Kürzungen in Wittenberg Kürzungen in Wittenberg: Verein "Piesteritz Youth" fliegt raus

wittenberg - Der Wittenberger Verein „Piesteritz Youth“ hat einen Hilferuf ausgesandt. Zehn Jahre nach der Gründung 2005 stehe man jetzt vor dem Aus, weil die Stadt ihre bisherige Unterstützung eingestellt und zudem den Mietvertrag für das Vereinsdomizil gekündigt habe. „Uns wurde die Grundlage entzogen“, klagt Vereinssprecher Mike Hüttenrauch.
Der 2005 gegründete und aus dem Projekt „Stärken vor Ort“ hervorgegangene Verein „Piesteritz Youth“ hat eigenen Angaben zufolge 14 Mitglieder zwischen 18 und 50 Jahren. Mitgliedsbeiträge, so Sprecher Hüttenrauch, würden nicht erhoben. Der Verein trete u. a. - auch außerhalb Wittenbergs - als Konzertveranstalter in Erscheinung. 2012 rührte „Youth“ die Spendentrommel für Brandopfer in Piesteritz. Die Angebote des Vereins lobt auch die Stadt.
In der Stadtöffentlichkeit ist „Piesteritz Youth“ vorrangig für die Hörspielabende am Schwanenteich bekannt, bei denen Besucher freien Eintritt haben, Stühle und Getränke etc. aber selbst mitbringen.
Es geht um mehr als 400 Euro
Eine Kündigung sei grundsätzlich „völlig okay“, betont Hüttenrauch, und dass die Stadt sparen wolle, verstehe man durchaus bei einem „Haushalt, der am Boden liegt“. Allerdings sei der Verein aufgebracht über den zeitlichen Ablauf. Genannte Förderung, die 2015 ausfällt, betrifft nämlich die Mietzahlung für das städtische Objekt. Mit anderen Worten: Der Verein muss die Miete rückwirkend ab Januar bis Oktober selbst zahlen. Es geht um mehr als 400 Euro. Bis dato, so Hüttenrauch, hatte die Stadt zwei Drittel der Mietkosten für den Raum in der Fritz-Heckert-Straße 2 (vormals „Victor Jara Club“) übernommen, den Rest trug der Verein als Eigenanteil, jetzt muss er also voll zahlen.
Man fühle sich hintergangen und missachtet, so Hüttenrauch. „Es kann doch nicht sein, dass der Stadt im Oktober einfällt, dass sie die Förderung nicht bringt.“ Dabei „macht unser Verein jedes Jahr was für die Stadt“.
Für die Stadt stellt sich der „schwierige Sachverhalt“, wie Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos) die Piesteritzer Angelegenheit in der Tat nennt, komplett anders dar. Wiederholt habe man den Verein auf seine fehlende Gemeinnützigkeit hingewiesen, das letzte Gespräch hierzu habe im September stattgefunden, so Zugehör. Hüttenrauch habe ihnen mitgeteilt, dass der Verein keine Gemeinnützigkeit (mehr) habe und diese auch nicht (mehr) anstrebe. „Wir sind ein wirtschaftlicher Verein“, sagte Hüttenrauch in dieser Woche auch der MZ und nannte dafür formale Gründe. Gleichzeitig unterstrich er das gemeinnützige Anliegen von „Youth“. Zugehör verweist auf - anerkannte - Gemeinnützigkeit als Voraussetzung für eine Förderung. Man halte sich an dieses formale Kriterium, da sich gemeinnütziges Tun sonst schwer nachweisen ließe. Die Förderrichtlinie der Stadt schließt eine Unterstützung von Antragstellern mit „überwiegend gewerblichen und kommerziellen“ Absichten aus und verlangt darüber hinaus „gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung“.
Zuviel Dreck, zu wenig Respekt?
Ausschlaggebend für die Kündigung des Kellerraumes ist der Stadt zufolge unterdessen eine, so deren Sprecherin Karina Austermann, „nicht sachgemäße“ Nutzung. Sie spricht von „Vermüllung“, der Oberbürgermeister von mangelndem „Respekt vor fremdem Eigentum“. Zugehör sagt auch: „Es sah aus wie Sau.“ Der Verein weist die Vorwürfe zurück.
Wie dem auch sei: Das Tischtuch ist zerschnitten zwischen Stadt und Verein. Wie es nun weitergeht mit der Vereinsarbeit, wisse man derzeit nicht, so Hüttenrauch. „Da es sich nur um einen kleinen Kulturverein handelt, stehen nun Veranstaltungen wie der 9. Wittenberger Hörspielabend am Schwanenteich, Konzerte, Lesungen und Ausstellungen in 2016 in Frage“, schließt das Schreiben von „Youth“.
Der bisherige Vereinsraum wird laut Zugehör jetzt als Lagerraum während der Bauarbeiten im ebenfalls dort befindlichen Jugendclub genutzt. Einen vom Verein ins Feld geführten Zusammenhang der Kündigung mit anderen Plänen der Stadt für das Objekt wies der Oberbürgermeister zurück. (mz)