Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Sehr spezielle Spürnasen
pretzsch/MZ. - Die Methodik, sagt Wolfgang Bauske, hat sich grundlegend geändert. Deutlich spezifischer und individueller werden die Hunde, die einen so wichtigen wie verantwortungsvollen Job verrichten, in Pretzsch inzwischen ausgebildet. Es geht um Polizeihunde und die traditionsreiche Diensthundeführerschule, die seit mehr als 60 Jahren existiert.
Veränderung ist dort kein Fremdwort, nicht zuletzt deshalb, weil die Kriminalität nicht bleibt, wie sie ist. Überdies sind bekanntlich die politischen Rahmenbedingungen andere geworden - das hat sich auf die Art und Weise der Ausbildung ausgewirkt. "Wir arbeiten nicht mit Druck und Schmerz." Was zu DDR-Zeiten, als 30 Teilnehmer zu einer Gruppe gehörten - jetzt sind es sechs - , öfter an der Tagesordnung war. Die Individualität des Tieres spiele heute eine größere Rolle, ebenso der Spieltrieb, auf den die Ausbilder setzen. Nicht zuletzt gehe es um das "Stellen durch Verbellen", Delinquenten dürfen nicht angegriffen werden. Auch das wurde vor einigen Jahrzehnten etwas anders gehandhabt.
Kurz vor dem Ruhestand
Bauske weiß das alles. Er ist der Dienstälteste in der Hundeschule, der Polizeihauptkommissar, der seit vergangenem Herbst als amtierender Leiter fungiert, arbeitet dort seit 1983. Jetzt liegen seine letzten Monate vor ihm, Bauske geht Ende des Jahres in den Ruhestand. Noch in dieser Woche wird der neue Chef der Pretzscher Schule vorgestellt.
Wenn Bauske, der aus Gardelegen kommt und den die Liebe zum Tier dorthin gebracht hat, wo er ist, nicht mehr jeden Tag ins Büro muss, wird er sich wieder einen Hund anschaffen, natürlich.
Sein letzter hat als ausgemusterter Polizeihund das Gnadenbrot bei ihm zu Hause erhalten. Der Korgauer weiß viel über diese Tiere - und ihn regt ein nicht selten zu beobachtender, wenig sachgerechter Umgang mit Hunden auf. Mehr Verständnis, wie sie funktionieren, könnte tragische Beißattacken verhindern helfen.
Bauske warnt etwa davor, Kinder mit Hunden allein zu lassen. "Ein Hund sieht sich in Familien meist an zweiter Stelle, nach dem Rudelführer." Kinder dagegen stünden in der Rangfolge aus Sicht des Hundes weit hinten. Die Pretzscher Spezialisten suchen nicht zuletzt deshalb, nämlich um Aufklärung zu leisten, um Tipps zu geben im Umgang mit Hunden, die Öffentlichkeit. Sie gehen in Schulen oder Kindergärten, laden ein auf ihr Gelände - beispielsweise wieder im Mai zum Leistungsvergleich der Diensthundeführer.
Teamarbeit ist wichtig
Aber Hauptaufgabe ist selbstverständlich die Ausbildung von Hund und Hundeführer, stets als Team. Auf den Grundlehrgang Schutzhundführer mit 70 Ausbildungstagen folgt oft die Spezialisierung, je nach besonderer Eignung des Tieres.
Da gibt es den Brandmittelspürhund - erst seit der Jahrtausendwende. "Das ist aus den USA herübergeschwappt und erleichtert gerade auf großen Brandflächen die Arbeit der Spurensucher erheblich." Konditioniert sind die Tiere auf die gängigen Brandbeschleuniger. Da ist der Leichenspürhund, der unter anderem trainiert wird, Tote im Wasser zu finden. Die Pretzscher verfügen eigens über ein Schlauchboot. Bauske berichtet von einem Fall, da haben spezialisierte Hunde bei einer Wasserleiche angeschlagen, die in 40 Metern Tiefe lag. Ausgebildet werden in Pretzsch auch Rauschgiftspürhunde - getrimmt auf neueste Drogen. Es gibt die Sprengstoffspürhunde und, nicht zu vergessen, die Fährtenhunde, der Hauptkommissar spricht von der "Königsdisziplin". Für die Polizeidirektion Ost werden in Kürze zudem zwei neue Graffiti-Spürhunde ausgebildet.
Gefühl der Sicherheit
Hunde, sagt Bauske, sind nicht wegzudenken aus der Polizeiarbeit. Ihre gute Nase hilft, Opfer, Täter oder Tatwerkzeuge aufzuspüren. Sie verleihen zudem, auch das sei nicht ganz unwichtig, den Beamten ein Gefühl der Sicherheit.
"Mein Ziel war immer", erklärt Bauske, "Hunde einzubinden, um die Aufklärung zu unterstützen." So ist die Leichenspürhund-Ausbildung nach der Jahrtausendwende in Pretzsch erweitert worden - auf Tatort- und Tatmittelsuche, eine Konditionierung auf Blut in verschiedenen Stadien. "Das hat viel mit Versuchen zu tun", sagt Bauske und beschreibt, wie er an Bettlaken getestet hat, wie lange welche Spuren nachweisbar sind. Und fügt hinzu: "Unsere Hunde haben oft sehr erfolgreich gearbeitet."