Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Lang ersehnte Rückkehr
PRETZSCH/MZ. - "Das wird aber auch Zeit", sagt Isabell Teske, als sie mit ihrem Auto auf die Fähre kommt. Die junge Frau aus Klöden ist an Sonnabenden ein Stammgast auf der schwimmenden Überfahrt zwischen Pretzsch und Mauken. "Samstags ist Fußball in Trebitz", sagte sie, "und ich bin die Physiotherapeutin". Durch den langen Zwangsstopp der Fähre habe sie immer bis nach Elster fahren müssen, "ein Riesenumweg". Nun geht's wieder kürzer. Seit Freitag ist die Fähre nach ihrer Revision wieder in Betrieb.
Wolfgang Buchwald an der Technik - braun gebrannt und guter Laune - ist froh, dass es wieder läuft. Zwar steht die Kundschaft nicht unbedingt Schlange an beiden Ufern, aber es läuft gut an. Radwanderer in kleinen und großen Gruppen lassen sich auf die andere Elbseite bringen, so wie es der Elberadweg angibt. Matthias und Martina Pfüller aus Chemnitz, die die Gegend entlang des Radwegs "häppchenweise" erkunden, haben am Sonnabend die Etappe von Torgau nach Elster vor sich. "Erst hatten wir die Info, dass sie nicht fährt. Unterwegs erfuhren wir, sie fährt doch", erzählt Pfüller. Nun hat er's selbst gesehen: Sie fährt.
Als Franz Lohre und Alfons Breuer aus Bielefeld mit anderen ihre Radtour planten, war das Thema Fähre noch gar keins. "Wir sind jedes Jahr zu einer Tour an einem Fluss unterwegs", erzählt Lohre. In diesem Jahr ist die Elbe vom Königsstein bis Dessau dran, eine flache Landschaft mit großen Feldern, von denen beide schwärmen. Vor der Überfahrt haben sie Station im "Fährhaus" gemacht. "Das Essen war gut, aber auch das Radler", schmunzelt Lohre.
Dass es unten wieder hin und her geht, merkt auch Rolf Schneider in der Gaststätte "Fährhaus" sofort. Sie sind Leidensgenossen, die Fährleute unten und die Gastwirtsleute oben über dem Fluss. Denn ist die Fähre außer Betrieb, ist der Radweg unterbrochen und die Gäste bleiben weg. "Wir hatten einen guten Mittagstisch heute. Und natürlich gingen die Getränke bei dem Wetter gut", freut sich Schneider. Was den Zeitpunkt der Revision der Fähre betrifft, hat er jegliche Illusion verloren. "Solange wir hier sind, fast 20 Jahre, wird immer versprochen: Das nächste Mal kommt sie im Winter weg. Wir haben nie daran geglaubt und immer Recht gehabt", so Schneider.
Gerade mal zwei Wochen war die Pretzscher Fähre in diesem Jahr in Betrieb - im März. Davor gab es Eis und Hochwasser, danach war sie in der Werft. "Flachwasser wie jetzt macht uns dagegen gar nichts. Dagegen sind wir die ersten, die bei Hochwasser aufhören müssen", erklärt Fährmann Buchwald. Wie flach es derzeit ist, merkt er am Verkehr. Gerade mal ein Schiff muss er am Sonnabendvormittag vorüber lassen. "Das ist, glaube ich, seit gestern das erste", meinte er.
Nach der Mittagszeit erwartet ihn auf Maukener Seite eine herzliche Begrüßung. "Hallo Fährmann. Das ist aber schön", lacht Corinna Marx. Sie hat in der MZ gelesen, dass die Fähre wieder in Betrieb ist. "Da ich noch Urlaub habe, bin ich extra hergefahren", erzählt die Frau aus Axien. Seit 2003 nutzt sie die Pretzscher Fähre für ihren Weg zur Arbeit nach Trebitz. Fährt diese nicht, geht es über die Prettiner Fähre. "Im Winter, wenn gar keine in Betrieb ist, muss ich über Wittenberg fahren, 60 Kilometer Umweg", sagt sie. Werktäglich.
Autos mit Wittenberger, Hallenser und Leipziger Kennzeichen werden übergesetzt, viele Jessener sind darunter. Mancher nutzt die Fähre regelmäßig, andere nur gelegentlich. Es sei eben der kürzeste Weg, wenn man nach Bad Schmiedeberg wolle, meint eine Frau. Harald Großmann aus Jessen findet, dass es auch für die Kur in Bad Schmiedeberg gut ist, wenn die Fähre übersetzt. Wenn er in Richtung Süden, sprich Leipzig wolle, fahre er schon meist nur über Coswig. Wolfgang Buchwald weiß, dass seine Arbeit die Radtouristen und die Betreiber von Pensionen die Elbe stromaufwärts freut. Wenn die Leute nämlich ihre vorbestellten Zimmer rechtzeitig und ohne Umweg erreichen.
"Man hat uns versichert, dass die nächste Revision im Winter ist", sagt Buchwald. Er hat wohl die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Nach dem Anlegen auf Pretzscher Seite geht er wie immer zur Schranke, um den Autos den Weg freizugeben. Und macht kurz davor auf dem Absatz kehrt. "Ach, das ist ja jetzt alles Automatik", murmelt er und drückt auf einen Knopf. Die Schranke hebt sich, für neue Gäste zur nächsten Überfahrt.