindest der für 2019. Aus der schönen Idee, die immense Aufmerksamkeit zu nutzen, die die spannende und gut besuchte Wittenberger Ausstellung „Luther und die Avantgarde“ nicht nur in Deutschlands Kunstszene gefunden hat, wird zunächst nichts. Dabei stand der Eröffnungs-Termin für die sogenannte Wittenberg-Biennale bereits fest: Ab dem 19. Mai 1919 sollte im Alten Gefängnis moderne osteuropäische Kunst präsentiert werden.

Die Vorbereitungen liefen intensiv, zahlreiche Gespräche sind geführt worden, mit Künstlern, mit Sponsoren, mit der Politik. Es gibt einen Projektbeirat, was es (noch) nicht gibt, das ist: Geld.

Vorbereitung weit gediehen

„Leider, leider“, sagt Walter Smerling von der Stiftung Kunst und Kultur in Bonn. Die hatte sich bereits um die spektakuläre Schau „Luther und die Avantgarde“ gekümmert, die mit so bekannten Namen wie Markus Lüpertz und Ai Weiwei aufwarten konnte, sie sollte ein Konzept entwickeln für eine Biennale, um „nicht nur die Kunstwelt“ nach Wittenberg zu bringen. „Die Eisen“, sagt Smerling, „sind noch warm, aber kurz davor, zu erkalten.“

Er meint eben den Ruf, den sich Wittenberg erworben hatte, aus einem einstigen Gefängnis, einem Ort der Unfreiheit, einen Ort der kreativen Vielfalt, des Dialogs zu machen.

Der Bonner Experte spricht von teils „überschwänglichen Reaktionen“ nach dem Ende der 2017er Schau, sowohl aus der Landes- als auch aus der kommunalen Politik. „Machen Sie weiter, Smerling“, habe es geheißen. Das hat der Professor getan. Jetzt steckt das ehrgeizige Projekt in den Mühen der Ebene. Denn ganz billig würde eine Wittenberg-Biennale zweifellos nicht. Die Rede ist von einem niedrigen siebenstelligen Betrag, den es bräuchte.

Laut Konzept soll die Wittenberg-Biennale alle zwei Jahre stattfinden. Für die erste Ausstellung war nach den Worten von Walter Smerling von der Stiftung Kunst und Kultur Bonn vorgesehen, sie Künstlern zu widmen, die ihre Karriere im Umfeld osteuropäischer Akademien begonnen haben und heute weltweit aktiv sind. Auf der Einladungsliste könnten etwa Künstler der Akademien Leipzig, Dresden, Berlin, Warschau, Budapest oder Prag stehen. Berücksichtigt werden sollen gleichermaßen junge wie etablierte Positionen - als Namen werden in dem Zusammenhang etwa der gebürtige Leipziger Neo Rauch oder Alicja Kwade aus dem polnischen Katowice genannt. Beide seien aus der internationalen Kunstszene nicht wegzudenken, so Smerling.

Smerling hoffte auf etwa 1,2 Millionen Euro vom Land, auf eine Million vom Bund. Um den Rest würde sich die Stiftung kümmern. Nun will der Kunst-Experte keine Trübsal blasen: „Ich bin nach wie vor motiviert und keineswegs frustriert.“ In Wittenberg sei eine zarte Pflanze entstanden, die gelte es, am Leben zu halten. Er spricht auch von Zeichen, die gesetzt werden müssen angesichts aktueller gesellschaftlicher und politischer Auseinandersetzungen.

Kurz: Smerling hat die Wittenberg-Biennale nicht abgeschrieben. Er hofft, dass die Finanzierung doch noch auf die Beine gestellt werden kann - die Eröffnung der ersten Kunst-Ausstellung unter dem Label müsste allerdings verschoben werden: auf den Mai des Jahres 2020.

Prinzipiell möglich

Vom Land heißt es dazu: „Eine Förderung des Vorhabens ist prinzipiell möglich, allerdings aus Zeitgründen nicht mehr für das Jahr 2019.“ 2020, schreibt Georg Kötteritzsch aus der Staatskanzlei auf MZ-Anfrage, „könnte eine Realisierung der Ausstellung erfolgen. Dazu muss allerdings zunächst ein neuer Förderantrag an das Landesverwaltungsamt gestellt werden. Die Bereitstellung der Mittel ist von der Zustimmung des Landtages zum Haushalt abhängig.“

Enttäuscht zeigt sich Wittenbergs Oberbürgermeister, der laut Smerling „unglaublich gekämpft“ hat für das Projekt. „Luther und die Avantgarde“, sagt Torsten Zugehör, sei ein Leuchtturm gewesen: „So etwas gab es in Wittenberg, im Land, ja in ganz Ostdeutschland noch nicht.“ Die Chance einer Fortsetzung sollte nicht vergeben werden.

Die Stadt werde weiter für das Projekt werben und das Alte Gefängnis im Übrigen bereithalten: „Wir haben es gemietet, es ist in Schuss und empfiehlt sich zur Weiternutzung.“ Zugehör fügt hinzu: „Ich bin nicht zu Tode betrübt, sondern nach wie vor hoffnungsvoll.“ (mz)