Jubiläum im Wittenberger Tierpark Jubiläum im Wittenberger Tierpark: Tierischer Trubel

Wittenberg - Die Kolkraben waren die ersten Tierparkbewohner 1928. In den Schießscharten der früheren Kasematte fanden sie eine neue Wohnstatt und bildeten den Nucleus des Wittenberger Tierparks. 90 Jahre später toben sich an dieser Stelle muntere Erdmännchen aus - und stehlen dem Oberbürgermeister die Schau.
Jedenfalls hat Torsten Zugehör das Empfinden, dass sich die Gäste beim Jubiläumsfest mehr für das Treiben der Tiere als für sein Grußwort interessieren. Aber er stellt sich tapfer der Konkurrenz.
Jede Menge Fans
„Der kleinste Zoo Sachsen-Anhalts“, dieses Etikett passe gut zur Lutherstadt Wittenberg, findet der Oberbürgermeister, der schließlich Wittenberg 2017 zur kleinsten Großstadt der Welt ausrief. Nun mag das Reformationsjubiläum mehr internationale Gäste angezogen haben. Fans hat der Tierpark zweifelsohne ebenfalls. Und zwar jede Menge. Schon am Morgen tummeln sich Besucher jeden Alters in den Wallanlage, um mit dem Förderverein des Tierparks gemeinsam den runden Geburtstag zu feiern.
Dem ist es zu verdanken, dass der tierische Trubel in dieser Form überhaupt stattfinden kann. Aus der städtischen Regie entlassen, stand der kleine Zoo Ende der 1990er Jahre vor dem Aus. Wenn denn nicht engagierte Unterstützer 6 000 Unterschriften gesammelt und das Heft des Handelns in die Hand genommen hätten. Allen voran Fördervereinsvorsitzender Peter Nopper, der von Zugehör am Samstag kurzerhand befördert wird: „Ab heute sind sie Zoodirektor.“
Dass Nopper und seine Mitstreiter den Park in den vergangenen 19 Jahren zu einem kleinen Juwel mit breiter Anziehungskraft weiterentwickelt haben, zeigt sich an all jenen, die die Geburtstagsfeier mitgestalten. Vom Förderverein der Phönix Theaterwelt über Tinas Tanzmäuse und die Bläserklasse des Luther-Melanchthon-Gymnasiums bis zu den Freunden des Riemer-Museums sind zahlreiche Institutionen und Vereine mit von der Partie.
Kinder aus der Evangelischen Grundschule haben eine Galerie mit Tierbildern beigesteuert und Achim Kloske aus Bergwitz ist mit seiner Schnitzbude samt hölzernen Hunden und Katzen, nützlichen Pflanzstäben und dekorativen Anhängern angereist.
Einen neuen Förderer gibt es übrigens seit Samstag auch. Klaus Nunweiler hat die Patenschaft für Karpfen Bruno übernommen. Nein, er habe nicht schon an Silvester gedacht, wehrt das Mitglied des Heimatvereins lachend ab. Aber so ein Karpfen habe schon einen entscheidenden Vorteil. „Er widerspricht nicht.“
So pflegeleicht sind die Tierparkbewohner indes nicht alle. Keiner weiß das besser als Wolfgang Paulenz. Als Mitglied im Vorstand des Fördervereins, vor allem aber als Tierarzt kümmert er sich schon lange um das Wohl des Parks und seiner Bewohner, ohne allerdings immer auf Gegenliebe zu stoßen. „Die Schweinsaffen können mich gar nicht mehr leiden“, gesteht er lachend. „Die gehen immer gleich zum Angriff über, wenn ich in ihr Gehege komme.“
Abschrecken lässt sich Paulenz davon ebenso wenig, wie von spektakulären Ausbruchsversuchen. Einem ausgebüxten und hoch in einer Kastanie sitzenden Nasenbären ist er vor einigen Jahren mit Blasrohr und Pfeil zu Leibe gerückt, um ihn zu narkotisieren und wieder zurück zu bringen.
Der Klippschliefer hat ebenfalls schon einmal das Weite gesucht. Im Allgemeinen scheinen sich die Bewohner aber durchaus wohl zu fühlen, die heimischen wie die exotischen. Es sei eben diese Mischung aus Region und weiter Welt, die den Reiz des kleinen Wittenberger Tierparks ausmachten, findet Torsten Zugehör.
Konzert der Sittiche
Das sieht Ole Müller kaum anders. Der Sechsjährige kommt oft mit seinem Vater hierher. Seine Lieblingstiere: „Pfau und Otter“. Während Kinder, Eltern und Großeltern das bunte Programm genießen, bleiben die meisten Tiere eher ungerührt. Als die Bläserklasse ihr Ständchen bringt, lauschen alle, außer den Sittichen. Sie lassen ein zwitscherndes Parallelkonzert erklingen.
(mz)

