Polizei Polizei: «Ein Dienst wie jeder andere»
WITTENBERG/MZ. - Der Polizeihauptkommissar ist bis zum Abend als Leitender Einsatzbeamter sozusagen der Chef des Polizeireviers. Warum der junge Mann einsitzt, und auf seine Vernehmung wartet, deuten die Beamten nur an. Eigentumsdelikt, laufendes Verfahren. Das gesamte Weihnachtsfest wird er nicht in der Wittenberger Zelle verbringen. Nach der Vernehmung - auch der Kriminaldienst ist besetzt - wird der Bereitschafts-Staatsanwalt entscheiden, ob er einen Haftantrag stellt. Darüber wiederum müsste ein Amtsrichter befinden.
Obwohl es noch helllichter Tag ist, gilt dieser 24. Dezember für die Dienstplanung der Polizei schon als Feiertag. Für Lindner und seinen Kollegen Marco Haseloff, der ihn als Streifeneinsatzführer unterstützt, ist das ganz normaler Dienstalltag. Beschäftigen wird der Festgenommene die beiden Diensthabenden während der nächsten Stunden regelmäßig. Akkurat haben sie über sein Befinden zu wachen und dies auch nachzuweisen.
Wüsste man nicht um das besondere Datum, kein Besucher würde hier spüren, dass das Fest der Feste bevorsteht. Kein geschmücktes Bäumchen verbreitet heimelige Stimmung, nicht einmal ein kleiner Lichterkranz. "Niemand hätte wohl etwas dagegen, würden wir so etwas aufstellen, es ist aber nicht üblich", erklärt Lindner. Nicht nur, weil seine Schicht sich diesen Raum abwechselnd mit drei weiteren teilt. Vielleicht ist auch ein bisschen Selbstschutz dabei, angesichts weihnachtlicher Illumination etwa zu oft an die Familie zu Hause zu denken. Doch der Hauptkommissar beschwichtigt: "Es ist ein Dienst wie jeder andere."
Ein recht ruhiger allerdings. Lediglich am frühen Morgen hatte bislang ein Winterdienstfahrzeug in der Wittenberger Falkstraße einen parkenden Pkw im Vorbeifahren gestreift. Däumchen drehen die Beamten jedoch keineswegs. Kommen wenig Anzeigen ins Haus, was ja schließlich auch für einen ruhigen Tag für die Einwohner im Kreis spricht, bleibt den Besatzungen der Streifenwagen Zeit für Routinekontrollen, so die Diensthabenden. Da schellt der Notruf. Der Anrufer erbost sich über einen Autofahrer, der noch bei Rot über eine Kreuzung fuhr. Das Kennzeichen hat er sich nicht gemerkt. Was soll die Polizei da machen? Nicht selten werden die Beamten in der Zentrale auch zu Seelsorgern. Eine Mutter möchte ihr Kind über Weihnachten aus der Pflegefamilie holen. Doch sie bekäme es nicht. Hier kann Lindner nur die Jugendhilfe einschalten, dies zu klären. Er greift zum Telefon, drückt die Direktwahltaste zur Kreisverwaltung. Wieder der Notruf: Unfall zwischen Radis und Schleesen, kein Personenschaden. Erneut drückt Lindner einen Knopf, gibt an seine Kollegen in Gräfenhainichen weiter. Sie werden rausfahren.
Die Streifenwagenbesatzung meldet sich zurück. Mit den sechs Cheeseburgern für ihren unfreiwilligen Gast. Das Weihnachtsfest übrigens darf er dann doch zu Hause verbringen.