Orangenfest in Oranienbaum Orangenfest in Oranienbaum: Tropenfrucht im kalten Regen

ORANIENBAUM/MZ - Das ist kein Wetter, bei dem Orangen gedeihen: Kälte und Nässe am Stück, das ganz Wochenende lang, an dem man in Oranienbaum das Orangenfest feiert. Das startet Samstag noch im Trockenen. Die Oldtimer trudeln auf dem Marktplatz ein und machen einen Zwischenstopp auf ihrer „Classik Tour der Romantik“, die Hähne vom Geflügelverein krähen auch am frühen Nachmittag noch, obwohl sie sich schon am Morgen beim Hähnekrähen verausgabten und in der Schlossstraße sammeln sich die Teilnehmer des Festumzuges. Der startet pünktlich, biegt um zwei Ecken und kommt nach kurzer Laufstrecke wieder auf dem Markt und am Festzelt an.
Veranstalter Thomas König gibt den Marschbefehl und nach und nach rückt jede Gruppe bis zur Bühne vor, wird vorgestellt und nimmt den Hinterausgang. Die Spitze des Umzugs darf bleiben. Für Bürgermeister Uwe Zimmermann, das Fürstenpaar und das Kinderfürstenpaar sind Sessel reserviert, während sie das Defilee abnehmen. So ziehen an Johann Georg II. und Henriette Catharina die Oranienbaumer Kitas und Schulen vorbei, Kinder in Holländertrachten und höfischen Kostümen, die Narrengilde schickt ihre CanCan-Mädchen, der die Landfrauen aus Vockerode folgen, Feuerwehr und Geflügelverein winken im Festzelt und Sport- und Hundevereine machen die Präsentation perfekt.
Schelte für den Landesherren
Wer hinten im Zug das Zelt verlässt, kommt meist vorne gleich wieder herein. Die ersten müssen schon stehen, als Bürgermeister Zimmermann und Fürst Johann Georg das Orangenfest eröffnen. Kaum begrüßt, gibt es für den früheren Landesherrn schon Schelte, der sei schließlich näher an Petrus dran und hätte mit dem Wetter was deichseln können. Schon beim Frühlingserwachen habe man vor Kälte gezittert. „Das ist der Härtetest, ob meine Bevölkerung abgehärtet ist“, hält sich das Bedauern in Grenzen.
Zimmermann und Fürst tauschen ein paar Neuigkeiten aus, streifen den Thronwechsel in den Niederlanden ebenso wie die Namensgleichheit der Kronprinzessin, heute wie früher ist es eine Amalia. Dann überlässt man den Kindern die Bühne. Mädchen und Jungen der Stadt erzählen mit Bildern, Liedern und Texten von der langen Geschichte und erstmals sind auch die drei Schwestern Henriette Catharinas mit dabei.
Vor dem Zelt sind derweil Schirme der bevorzugte Ausrüstungsgegenstand beim Orangenfest. Und während ein jeder die Jacke zuknöpft, kommt nur einer so richtig ins Schwitzen. Rüdiger Köllner hat in der alten Schmiede am Markt ein paar Eisen im Feuer. Vorm Tor wartet Pferd Larifari auf zwei neue Paar Schuhe, die ihm der reisende Hufschmied aus Zörnigall anpasst. Axel und Katrin Leszczyk haben ihn bestellt, um dem Handwerksbetrieb, in dem der Senior Reinhold Pforte noch bis 1990 arbeitete, wieder Leben einzuhauchen. „Die Schmiede ist voll funktionsfähig und wird bei solchen Anlässen geöffnet“, sagt Katrin Leszczyk. Hufschmied Köllner hadert derweil ein wenig mit dem Feuer. „Mit meinem Propangas geht das schneller“, erklärt er. Aber es ist natürlich längst nicht so eindrucksvoll, wie die glühenden Hufeisen, in der Kohle.
Köllner, gelernter Schlosser, ließ sich an der Berliner Humboldt-Universität zum staatlich gelernten Hufschmied ausbilden und ist seit 1989 selbstständig. Der 52-Jährige hat gut zu tun in seinem Areal eine Autostunde rund um Wittenberg. „Es gibt ja immer mehr Pferde“, sagt er. Fünf bis sechs Tiere schafft er am Tag, die Pediküre dauert eine gute Stunde und muss aller sechs bis acht Wochen wiederholt werden. „Der Huf ist wie bei uns der Mittelfinger“, erklärt der Hufschmied, dem sich seither nur ein Pferd komplett verweigerte und ihm einen Tritt verpasste, dass die Rippen brachen.
Wettkampf im Orangenschälen
So gefährlich wird es beim Oranienbaumer Orangenfest nie, wenngleich das Orangenschälen am Sonntag nicht ohne ist. Es ist der zehnte Wettbewerb, der gleich in Nachbarschaft zum Orangenbäumchen auf dem Markt ausgetragen wird. Bürgermeister Zimmermann ist der Herausforderer, dem man in diesem Jahr erstmals in einem neuen Prozedere zehn Konkurrenten an die Seite setzt. Kindergärten und Schulen haben die Teilnehmer aus den Reihen der Eltern rekrutiert, 60 Kilogramm Orangen wurden gekauft. Neun Orangen muss jeder schälen, es zählt jedoch nicht nur Tempo sondern auch Qualität. „Da hat eine Jury das Auge drauf“, sagt König, der gemeinsam mit Dirk Möser und Christa Schmidt das Fest organisiert. Diesmal gibt es einen Wanderpokal und Anke Schlede holt ihn sich nach einem saftreichen Wettkampf.

