Jungscharlager in Bergwitz Jungscharlager in Bergwitz: Vier Tage offline

Bergwitz - Die Melodie, die am Donnerstagnachmittag aus den Lautsprechern tönt, ist mehr als vertraut. Wenn das Lied von Indiana Jones erklingt, heißt es für alle: Sammeln. Und sofort wuseln knapp hundert Kinder zwischen den Zelten und nehmen in ihren Familienverbänden Aufstellung. Es wird zum traditionellen Jungscharlauf gerufen, wobei „Lauf“ etwas übertrieben ist. Die Kinder im Alter zwischen neun und 14 Jahren haben verschiedene Stationen zu absolvieren und allein oder in der Gruppe Aufgaben zu lösen.
Fünf Mädchen aus Wittenberg
In diesem Jahr geht es beim Jungscharlager Bergwitz „In 80 Tagen um die Welt“. Die Freifläche am Forsthaus ist ideal, ringsum ist Wald, es gibt reichlich Gelegenheiten, sich auszuprobieren. Mit dabei sind Hannah (zehn Jahre), Pia (zwölf), Emma-Sophie (zwölf), Shanea-Maria (elf) und Malin-Caroline (zehn Jahre), alle aus Wittenberg. Neu ist die Erfahrung des Jungscharlagers für die fünf Mädchen nicht. Alle waren mindestens schon zwei Mal dabei und kennen die Abläufe innerhalb des Lagers.
„Jeder bekommt ein Schild mit seinem Namen, der Familiengruppe, der Bibelgruppe und Zeltnummer“, erklärt Emma-Sophie und hält ihres hoch. Morgens 8.20 Uhr ist Wecken durch ein Lied, dann folgt Frühsport. „23 Uhr ist absolute Nachtruhe“, weiß Shanea-Maria. Wichtig ist es, Ordnung in den Zelten zu halten. Während der Bibelarbeit werden diese nämlich kontrolliert. „Wer Ordnung hält, bekommt dafür Punkte“, sagt Emma-Sophie. Wer dies nicht beherzigt, erhält eine Räumungsklage. Bei der zweiten Klage räumen die Mitarbeiter das komplette Zelt aus, und die Bewohner müssen alles selbst wieder hinein tragen. Mancher räumt aber seine Sachen auch mehr oder minder freiwillig aus, weil sich Ameisen eingenistet haben, verraten die Mädchen. „Oder es sind Spinnen da“, fügt Hannah hinzu.
Die Familiengruppen sind in diesem Jahr nach Entdeckern benannt, drei der Mädchen wohnen bei „Amerigo Vespucci“. Abenteuerliches wartet bei den Spielen. In Südamerika etwa stehen Skateboard und Stock für Kanu und Paddel, um einen reißenden Fluss zu überqueren. In Indien schnuppern die Kinder an kleinen Dosen mit Gewürzen und müssen sie erkennen. Und in China gilt es, mit großen Essstäbchen (Besenstielen), Papprollen aufzunehmen und in eine Schüssel zu bringen. Rugbyball, Räuberleiter und sogar Nudelstapel sind weitere Herausforderungen des Tages.
Weder Steckdose noch Empfang
Die vielleicht größte Aufgabe ist es jedoch, ohne Handy, Smartphone und Videospiel zu leben. „Wir werden so beschäftigt, dass wir gar nicht daran denken“, findet Pia das nicht weiter schlimm. Dafür gibt es „Analog-SMS“: Mitten auf der Wiese steht eine Wand mit kleinen Briefkästen, in denen die Teilnehmer Nachrichten für andere aus dem Lager hinterlassen können. „Offline zu sein für einige Tage ist heutzutage eher eine Seltenheit“, weiß Helmar Girlich, einer der Lagerleiter. „Aber selbst wenn sie eines dieser Geräte mithätten, hier gibt es keinen Empfang und auch keine Steckdose.“
Mögliche Entzugserscheinungen der Kinder und Jugendlichen aus Stendal, Thale, Halle, Bitterfeld, Zeitz und vielen anderen Orten fallen in der Gruppendynamik wenig auf. Es gibt Workshops, Spiele, ein Geländespiel im Wald und auch eine Nachtwanderung. Sonntagnachmittag ist das „Hilag“, das Himmelfahrtslager, wieder vorbei.
In Deutschland bezeichnet Jungschar die Arbeit verschiedener christlicher Verbände für Kinder im Alter zwischen neun und 14 Jahren. Es gibt verschiedene Träger, etwa den CVJM (Christlicher Verein Junger Menschen) oder das GJW (Gemeindejugendwerk). Letzteres ist auch für das Jungscharlager in Bergwitz Träger, genauer der Landesverband Niedersachsen-Ostwestfalen-Sachsen-Anhalt mit Sitz in Hannover. „Kindern im Alter von 9 bis14 Jahren wird in Zeltlagern, wöchentlichen Treffen und vielen Outdoor-Aktivitäten ein Erleben in der Gruppe angeboten, in dem sie die gute Nachricht von Jesus Christus in Bezug zu ihrem Alltag verstehen können. Die Arbeit ist offen für Jungen und Mädchen, die nicht zur Kirche oder Gemeinde gehören. Damit den Kindern eine adäquate Orientierung für ihr Leben und Hilfe bei der Entwicklung ihrer Persönlichkeit gegeben werden kann, werden sie in die Planung und Durchführung aller Aktivitäten mit einbezogen. Ein wichtiges Ziel ist auch die Befähigung zur Eigentätigkeit“, heißt es zur Erklärung im Netz.
Mehr auch im Internet unter www.bergwitzlager.info (mz)