Konzert auf der Schlossbühne Konzert auf der Schlossbühne: Ultravioletter Glücksabend mit Max Giesinger
Wittenberg - Den ersten Coup startet Max Giesinger gleich zu Beginn seines Konzertes auf der Wittenberger Schlosswiese. Seine Band steht schon auf der Bühne, die Musik setzt ein, nur der Sänger fehlt noch. Dann erklingt seine Stimme, die Augen des Publikums wandern suchend umher: „Der Junge, der rennt“ ist zu hören, aber nicht zu sehen. Denn er schleicht sich von hinten an, bahnt sich seinen Weg mitten durch die begeisterte Menge. Und das ist gar nicht so einfach.
3.200 Neugierige sind gekommen, um dem Singer/Songwriter zu lauschen, der an diesem Abend alle Generationen anzusprechen scheint. Ganz vorn haben sich die jüngeren ihre Plätze gesichert. Dicht an die Absperrung gedrängt, verfolgen sie jede Geste, und es braucht nicht viel, um ihre Begeisterung zu entfachen.
Schon als Giesinger sein Jackett auszieht, geht ein Johlen durch die vorderen Reihen. Im weißen T-Shirt hüpft und sprintet der Sänger über die Bühne, versprüht Energie wie Charme gleichermaßen und gewinnt damit alle Konzertgäste bis in die hintersten Reihen. Bereitwillig schwenken sie die hocherhobenen Arme im Takt der Musik, lassen ihre Smartphones leuchten, singen, ja und tanzen auch mit. Denn natürlich darf der Hit „Wenn sie tanzt“ nicht fehlen.
Nach Max Giesinger und Culcha Candela können sich die Wittenberger und ihre Gäste im Juli auf diverse weitere Konzerte auf der Schlosswiese freuen: Erwartet werden nach Auskunft des Vereins Reformationsjubiläum 2017 unter anderem Joris (14. Juli), „von Brücken“ (15.), der RIAS Kammerchor (16. Juli, aber in der Stadtkirche!), Glasperlenspiel (23.) und - erneut - Konstantin Wecker, der am 27. Juli gemeinsam mit Theologin Margot Käßmann das Programm „Entrüstet Euch“ auf die Bühne bringt. Und am 30. Juli kommt - Silly! Die bald 40 Jahre alte Band um ihre heutige Sängerin Anna Loos brachte zuletzt, 2016, das Album „Wutfänger“ heraus. Und der zweite „Wittenberg-Abend“ ist am 22. Juli.
„Den Alltag hinter sich lassen, mit der Musik wegfliegen“, das bieten Max Giesinger und seine Bandkollegen dem Publikum mit ihrem farbenfrohen Programm an, in dem das Glück „ultraviolett“ ist. Es ist ein munterer Mix, changierend zwischen Melancholie und mitreißenden Rhythmen, gepaart mit im wahrsten Sinne des Wortes ansprechenden Moderationen.
Giesinger freut sich über die vielen Besucher, die „geile Kulisse“ und kommt daher wie der Junge von nebenan. „Ich bin der Max, das ist meine Band - lasst uns mal zusammen einen schönen Abend haben.“
Kein Zweifel, der 28-Jährige versteht es, sein Publikum zu fesseln. Nicht zuletzt vielleicht, weil die Straße seine Schule war. Nach dem Abitur hat er sich nämlich als Straßenmusiker in Australien und Neuseeland durchgeschlagen. Da galt es, vorbeihastende Passanten auf sich aufmerksam zu machen, zum Stehenbleiben und zuhören zu bewegen - „man musste sich richtig ins Zeug legen“, hat er mal in einem Interview gestanden.
Und das tut Max Giesinger immer noch. Etwas anderes als Musikmachen wollte der 1988 in Waldbronn bei Karlsruhe Geborene schließlich nie, seit er mit zehn Jahren von seiner Mutter einen Gitarrenkurs geschenkt bekam. Als 13-Jähriger spielte er in seiner ersten (Punk-) Band, viele weitere folgten. Einem breiteren Publikum wurde Giesinger 2011 durch die Castingshow „The Voice of Germany“ bekannt.
Den einzigen Versuch, sich nicht musikalisch, sondern finanztechnisch mit Noten zu beschäftigen, gab er schnell auf: Er schmiss eine Banklehre bereits nach zwei Wochen.
Mit (großen) Zahlen bekommt es das Publikum auf der Schlosswiese gleichwohl zu tun - nicht weniger als „80 Millionen“ schlagen natürlich auch an diesem Freitagabend zu Buche. Das heißt, genauer gesagt geht es ja nur um den Einen, den Richtigen unter all den vielen, also um die Liebe. In Wittenberg ist es nicht „Einer von 80 Millionen“, es sind vier von 3.200, die am Ende des Konzerts auf die Bühne kommen und mitsingen dürfen.
Finja, Christin, Jenny und Mia sind der kleine, aber feine Backgroundchor beim Finale. Einen Moment später lädt Giesinger das Publikum ein, die Rollen zu wechseln. Die Band hört zu, die Besucher singen, und aus rund 3.000 Kehlen schallt „Wenn wir uns begegnen, dann leuchten wir auf wie Kometen“. Das sei, mutmaßt der Sänger „der vielleicht schönste und größte Chor, den Wittenberg je gehört hat“.
Darüber lässt sich möglicherweise streiten. In jedem Fall ist es das bislang mit Abstand bestbesuchte Konzert im Programm des Reformationssommers.
(mz)