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Kriminalität Kriminalität: Betrügerin legt Lottoläden rein

Von Alexander Baumbach 18.04.2013, 18:34
Birgit Mehne im Laden
Birgit Mehne im Laden Baumbach Lizenz

Wittenberg/MZ - Die junge Frau am Telefon ist überzeugend. Sie sei eine Mitarbeiterin des Großhändlers Lekkerland. Der Buchungscomputer habe eine Störung. Deshalb müsse zu Prüfungszwecken eine Paysafe-Card mit 100 Euro - das ist der höchste Betrag - aufgeladen und der ausgedruckte Code überprüft werden. Die Angerufene, eine Verkäuferin eines Wittenberger Lotto-Ladens, schöpft keinen Verdacht. Schließlich ist die Telefonnummer im Display bekannt: Es scheint der Geschäftspartner zu sein. Und so zieht die arglose Frau fünf Scheine durch - bis der Chef den Spuk beendet.

Verkäuferin bemerkt Schwindel

Die Betrügerin am anderen Ende der Leitung ist noch ein zweites Mal im Kreis erfolgreich. Es ist wieder ein Lottoladen - dieses Mal in einer kleinen Gemeinde. Doch die Verkäuferin bemerkt beim ersten Mal die dreiste Lüge: Das System funktioniert! Trotzdem ist das Geld nun weg. Die Betrügerin benötigt nicht den Coupon, sondern nur den 16-stelligen Code, der auf dem ausgedruckten Beleg steht - keinen Ausweis, keine Handynummer, keinen zweiten Schlüssel. Gibt man den Code einem anderen, dann drückt man ihm virtuell einen Geldschein in die Hand, mit dem anonym im Internet auch eingekauft werden kann. Die Gaunerin hat so 600 Euro erbeutet. Die Masche ist nicht unüblich, wie Maximilian von Both bestätigt. „Uns ist das Betrugsschema seit einiger Zeit bekannt - und wir kämpfen aktiv dagegen an. Wir führen Schulungen durch und geben Informationsmaterial heraus“, erklärt der Chef von Paysafe in Deutschland.

„Auf dem Display erscheint tatsächlich die Nummer von unserer Zentrale in Frechen. Wie das technisch geht, können wir uns auch nicht erklären“, bestätigt Janine Hoffe, die Pressesprecherin von Lekkerland. Der Großhändler bietet die Paysafe-Gutscheine für kleine Läden an, vertreibt auch die Terminals für die Verkaufsstellen. Insgesamt kann man deutschlandweit an 45 000 Lottoläden, Tankstellen und Tante-Emma-Läden die Gutscheine erwerben, die man dann im Internet als Zahlungsmittel einsetzt. Vor allem für Video-Bezahldienste und Onlinespiele sei das mittlerweile ein gängiges Verfahren, erklärt von Both. In 33 Ländern kann das Zahlungsmittel erworben werden - nach Unternehmensangaben akzeptieren 4 000 Online-Shops die digitale Währung. 55 Millionen Transaktionen will der Konzern im letzten Jahr getätigt haben - das entspricht etwa 100 Bezahlvorgängen pro Minute. „Viele Menschen wollen beim Onlinehandel ihre Konto- oder Kreditkartendaten nicht angeben - aus Angst, betrogen zu werden. Kauft man eine Paysafe-Karte, dann steht nur das erworbene Guthaben zur Verfügung - und das kann bei einer Straftat auch nur maximal gestohlen werden“, erklärt Janine Hoffe.

Im Zweifelsfall Polizei einschalten

„Tritt wirklich einmal eine Störung auf, dann kommt der Gebietsverkaufsleiter persönlich, aber telefonisch wird da gar nichts gemacht. Ein Code wird nicht abgefragt“, erklärt sie. Auch die Polizei warnt davor, PIN-Codes oder Ähnliches am Telefon durchzugeben. Sollte man unsicher sein, wird empfohlen, den Anrufer um eine Rückrufnummer zu bitten, um sich mit den Kollegen oder der Polizei zu beraten.

Auch anderweitig werde mit dem virtuellen Guthaben Schindluder getrieben. „Ich habe in der letzten Woche einen Coupon über 100 Euro verkauft. Der Kunde hatte sich einen PC-Virus eingefangen und wurde aufgefordert, den Rechner mit dem Paysafe-Guthaben zu entsperren. Der ist dann aber noch stutzig geworden“, berichtet Birgit Mehne von einem weiteren Trick. Die Chefin von Lotto-Läden in Wörlitz und Vockerode kennt auch die neue Betrugsmasche. Sie gehe zu den erwähnten Schulungen. „Wenn der Chef aber seine Mitarbeiter nicht vernünftig einweist, dann gibt es ein Problem“, so von Both.