Möbel und Kleidung in würdiger Form erwerben
WITTENBERG/MZ. - Aber die Vielfalt des Angebots, die ist enorm. Im Eingangsbereich finden sich Porzellan und Gläser, an einer Wand reihen sich Bücher aneinander. Im Nebenraum stapeln sich Pullover und T-Shirts, hängen Kleider auf Bügeln, werden Babysachen begutachtet. Möbel gibt es und Kinderwagen, Waschmaschinen, Kühlschränke, Haartrockner. Kurzum: Suchende werden hier zumeist fündig.
Gleichwohl handelt es sich um ein besonderes Kaufhaus. Die Waren befinden sich zwar allgemein in gutem Zustand, neu aber sind sie keineswegs, manche haben ein Jahr, andere zwanzig oder dreißig Jahre auf dem Buckel. Die "Preise" bewegen sich auf ausgesprochen niedrigem Niveau, die Abgabe erfolgt gegen eine Spende. Das Kaufhaus trägt den Zusatz sozial und wird vom Diakonischen Werk im Kirchenkreis Wittenberg betrieben. Es ist gedacht für Bedürftige, um ihnen in Würde zu ermöglichen, die Dinge zu erwerben, die sie in ihrem Haushalt benötigen.
Das soziale Kaufhaus mit Möbelbörse und Kleiderkammer existiert seit 2005 - es ist, leider, muss man wohl sagen, ein Erfolg. Barbara Qadduri, Geschäftsführerin des Diakonischen Werks, nennt es eine ihrer besten Ideen. Mittlerweile erscheinen zwischen 30 und 40 Menschen pro Tag, um günstig an Möbel oder Klamotten zu gelangen, weil sie die Preise anderenorts nicht bezahlen können. "Die Armut", beobachtet Frau Qadduri, "wächst. Es gibt zudem sehr viele Leute, die überfordert sind, die keinen Überblick über ihre Finanzen haben." In das Soziale Kaufhaus kommen zahlreiche junge Familien, in denen keiner der Partner einen Job hat oder aber alte Menschen, die mit ihrer schmalen Rente nicht zu Rande kommen.
Inzwischen sind einige Änderungen erfolgt. Nicht mehr jeder kann sich im Sozialen Kaufhaus preiswert eindecken. Denn Missbrauch hat es in der Anfangszeit offenkundig gegeben. Barbara Qadduri: "Da sind Leute mit dem Mercedes vorgefahren, die Waren wurden anschließend auf dem Flohmarkt verhökert." Jetzt müssen Bescheinigungen vorgelegt werden: etwa der Sozialpass oder die GEZ-Befreiung. Seit wenigen Wochen leitet überdies ein neuer Chef das Haus: Peter Gutewort. Der 43-Jährige, der lange in einem Baumarkt und später bei einem Dachdecker gearbeitet hat, konnte den Beruf wegen einer Wirbelsäulenoperation nicht mehr ausüben. Dass er jetzt die Chance bekommt, das Soziale Kaufhaus von Wittenberg zu managen, freut ihn außerordentlich. "Das Abrutschen", weiß er, "geht schneller, als man denkt." Ihm ist wichtig, seine Kundschaft zu behandeln wie sie in anderen Läden auch behandelt wird: Zuvorkommend, mit einem Guten Tag und einem Auf Wiedersehen. "Sie sollen sich nicht ausgegrenzt vorkommen." Sein Team besteht aus Ein-Euro-Jobbern, deren Arbeitseinstellung er und die Diakoniechefin ausdrücklich loben.
Die Waren, die im Kaufhaus angeboten werden, stammen aus verschiedenen Quellen: aus Haushaltsauflösungen, von Leuten, die zusammenziehen oder wegziehen, die ihren Haushalt verkleinern, von solchen, die sich neu ausstatten. Große und schwere Gegenstände werden vor Ort begutachtet und abgeholt. In einer Werkstatt erfolgen kleinere Reparaturen. Dankbar ist das Kaufhaus-Team über alle Angebote, gefragt sind insbesondere Möbel und technische Geräte, die funktionieren. Neu ins Angebot aufnehmen möchte das Soziale Kaufhaus übrigens Fahrräder, die ebenfalls in der Werkstatt aufgemöbelt werden sollen. Kommentar
Geöffnet ist das Soziale Kaufhaus in der Juristenstraße Montag von 9 bis 14 Uhr, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 9 bis 16 Uhr, Freitag von 9 bis 13 Uhr. Angebote, Terminabsprachen und weitere Informationen unter Telefon 03491 / 45 97 03.