1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Lesung in Wittenberg: Lesung in Wittenberg: Autor Christian Füller sieht "Unterschichtsfabriken"

Lesung in Wittenberg Lesung in Wittenberg: Autor Christian Füller sieht "Unterschichtsfabriken"

Von Thomas Liersch 05.10.2018, 12:16
Christian Füller
Christian Füller Privat/Füller

Wittenberg - Heute um 19 Uhr will der in München geborene Journalist Christian Füller sein Buch „Muss mein Kind aufs Gymnasium?“ in der Kulturbotschaft in Wittenberg vorstellen. Mit überaus kritischen Thesen knöpft er sich darin das deutsche Schulsystem vor. Vorab teilte er der MZ mit, die pädagogischen Verhältnisse seien nicht mit der Verfassung der Bundesrepublik vereinbar.

Martin Luther sei mit seiner Bibel-Übersetzung ein Wegbereiter der Bildung für alle und hätte darum die aktuellen Verhältnisse niemals toleriert, meint Füller. Auch in Wittenberg gebe es „Schulen der Chancenlosigkeit“. Das müsse sich ändern.

Es sei unfair, Kinder in Einrichtungen zu stecken, die formell eine Fusion zwischen Haupt- und Realschulen sind, aber de facto Förderschulen mit ein paar Kindern ohne Handicaps darstellen, so Füller. Die zwei Gymnasien in Wittenberg würden das intellektuelle Schülerpotenzial anziehen wie Magneten. Die private evangelische Gesamtschule werde von jenen Eltern ausgewählt, deren Kinder es nicht im ersten Anlauf an die Gymnasien schafften, die aber auf keinen Fall in die Sekundarschulen gehen sollen.

Füller: „Es bleibt also für die Sekundarschulen eine soziale Mischung mit der Spezifik ostdeutscher Klein- und Mittelstädte: hoher Anteil an Arbeitslosigkeit, Existenz einer ziemlich persistenten sozialen Unterschicht, die zum Teil stolz darauf ist, ihren Kindern von der Schule frei zu geben.“

Die Gemeinschaftsschule werde wohl 20 Jahre benötigen, ehe sie sich hochgekämpft hat. Heutige Schüler seien „praktisch in Unterschichtsfabriken gelandet.“ (mz)