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Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Großer Andrang beim Papstmaler

Von CORINNA NITZ 16.08.2011, 15:25

LUBAST/MZ. - Kein Mensch käme auf die Idee zu glauben, dass eine Geigerin wie Hiltrud Ilg oder der Pianist Ulrich Urban es zur Meisterschaft gebracht hätten, ohne die Technik erlernt zu haben. Aber ach! "Die Malerei", sagt Michael Triegel, "ist in den letzten 100 Jahren unglaublich verloddert." Ein Maler muss frei sein, klar. "Aber er muss wissen, wovon er abstrahiert." Nur wer sein Handwerk beherrscht, ist frei - so wie Ilg und Urban, die am Sonntag musizieren, als Erdmute Peuker vom Förderverein zur Kultur- und Denkmalpflege Rotta im Heidehotel Lubast erstmals ihren Kunstsalon öffnet.

Bilder, die berühren

Stargast des Nachmittags ist Triegel. Der ist auch sonst, spätestens jedoch seit er Papst Benedikt XVI. porträtiert hat, unter den zeitgenössischen Künstlern ein Star, wenngleich er selbigen nicht rauskehrt. Freundlich, geduldig gibt der 43-Jährige, der in Erfurt geboren wurde und in seiner Wahlheimat Leipzig an der Hochschule für Grafik und Buchkunst studierte, Auskunft. Er spricht über sich, sein Werk, die Faszination der Renaissance - und seine altmeisterliche Maltechnik, die von manchem, der sich heute Avantgarde nennt, schon fast wieder als Provokation empfunden werden mag. Dass er bei aller Präzision kein Technik-Fetischist ist, sagt Triegel. Und ob ein Großer wie Jan van Eyck (1390 bis 1441) noch drei Tropfen Lavendelöl in seine Lasuren gemischt hat, sei ihm egal. Das Entscheidende an der Malerei sei die Idee, das Konzept. Und die Frage: "Was hast du als Maler zu sagen?" In Triegels Fall eine ganze Menge. Auch können seine Bilder den Betrachter nicht unberührt lassen. Er, der Heide ("Ich bin ungetauft"), der noch auf sein Damaskuserlebnis warte, widmet sich vielfach christlichen Themen. Dabei - und das macht den Reiz seiner Werke aus und unterscheidet sie von den oft vertraut anmutenden Motiven - bricht er Tradiertes immer wieder auf. Archetypen und Urbilder, "die menschliche Befindlichkeiten auf den Punkt bringen" befragt und hinterfragt er auf ihre Relevanz für die Gegenwart. Dass er dabei auch mit Ursymbolen spielt, hat den schlichten Grund, "dass man sie nicht erst intellektuell entschlüsseln muss". Triegels Karfreitags-Stillleben etwa, ein Kreuz, an das ein Herz und Fische geschlagen wurden, dürfte sich auch dem erschließen, der nicht im Glauben steht.

Mensch statt Ikone

Unerschütterlich im Glauben ist sicher Joseph Ratzinger. Irgendwann kommt in dem zum Bersten gefüllten Saal des Heidehotels der Zeitpunkt, da nach vielen anderen Werken auch Triegels Papstporträt an die Wand projiziert wird. "Ah!", raunt es im Sperrdruck aus dem Publikum und Triegel, der inzwischen auch etliche Altarbilder ausgeführt hat, lacht: "Dieses ,Ah' werde ich nicht mehr los." Dabei sei sein Bildnis von Benedikt VXI. keineswegs von jedem goutiert worden. Zu viele Altersflecken hatte Triegel gemalt, zu prüfend ist der Blick, mit dem der Pontifex sein Gegenüber fixiert. Manchem, so Triegel, sei das Porträt "zu wahr". Doch habe er keine Ikone malen wollen, "sondern einen Menschen". Und der muss Triegel bei einer Audienz, die dem Vernehmen nach eher einem Volksfest glich, ziemlich einsam erschienen sein.