Mercedes gegen Mercedes Mercedes gegen Mercedes: Autohaus Moll bekommt Konkurrenz aus Thüringen

Wittenberg - „Für uns wird die Luft erheblich dünner. Ich bin sehr besorgt“, sagt Kerstin Schönemann. In dritter Generation führt sie gemeinsam mit ihrer Schwester, Susann Moll-Becker, das Mercedes-Autohaus Moll in Wittenberg. Der Grund für die Unbill: Die Expansion des Autohauses Peter, das vor wenigen Tagen angekündigt hat, einen eigenen Standort in Wittenberg aufzubauen, inklusive Werkstatt für die gesamte Fahrzeugpalette. Also bekommt das Wittenberger Traditionsunternehmen, das in diesem Jahr sein 90-jähriges Bestehen feiert, das erste Mal in seiner Geschichte direkte Konkurrenz.
Viele Nachfragen
„Seit bekannt wurde, dass das Autohaus Peter nach Wittenberg kommt, stand das Telefon lange nicht still“, sagt Kerstin Schönemann. Kunden riefen an, Geschäftspartner, Freunde. Tenor: „Wir stehen hinter dir.“
Ob Daimler denn kein Problem mit zwei Mercedes-Autohäusern in einer kleinen Stadt wie Wittenberg habe, wollten viele wissen. Daimler regele, wer in welchem Bereich Neuwagen verkaufe, sagt Schönemann. Mercedes-Service-Center, die sich um Reparaturen und Wartungen kümmern und auch Jahres- und Gebrauchtwagen verkaufen können, hätten hingegen keine Begrenzungen pro Stadt.
Mercedes-Neuwagen darf in der Region nur die Peter-Gruppe verkaufen. Das Autohaus Moll hat diese Lizenz bereits im Jahr 2000 an die Niederlassungen der Beresa-Gruppe abgetreten, die unter anderem in Dessau ein Autohaus unterhielt.
Die Wittenberger kümmerten sich danach 16 Jahre lang um den Service der Mercedes-Wagen, hatten einen Vertrag mit der Beresa-Gruppe und betreuten deren Kunden. Dann kaufte die Peter Gruppe die Niederlassungen in Dessau, Zerbst und Bernburg.
Wenige Jahre später konnten sich Moll und Peter nicht über einen Kooperationsvertrag einigen. Konsequenz: Peter baut nun einen eigenen Wittenberger Standort. Und Moll steht unter großem Druck. Denn: Die Zahl der Kunden dürfte sich nicht erheblich erhöhen, wer nun seinen Wagen in einer Markenwerkstatt reparieren will - oder wegen einer Werkstattbindung muss - hat nun die Wahl.
„Das Serviceaufkommen kann nicht verdoppelt werden“, sagt Schönemann. Der Kuchen wird also für beide Parteien deutlich kleiner. Für die Kunden sei das freilich eine gute Nachricht, sagt sie. Denn die beiden Konkurrenten dürften einiges aufbieten, um ihren Kundenstamm zu halten beziehungsweise aufzubauen.
Auch wenn die Peters bei der Vorstellung ihres Bauvorhabens davon gesprochen haben, keinen „Verdrängungswettbewerb“ zu betreiben, sei die Ansiedlung Schönemanns Meinung nach genau das. Als sie den Zeitungsartikel über das Vorhaben gelesen hatte, habe sie ihre Mitarbeiter zusammengerufen. „Noch nie war die Qualität Eurer Arbeit so wichtig“, hat Kerstin Schönemann gesagt. Die meisten sind Jahrzehnte bei ihr beschäftigt.
Angezählt sei das Traditionsunternehmen Moll durch den wesentlich größeren Konkurrenten Peter aus Nordthüringen aber nicht, sagt Schönemann kampfeslustig. „Wir sind alle 1989 für die Marktwirtschaft aufgestanden. Jetzt müssen wir das auch aushalten“, so die Geschäftsführerin.
Der Konkurrent mit dem Stammsitz im thüringischen Nordhausen hat nach eigenen Angaben 800 Mitarbeiter in drei Bundesländern, Autohaus Moll hat insgesamt 60 in Oranienbaum und Wittenberg. „Unser Service-Vertrag mit Daimler läuft unbefristet“, sagt die Moll-Chefin. „Wir haben die letzten 25 Jahre nicht verschlafen.“
Präsenz als Mittel
Die Peter-Gruppe steckt Millionen in den Neubau und Abriss auf dem alten Mühlenbau-Gelände und darf exklusiv Mercedes-Neuwagen verkaufen. Wie will Moll dagegen halten? „Durch Qualität und Tradition“, sagt Schönemann. Kaum ein Unternehmen sei so sehr mit der Region verwoben.
Kaum ein Sportverein sei noch nicht mit ihren Bussen gefahren, überall seien Spenden und Hilfen geleistet worden. Zudem wolle man nun das Angebot erweitern - als ersten Schritt könne man da das Prädikat „Classic Partner“ sehen, dass sie als Innungsfachbetrieb für historische Fahrzeuge auszeichnet. Weitere Angebote sollen folgen.
Erst einmal wolle man den 90. Geburtstag des Unternehmens feiern, das ihr Großvater und Vater durch Kriegszeiten, Enteignung und Reprivatisierung geführt hätten. Eingeladen sind der Ministerpräsident, der bereits zugesagt habe, viele Kunden und auch Vertreter von Daimler. „Für mich ist es wichtig, dass wir die Präsenz behalten“, sagt Schönemann.
(mz)

