Peter Fitzek Königreich will expandieren
Fantasie-König Peter Fitzek ist längst über Wittenberg hinaus aktiv. Spuren finden sich vielerorts, in Ulm oder Frankfurt. Was der Verfassungsschutz sagt.
Wittenberg - „Darf es noch was sein? Ein Stück Kuchen? Oder ein Konto bei den Reichsbürgern?“ Vielleicht hört man diesen Satz in Zukunft in Dresden-Laubegast.
In einer Bäckerei in der Österreicher Straße hat sich nämlich seit einigen Tagen die „Gemeinwohlkasse“ von Peter Fitzek und seinem Fantasie-„Königreich Deutschland“ (KRD) eingemietet. Dort, wo früher das Café der Bäckerei war, sitzt jetzt ein junger Mann mit längeren braunen Haaren und soll - so berichten es Augenzeugen - auf interessierte Anleger warten. Von 10 bis 16 Uhr ist geöffnet in der Fantasiefiliale.
Die Expansion folgt einem weitreichenden Plan von Fitzek, der selbst immer wieder leugnet, Reichsbürger zu sein. Der Verfassungsschutz in Magdeburg sieht das ganz klar anders: Der Personenzusammenschluss werde der verfassungsfeindlichen Bestrebung der „Reichsbürger und Selbstverwalter“ zugerechnet, antwortet der Inlandsgeheimdienst auf eine Anfrage der MZ unmissverständlich. Seine Programmatik sei von der Leugnung hoheitlicher Befugnisse und Rechtsgrundlagen der Bundesrepublik Deutschland geprägt. Die gesellschaftspolitischen Vorstellungen Fitzeks stünden den im Grundgesetz verbrieften Grundprinzipien unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung entgegen.
Dresden bis Dortmund
Und Dresden ist nur eine Hochzeit, auf der Peter Fitzek gerade tanzt. In einem Video, das im Januar auf der Internet-Videoplattform Youtube hochgeladen wurde, kündigt er an, in Verhandlungen zu stehen mit neuen Projekten in Frankfurt und Dortmund. Bei dem Frankfurter Projekt handelt es sich um die „Rohkosteria“ von David Ekwe-Ebobisse, der auf seinem eigenen Youtube-Kanal Anfang April erklärt hat, sich in Ulm einer neuen Rechtsordnung unterzuordnen und im Königreich Deutschland aufzugehen.
Ulm? Da war doch neulich schon mal was in der Zeitung! Genau. In Ulm hat Fitzek im Spätsommer 2020 die erste Filiale seiner „neuen“ Gemeinwohlkasse eröffnet. Mario G. leitet dort die Geschäfte mit der „E-Mark“. Kein Witz. Die heißt wirklich so. Mitte März hatte die Bankenaufsicht Bafin deren Geschäfte zwar untersagt. Dennoch ist die Webseite weiter am Netz, und auch der vegane Rohkost-Fan Ekwe-Ebobisse (sind Parallelen zu Attila Hildmann rein zufällig?) lässt sich von diesem Mario G. empfangen.
Auch andernorts mischt Fitzek fleißig mit. In Köln hatte sich im Sommer 2020 ein Restaurant unter den Mantel des „Königreichs“ flüchten wollen, um die Corona-Maßnahmen zu umgehen. Im brandenburgischen Bad Saarow - von dort stammt übrigens Fitzeks enger Vertrauter Benjamin M. - versuchte im Dezember ein Gastwirt mit einem ähnlichen Trick durchzukommen. In beiden Fällen schritten Ordnungsämter und Polizei ein.
Obwohl eine strukturelle Zusammenarbeit des KRD mit der rechtsextremistischen Szene derzeit nicht nachweisbar sei, gäbe es zumindest Verbindungen, sagt Danilo Weiser, Sprecher des Innenministeriums. Fitzek gab dem Rechtsextremisten Nikolai Nehring, besser bekannt als „Der Volkslehrer“, ein Interview, um über das KRD ausführlich zu referieren. Zudem sei Fitzek der Auffassung, dass die coronabedingten Beschränkungsmaßnahmen des Staates für sein Territorium nicht gelten würden, so Weiser.
Austausch mit Querdenkern
Fitzek tauschte sich im November 2020 im thüringischen Wöhlsdorf mit namhaften Vertretern der sogenannten Querdenker-Bewegung aus. „Die Aktivitäten des KRD fallen insgesamt durch die vielfältigen Maßnahmen zur Rekrutierung neuer Anhänger aus der Mitte der Gesellschaft, einen Expansionsdrang und das Schmieden neuer Allianzen auf“, beschreibt Weiser die Schwerpunkte.
König sucht Gärtner
Jetzt kündigt Fitzek an, sogar ins Nahrungsmittelgeschäft einzusteigen. Man habe eine Gärtnerei in Nordsachsen ins Auge gefasst, suche dafür noch Gärtner. Das ist nicht nur gesund, sondern vor allem auch eine legale Geldquelle, genau wie Sägewerk, Tischlerei und Holzhandel in Reinsdorf, bei denen man mit Euro oder E-Mark zahlen kann.
„Mit der Ausrichtung so genannter Messen und ‚Tagen der offenen Tür‘ will er vor allem solvente Anhänger gewinnen und Gelder akquirieren. Bei seinen Veranstaltungen geht es neben esoterischen Themen um ‚Freies Unternehmertum‘, ‚souveräne Gemeinden‘, schuld- und zinslose Geldsysteme und um eine „steuer- und erklärungsfreie Wirtschaftsordnung“, erklärt der Verfassungsschutz.
Und auch, falls der selbsternannte König glaubt, immer ein Stück schneller als der bürokratische Rechtsstaat zu sein: Der Inlandsgeheimdienst ist ihm auf den Fersen. Veranstaltungen quer durch die Republik und in der Schweiz listet der Verfassungsschutz auf. „Seit 2019 dehnte Fitzek die KRD-Aktivitäten auf weitere Bundesländer aus“, erklärt Weiser. Vor allem die Verfahrenseinstellung beim Landgericht Halle wegen unerlaubter Bankgeschäfte habe ihn bestärkt, „weswegen er seine Aktivitäten wieder intensivieren werde“, liest man im Verfassungsschutzbericht. (mz/Alexander Baumbach)