1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Wertpapier der Gnade: Luther 1521: Digitale Vortragsreihe zum Ablasshandel

Wertpapier der Gnade Luther 1521: Digitale Vortragsreihe zum Ablasshandel

Von Kai Agthe 22.01.2021, 07:00
„Hier stehe ich, ich kann nicht anders“: Luther 1521 vor dem Reichstag, Relief am Luther-Denkmal in Worms.
„Hier stehe ich, ich kann nicht anders“: Luther 1521 vor dem Reichstag, Relief am Luther-Denkmal in Worms. dpa

Wittenberg - Ja, auch 2021 ist ein gewichtiges Luther-Jahr. Wurde vor fünf Jahren die 500. Wiederkehr von Martin Luthers Thesenanschlag in Wittenberg als Beginn der Reformation in Sachsen-Anhalt groß gefeiert, so ist in diesem Jahr an Luthers Anhörung in Worms 1521 zu erinnern, wo er auf dem Reichstag vor Kaiser Karl V. die seither berühmten Worte gesprochen hat: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders.“

Oder, wie es historisch korrekt lauten muss: „Ich kann nicht anders, hier stehe ich, Gott helfe mir, Amen.“

Dem vorausgegangen war das entschiedene Bekenntnis Luthers, nicht widerrufen zu wollen. Genau das war aber von dem Wittenberger verlangt worden: Den in seinen 95 Thesen und seinen vielen Dutzend Büchern geäußerten ketzerischen Gedanken sollte er vor dem Reichstag abschwören. „Ich kann und will nicht irgendetwas widerrufen, weil es weder gefahrlos noch heilsam ist, gegen das Gewissen zu handeln“, hielt Luther dem entgegen.

Stiftung Luthergedenkstätten startet Vortragsreihe

Für die Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt ist dieses Jubiläum ein Anlass für eine Vortragsreihe, die unter dem schlichten Titel „Luther 1521“ steht. Die wird am kommenden Dienstag starten, aber aufgrund der Corona-Pandemie vorerst nur digital zu erleben sein.

Der Historiker Georg Habenicht spricht in seinem ab 18.30 Uhr als Live-Stream auf der Facebook-Seite der Stiftung zu erlebenden Vortrag über „Die Reformation als Ablass-Blase“. Im Nachgang wird der Mitschnitt auf der Internetseite der Luthergedenkstätten zur Verfügung gestellt, wie die Stiftung mitteilte.

Ablassbriefe wertvoller als Gold

Habenicht, der als „Coach für Top-Manager und Keynote Speaker für ganzheitliche Leadership- und Transformationsstrategien“ tätig ist, wählt für sein kirchengeschichtliches Referat einen „monetären Ansatz“, den er in seinem jüngsten Buch „Ablass - Wertpapier der Gnade“ ausführlich behandelt.

Mit dem Ablass, der für Luther einst der Anlass für seine 95 Thesen war, haben die Päpste „etwas an und für sich völlig Wertloses zu einem Gegenstand gemacht, der wertvoller war als Gold“, so Habenicht. Geld wurde beim Ablass gegen schnödes Papier, „Ablassbriefe“ genannt, getauscht, die, laut Habenicht, im Grunde mit Papiergeld vergleichbar sind, das inflationär ausgegeben wird:

Eine „Ablass-Blase“ war die Folge, „die Luther mit der Reformation zum Platzen brachte“. Was auch bedeutet, dass die Ablassbriefe, die in Europa wie Wertpapiere gehandelt wurden, bald nichts mehr wert waren.

Geld vergibt alles

Bei dem kirchlichen Gnadenakt des Ablasses wurden den Gläubigen bekanntlich gegen Zahlung einer bestimmten Summe zeitliche Sündenstrafen erlassen, nicht aber die Sünden selbst. Das stieß nicht nur in Wittenberg, dem Zentrum der Reformation, auf erheblichen Widerstand:

Denn nach reformatorischem Verständnis ist es allein Gottes Versöhnungshandeln, vollbracht im sühnenden Opfertod Jesu am Kreuz, das dem schuldigen Menschen Vergebung vermittelt.

Vergebung ohne Ablassbrief

„Ein jeder Christ, der wahre Reue und Leid hat über seine Sünden, hat völlige Vergebung von Strafe und Schuld, die ihm auch ohne Ablassbrief gehört“, heißt es in Luthers 36. These aus dem Jahr 1517. „Der Ablass aber, den die Papstkirche hat und gibt, ist ein lästerlicher Betrug“, legte Luther 1528 in seiner „Bekenntnis“-Schrift nach. Damit stellte Luther letztlich „die Bonität des Papstes in Frage“, so Habenicht.

Das aus dem Ablass erwirtschaftete Geld ging aber nur zur Hälfte nach Rom, wo es etwa für den ambitionierten Bau des Petersdomes, bis heute die größte Kirche der Christenheit, verwendet wurde.

Die andere Hälfte erhielten die jeweiligen Ablassprediger - im mitteldeutschen Raum war das der Dominikanermönch Johannes Tetzel - und mit Kardinal Albrecht von Brandenburg der ranghöchste geistliche Würdenträger im Heiligen Römischen Reich.

Der in Halle residierende Erzbischof von Magdeburg, Halberstadt und Mainz war ein Ideengeber und Förderer des Ablasshandels - und zahlte mit den daraus erzielten Einnahmen seine aus Verschwendungssucht aufgelaufenen Schulden an das Augsburger Bankhaus Fugger zurück. Die Ursachen für die Reformation auch unter dem Aspekt des Monetären zu betrachten, wie Georg Habenicht es am kommenden Dienstag unternimmt, hat also triftige Gründe.

Vortragsreihe live auf Facebook

Der zweite Vortrag der zwölfteiligen Reihe „Luther 1521“ wird am 18. Februar folgen und ebenfalls ab 18.30 Uhr auf der Facebook-Seite der Stiftung Luthergedenkstätten zu sehen sein.

Ruth Slenczka referiert unter dem Titel „Kunst zum Gedächtnis“ über das reformatorische Bildprogramm und den Anteil, den die Wittenberger Cranach-Werkstatt an diesem hatte. (mz)

››Der Vortrag live im Internet:

www.facebook.com/luthergedenkstaetten

››Im Nachgang zu sehen unter:

www.martinluther.de