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Ortschronist Ortschronist: Vom Geschichtsvirus in Bergwitz infiziert

Von Andreas Benedix 26.02.2016, 15:20
Die beiden Bergwitzer Ortschronisten Herbert Hoch (links) und Georg Kilz stehen hier vor der Bügeleisensammlung, die eine Liedenschaft von Herbert Hoch ist.
Die beiden Bergwitzer Ortschronisten Herbert Hoch (links) und Georg Kilz stehen hier vor der Bügeleisensammlung, die eine Liedenschaft von Herbert Hoch ist. Andreas Benedix

Bergwitz - Aktenordner reiht sich an Aktenordner, Landkarten älteren und jüngeren Datums stapeln sich, eine Unzahl von Fotografien füllt ganze Bücher. Für Herbert Hoch ist dies die notwendige Grundlage für seine Arbeit. Seit sieben Jahren ist er für die Bergwitzer Ortschronik verantwortlich.

Die Beschäftigung mit der Historie seines Heimatdorfes reicht bis in seine frühe Kindheit zurück. „Durch meine ehemaligen Lehrer bin ich zum absoluten Geschichts-freak geworden. Schon als Schulkind habe ich mir von meinem Taschengeld anstelle von Süßigkeiten lieber Bücher und Broschüren mit geschichtlichem Inhalt gekauft“, verrät Hoch.

Das Gebiet von Bergwitz war bereits in der Bronzezeit vor zirka 3 000 Jahren besiedelt. Darauf weisen die aus dieser Epoche stammenden Funde sowie eine sichergestellte Brandstätte hin. Im Laufe der zweiten slawischen Siedlungsperiode um 600 n. Chr. wurde die Siedlung „Birkosov“ gegründet. Um 1170 siedelten sich hier friesische Kolonialisten an. Im Jahr 1201 fiel Bergwitz an die Propstei Pratau. Bis 1555 veränderte sich der Name über Berkgzow zum heutigen Bergwitz. Seit 1952 gehört dem Dorf der Ortsteil Klitzschena an. Am 1. Juli 2005 verlor Bergwitz dann den Status einer selbständigen Gemeinde und wurde administrativ der Stadt Kemberg zugeordnet.

Geboren wurde er 1951, besuchte dann in seiner Gemeinde die „Polytechnische Oberschule“, die er acht Jahr später verließ. Bedingt durch das frühzeitige Ableben seines Vaters musste er seine, wie er hochachtungsvoll sagt „bis zur Selbstaufgabe arbeitende Mutter“ entlasten. Hoch erinnert sich: „In Zschornewitz war es möglich, die neunte und zehnte Klasse zu absolvieren und gleichzeitig einen Beruf zu erlernen. Das habe ich genutzt und mich zum Elektromonteur ausbilden lassen. Meinen ursprünglichen Wunsch, einmal Tierarzt zu werden, musste ich damals begraben“. Zum Meister qualifiziert, war Herbert Hoch bis 1990 in der Elektroschmelze des ehemaligen Kraftwerkes Zschornewitz beschäftigt. Danach führte ihn sein beruflicher Werdegang als Bauleiter durch das gesamte Bundesgebiet, bevor er 2014 in den wohlverdienten Ruhestand ging.

Doch von Ruhestand im Sinne des Wortes kann bei ihm keine Rede sein. Sowohl seine Aktivitäten als ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger, als auch seine Beschäftigung mit den Bergwitzer Annalen lassen den umtriebigen Mann kaum Zeit zum Müßiggang. „Nach dem unerwarteten Tod von Hans-Joachim Jilo, der ursprünglich die Chronik führte, wurde ich 2009 vom Kemberger Bürgermeister offiziell als Nachfolger von Jilo bestätigt. Ich nehme dieses Amt auf der Basis eines 450-Euro-Jobs wahr, habe einen entsprechenden Ausweis und damit die Lizenz, auch in anderen Archiven herumzuschnüffeln“, verrät der Rentner augenzwinkernd. Zu Gute kam ihm, dass er mittlerweile bereits sehr viel eigenes Material über die Historie des Dorfes zusammengetragen hatte und in Georg Kilz einen gleichgesinnten Mitstreiter fand.

Kilz, Jahrgang 1945 und gelernter Betriebsschlosser, brachte einen Großteil seines Berufslebens als Meister und Technologe in Bitterfeld zu. Vom „Geschichtsvirus“ ist auch er unheilbar infiziert. Besonders hatte es ihm zunächst der regionale Kohlebergbau angetan, über den er in seinem Privatarchiv alle verfügbaren Dokumente sammelte. Darüber hinaus erstellte Kilz einen bislang 81 Seiten umfassenden Zahlenspiegel, in dem alle geschichtsträchtigen Ereignisse in und um Bergwitz chronologisch zusammengestellt sind. Als „rechte Hand“ von Herbert Hoch hat der Hobbyhistoriker entscheidenden Anteil an dem derzeitigen Umfang der Bergwitzer Chronik.

„Nach 2009 haben wir ungefähr zwei Jahre gebraucht, um den uns von seinem Sohn überlassenen Teil des diesbezüglichen Nachlasses von Hans-Joachim Jilo zu sichten und neu zu ordnen. Stück für Stück haben wir dann diese Komponenten mit unseren Dokumenten zusammengeführt. Heute sind wir in der Lage, die Geschichte von Bergwitz, von der Eiszeit bis zur Gegenwart, in allen Facetten lückenlos darzulegen“, erklärt Hoch.

Bei dem Wort „Nachlass“ wird Georg Kilz hellhörig. „Leider erkennen viele Menschen nicht, was sie nach dem Tode ihrer Eltern in den Händen halten. Mitunter sind es Dokumente, die für uns von großem Wert sind. Wir sind gern bereit, auf private Anfragen zu reagieren. Es wäre schade, wenn vielleicht Unwiederbringliches für immer im Abfall verschwindet“, erklärt Kilz. Auch um dafür ein Bewusstsein zu entwickeln, legt Herbert Hoch großen Wert auf breite Öffentlichkeitsarbeit. In seinem Terminkalender stehen thematische Vorträge sowie die Gestaltung von Ausstellungen anlässlich von in der Gemeinde stattfinden Veranstaltungen.

Aktivitäten, die die ungeteilte Zustimmung von Kurt Weise finden. Der ehemalige Direktor der Bergwitzer Schule schätzt die Arbeit der beiden Historiker sehr. „Es ist schön, dass die Zeugnisse unserer Geschichte derart akkurat zusammengetragen, dokumentiert und allen Einwohnern zugänglich gemacht werden“, so Weise. (mz)