Mekka der Eisenbahn-Fans
Wittenberg/MZ. - Dort hinten schlagen die Herzen der Eisenbahnfans an diesem Wochenende höher - bei den Bahnaktionstagen im ehemaligen Bahnbetriebswerk in der Hüfnerstraße.
Zu insgesamt mehr als 4 000 Gästen gesellte sich am Sonnabendmorgen Politiker-Besuch: Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) wurde vom Vorsitzenden des Fördervereins Berlin-Anhaltische Eisenbahn, Michael Jungfer, mit einem Triebwagen vom Hauptbahnhof in Wittenberg abgeholt. Böhmer lobte die ehrenamtliche Arbeit des Fördervereins und hob die Bedeutung der Bahn hervor, schließlich habe diese das Zusammenleben der Menschen im 19. und 20. Jahrhundert erheblich verändert und dafür gesorgt, dass die Regionen zusammenwachsen.
"Wir wollen die Historie der Bahn zum Ausdruck bringen, aber auch für sie als modernes Verkehrsmittel werben", erklärte Michael Jungfer die Ziele der Aktionstage, die in diesem Jahr zum 18. Mal stattfanden. Der Ausbildungslokführer war am Sonnabend besonders stolz darauf, die Drehstromlokomotive ausstellen zu dürfen. "Sie kann in verschiedenen elektrischen Stromsystemen in Europa eingesetzt werden", so Jungfer. Auch darüber, dass dank der Vereinsarbeit die Museumslokomotive mit neuem Anstrich präsentiert werden konnte, freute sich der Vereinschef. Auf dem Gelände konnten sich die Besucher in aller Ruhe umsehen, Fotos knipsen und auf der alten Drehscheibe eine Runde fahren. So mancher wissbegierige Gast vermisste zwar das eine oder andere Schild mit mehr Informationen über die Modelle, doch dafür durften alle den Lokführern Löcher in den Bauch fragen. Denn bei vielen der alten Dampf-, Diesel- und Elektro-Lokomotiven war Hineinsetzen und Anfassen erlaubt - eine Möglichkeit, die vor allem Kinderaugen strahlen ließ. So zum Beispiel die von Benjamin (4) und Maximilian (7) von der Insel Usedom, die in Wittenberg bei den Großeltern zu Besuch waren. "Da kann man ja sonst nicht so einfach mitfahren", sagt Mutti Grit Stahl, wieso die Familie die Gelegenheit beim Bahn-Aktionstag nutzte. Das Highlight für Maximilian: "Die kleine Eisenbahn!" Die Modellbauanlage im Keller des Hauptgebäudes zeigte in Nachbauten unter anderem den Bahnhof Bergwitz und liebevoll gestaltete Fantasie-Landschaften, für die mehr als 200 Meter Gleise verlegt wurden.
Angelika Siegler aus Wittenberg, selbst Tochter eines Eisenbahn-Fans, hat die Begeisterung für die Schienenfahrzeuge auf ihre Enkel Max (7) und Marc (3) übertragen und führte sie am Sonnabend von Lok zu Lok. "Vor zwei Jahren gab es hier eine Dampflok, die die Kinder selbst steuern durften. Schade, dass die dieses Mal nicht wieder dabei ist", sagt sie. Sichtlich beeindruckt beobachteten die Kleinen vor allem die Vorführungen der Feuerwehr Pratau, die zeigte, wie man im Notfall Verletzte aus dem Fenster eines Zugabteils rettet.
Dies sei nämlich gar nicht so einfach, wie Matthias Dübner, Kreisausbilder bei der Feuerwehr, und einer der Notfallmanager der Deutschen Bahn für den Kreis Wittenberg, Lothar Baltinger, den Schaulustigen erklärten. Denn zunächst müssen die Hochspannungsleitungen, durch die 15 000 Volt fließen, geerdet werden. "Der Notfallmanager gilt als Fachberater und unterstützt den Einsatzleiter", so Baltinger.
Die Lokhalle war am Wochenende das Mekka für Jäger und Sammler. Hier gab es alles, was der Eisenbahnfreund haben muss: Fachliteratur, Ansichtskarten mit Bahnhöfen, Loks oder Zügen sowie kleine Drähte, Figuren und Leuchtdioden für die heimische Modelleisenbahn. Hier wurde gefeilscht, gestöbert, gefachsimpelt. So manches Schnäppchen verkürzt dem Eisenbahner nun die Zeit bis zum nächste Bahnaktionstag.