Besuch Margrethe II. Margrethe II. in Wittenberg: Marcus Haberland bringt Dänische Königin zum Lachen
Wittenberg - Als Königin muss man in diesem Fall nicht viel tun. Lächeln und winken, und schon freut sich das neugierige Volk. Drei gute Chancen haben Schaulustige am Kaiserwettersonntag, einen Blick auf Margrethe II. zu werfen. Die Dänenkönigin ist nach Wittenberg gekommen, um der Wiedereröffnung der Schlosskirche beizuwohnen.
Schon früh am Morgen warten die ersten Fans an den Sperrgittern rund um den Schlossplatz, andere stehen geduldig an, um beim Gottesdienst dabei zu sein. Früh aufgestanden zu sein, lohnt sich nicht für alle: Kurz nach 9 wird die Schlange an der Sicherheitsschleuse aus Platzgründen gekappt.
Live-Übertragung von Gottesdienst im Arsenal
Wer nun nicht mehr in die Schlosskirche vorgelassen wird, der muss aber nicht schwermütig werden und die Dienste des Polizeiseelsorgers, der nahe der Sicherheitsschleuse steht, in Anspruch nehmen, denn der Gottesdienst wird live ins Einkaufszentrum „Arsenal“ übertragen.
Über 300 Menschen nutzen diese Möglichkeit und verstehen das Angebot keineswegs als Public Viewing, sondern sie feiern, wie Pfarrer Jan von Campenhausen von der Evangelischen Wittenbergstiftung betont, wirklich Gottesdienst. Wenn sich die Festgemeinde in der Schlosskirche erhebt, steht auch ihr Pendant im „Arsenal“ auf.
Zwar ist der Gemeindegesang am westlichen Ende der Altstadt kräftiger, aber gesungen wird auch im Einkaufstempel, in den der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm Grüße schickt, was dort mit Jubel quittiert wird. Auch die Kollekte füllt sich am Ende im „Arsenal“ und einem Wunsch von Campenhausens entsprechend klingelt es nicht nur, es raschelt auch mal. Das Geld ist für „Brot für die Welt“ bestimmt, das ist es freilich häufiger, doch passt es an diesem Erntedanktag umso mehr.
Dass es sich im „Arsenal“ um eine Veranstaltung mit Mehrwert handelt, wird schon kurz nach 9 Uhr klar, als sich die 220 Sitzplätze füllen. Vor der Großleinwand singt der gut aufgelegte Gospelchor der Schlosskirche unter Leitung von Kantor Thomas Herzer.
Und man singt auch noch zur Freude der Besucher, als in der Schlosskirche schon nichts mehr geht, weil, wie von Campenhausen formuliert, die Kameras für die Übertragung bereits „scharf gestellt“ sind. Der Mehrwert zeigt sich letztlich auch daran, dass die Gäste nicht nur vielfältige Perspektiven und Ansichten geboten bekommen, sondern eine (vom MDR) kommentierte Variante des Gottesdienstes.
Dass Margrethe II. im Gottesdienst deutsch gesprochen hat, hat vielen Zuhörern sehr gefallen, ebenso ihre Erinnerung an „zwei treibende Kräfte“ der langjährigen dänisch-wittenbergischen Beziehungen in jüngerer Zeit: die zu früh verstorbenen Siegfried Kasparick und Hans Henrik Arendt, dänischer Altbischof.
„Lamm und viel Gemüse“ gab es laut Ministerpräsidentengattin und Stadträtin Gabriele Haseloff beim Mittagessen der Königin mit Bundespräsident Joachim Gauck und geladenen Gästen in der „Alten Canzley“. In der Öffentlichkeit rauchen hat die Königin übrigens niemand gesehen.
Blümchen durfte vor dem Gottesdienst in der Schlosskirche die fünfjährige Fritzi der Königin überreichen. Extrem beeindruckt zeigte sich die Kleine von dem Vorgang nicht. Fritzi ist die Tochter von Katrin Oxen, Direktorin des Zentrums für Predigtkultur, und Karl-Friedrich Ulrich, Dozent am Predigerseminar, welches an diesem Wochenende wie berichtet selbst eine Menge zu feiern hatte.
Die Veranstaltung im „Arsenal“- Einkaufszentrum ging maßgeblich auf eine Idee von Jan von Campenhausen, Evangelische Wittenbergstiftung, zurück. Personelle Unterstützung kam von Freiwilligen des Reformationsjubiläumsvereins 2017. (mz/irs/cni)
Informativ ist das gerade für auswärtige Gottesdienstbesucher wie etwa Silke Tiedemann und Marina Schwierzke. Aus Kiel ist die eine, die andere aus dem bayrischen Weilheim, mit einer Gruppe sind sie auf Luthers Spuren von Erfurt über Eisenach, Eisleben, Halle und Torgau nach Wittenberg gekommen.
Vom royalen Besuch hatte man in der Süddeutschen Zeitung gelesen. Nun stehen sie nach der Gottesdienstübertragung im „Arsenal“ und sind sichtlich begeistert. „Das hier ist wirklich die Krönung“, sagt Tiedemann.
Den Margrethe-Fans bleiben nun, da die Messen gesungen sind, noch zwei Chancen und sie sind bereit die zu nutzen. Claudia Appel aus Leipzig, die schon deshalb auffällt, weil sie als eine der ganz wenigen ein Dänemark-Fähnchen hochhält, hat nach der kleinen Enttäuschung in der Warteschlange weiter große Hoffnungen: Sie möchte ein Autogramm von der Königin haben, vielleicht sogar ein gesprochenes Wort, und hat zu diesem Zweck extra ein Hochglanzposter von der Monarchin im Gepäck und ihr Dänisch aufgefrischt.
Prima vorbereitet, wird sie trotzdem nicht auf ihre Kosten kommen: Eine Königin gibt keine Autogramme. Um sie wenigstens mit eigenen Augen zu sehen, gibt es nun aber noch die Chancen zwei und drei: Im Luthergarten wird Jeannie Walter damit belohnt - kaum zu glauben aber glaubhaft berichtet sie der MZ, im Morgengrauen in München (!) aufgebrochen zu sein, um die Königin zu sehen.
Nun, vielleicht muss man Dänisch-Studentin sein, um so etwas zu tun. Im Anschluss an die Baumpflanzung, die Margrethe II. beherzt vornimmt, versammeln sich dann erneut einige Hundert Menschen auf dem Markt, es ist die dritte und letzte Chance. Margrethe lächelt und winkt. Der Beifall könnte etwas kräftiger sein.
Plaudern mit Königin Margrethe am Kaffeetisch im Rathaus
Kaum ein normaler Wittenberger aber ist der Königin so nahe gekommen wie Marcus Haberland. Beim Kaffeeklatsch im Alten Rathaus für 70 geladene Gäste hat er mit ihr geplaudert, Smalltalk, sagt der Zwölftklässler des Luther-Melanchthon-Gymnasiums bescheiden. „Er hat die Königin zum Lachen gebracht“, konkretisiert ein zufriedener Ministerpräsident, als man am späten Nachmittag auf dem Markt noch ein wenig zusammensteht.
Der royale Tross ist weg, die größte Anspannung abgefallen von den Sicherheitskräften. Es war die Idee des Oberbürgermeisters gewesen, zum Kaffee im Ratssaal auch drei Schüler einzuladen. Torsten Zugehörs Amtskette glänzt golden in der Sonne.
Eine Dessauerin, die bei der Königin leer ausgegangen ist und Margot Käßmann verpasst hat, freut sich jetzt eben über ein Autogramm des Wittenberger Stadtoberhaupts. Andere machen Fotos von Reiner Haseloff. Fan muss flexibel sein. (mz)