Präsenz mit Helm und Hellebarde
Wittenberg/MZ. - Die erste Gewänder stammten aus dem Fundus der Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf" in Potsdam-Babelsberg. 1996 verzichtete Oberbürgermeister Eckhard Naumann (SPD) auf den geplanten Neukauf eines Dienstwagens. Von dem eingesparten Geld wurden die erste eigenen Gewänder der Stadtwache gekauft. Angefertigt wurden die auch heute noch bekannten grün-roten Uniformen vom Wittenberger Trachtenverein.
Schon bald nach ihrem ersten Auftritt in Wittenberg war die Stadtwache auch bei anderen Festen präsent. Erstmals 1996 in Worms, zusammen mit den Botenläufern, dem Bauernvolk und dem Trachtenverein. Ein Jahr später ging es zum Peter-und-Pauls-Fest nach Bretten. Dort lernten die Wittenberger am 30. Mai die Brettener Stadtwache kennen, bekamen als Gastgeschenk kupferne Bierkrüge, die heute noch neben Brustpanzer, Helm und Hellebarde zur Ausrüstung eines Stadtwächters gehören. Die Kontakte blieben sehr eng und freundschaftlich. Gegenseitige Besuche zu den Stadtfesten sind selbstverständlich.
Auch im Ausland gestalteten die Lutherstädter historische Feiern mit, so unter anderem in Haderslev (Dänemark) und Mogiljow (Weißrussland). In vielen Städten Deutschlands waren sie natürlich ebenfalls schon. "Aber unsere Bühne wird immer die Lutherstadt Wittenberg bleiben", so Vereinsvorsitzender Jürgen Donde. 1998 waren die Stadtwächter erstmals auch außerhalb des Stadtfestes in Wittenberg aktiv, bei einer historischen Stadtführung. Diese entwickelten sich später zu einer weiteren Tradition im Vereinsleben.
Von Anfang an einbezogen waren auch die Ehefrauen als Waschweiber. "Sie sorgten für Ordnung und die Versorgung", schildert Jürgen Donde deren "Aufgaben". 2006 wurden sie zu richtigen Vereinsmitgliedern. Heute zählt die historische Stadtwache 18 Wächter, zwölf Waschweiber, zwei Waschweiberkinder und vier Freunde der Stadtwache. Mit Dietmar Gagern und Claus-Dieter Thiel sind auch zwei Gründungsmitglieder darunter. An der Vereinsspitze stehen neben Jürgen Donde auch Klaus Nunweiler (zweiter Vorsitzender) und Karel Schwarz (Schatzmeister). Vorsitzende der Waschweiber ist Christiane Dalichow.
Das Tätigkeitsfeld der Stadtwache und der Waschweiber ist über die Jahre breiter geworden. Neben Festen im In- und Ausland gehören historische Stadtführungen, Geburtstage, Jubiläen und Hochzeiten dazu. "Nur zu Scheidungen wurden wir noch nicht gerufen", meint der Vereinschef lächelnd.
Nun soll natürlich ein solches Jubiläum entsprechend gefeiert werden. Die Stadtwache will dies jedoch nicht in ihrem Domizil im Keller des Rathauses in aller Stille und in kleinem Kreis tun. Sie wird die Wittenberger daran teilhaben lassen und am Samstag von 11 bis 19 Uhr auf dem Marktplatz ein historisches, mittelalterliches Markttreiben veranstalten. Natürlich sind andere historische Vereine aus Stadt und Umland ebenfalls dabei. Und es soll nicht nur der zehnte Geburtstag der Stadtwache gefeiert werden. Die Teilnehmer wollen dokumentieren: "Die Wittenberger Vereine sind bereit für die Lutherdekade."