Jubiläum bei Kleingärtnern Jubiläum bei Kleingärtnern: Fest mit Luther-Apfel

Wittenberg - „Kleingärten sind öffentliches Grün ohne öffentliche Mittel.“ Dieser Satz, gesagt vor 20 Jahren anlässlich des sachsen-anhaltischen Tags des Gartens in der Wittenberger Kleingartenanlage „Am Stadtgraben“, gilt heute immer noch. Von einer „kleinen Oase“ spricht auch Klaus Nunweiler, der hier seit drei Jahren der Vereinsvorsitzende ist. An diesem Sonnabend feiert das Areal sein 70-jähriges Bestehen als Gartenanlage.
109 Gärten in der Größe zwischen 200 und 400 Quadratmeter gibt es am südöstlichen Rand der Wittenberger Altstadt. 114 Mitglieder zählt der Verein, der inzwischen recht international aufgestellt ist. „Wir haben keinen Leerstand“, betont Nunweiler. Gleichwohl würden einige wenige Gärten etwas mehr Pflege benötigen, räumt er ein. Doch wo fleißige Hobbygärtner ihre Hand anlegen, ranken derzeit Kürbispflanzen, locken Erdbeeren und färben sich die Kirschen.
Dass sich hier einst Festungsanlagen, vor allem ein sehr breiter Graben befanden, ist heute kaum noch jemandem bewusst. Lediglich der Teich in der Mitte, von außen mehr zu erahnen, ist ein Zeichen der Geschichte. Nach der Entfestigung der Stadt wurde hier jahrzehntelang aufgeschüttet, um das Gelände zu befestigen. Ob damals schon jemand an die Anlage von Gärten gedacht hat, ist unbekannt. Flächen für Selbstversorger waren vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg gefragt.
„Am 15. Juni 1948 gab es vom Rat der Stadt die Genehmigung für die Anlage“, nennt Klaus Nunweiler den wichtigsten Eckpfeiler aus der ansonsten kaum dokumentierten Geschichte. „Die ersten Gärtner waren Bürger und vor allem Vertriebene, die in Zeiten der Lebensmittelkarten alles dafür gaben, hier auf einer Müllhalde Gärten anzulegen. Sie karrten Erde heran und mussten oftmals sogar Spitzhacken einsetzen, um in den Boden zu kommen“, heißt es auf der vereinseigenen Internetseite über die Anfangsjahre.
Wie es am Wittenberger Stadtrand aussah, dokumentiert eine kleine Ausstellung des Heimatvereins, die in 18 Fotos die Veränderungen zeigen. Vom schier endlosen Festungsgraben um 1880, über den vom Wall der Bastion Donnersberg her noch früher drohend die Kanonen ragten, über Bilder der Brachfläche bis zu den ersten Parzellen haben Elke Hurdelbrink und Udo Rocktäschel einige seltene Ansichten aufgetrieben.
Cornelia Kirsch hat einige Aufnahmen ihres Vaters beigesteuert, der diese Anfang der 50er Jahre gemacht hat. Und Bodo Beuster hat 1990 noch einen Rest der früheren Festungsmauer im Bild dokumentiert.
Anlässlich ihres Jubiläums feiern die Kleingärtner ein Sommerfest, zu dem auch Gäste willkommen sind. Denn „es sind öffentliche Wege, die durch die Anlage führen. Auch der Teich, ein Rest des Stadtgrabens, gehört der Stadt“, so Nunweiler. 11 Uhr beginnt am Sonnabend die Feier mit Angeboten für die Jüngsten. Im Vereinshaus wird 14 Uhr die Ausstellung eröffnet, 15 Uhr weiht Pfarrer Joachim Zirkler den Apfelbaum in der Nähe des Pumpenhauses. „Unser Lutherapfel“, nennt ihn Klaus Nunweiler. Mit Kaffee und Kuchen, Leckerem vom Grill und einem Clown geht es auf der großen Wiese weiter.
So eine Feier ist schon die Ausnahme. „Sinn und Zweck ist die Gartenarbeit, nicht das Feiern“, so der 60-jährige Vorsitzende. Darauf werde geachtet, denn die Anlage genießt schließlich den Schutz des Bundeskleingartengesetzes. „Wir zahlen noch heute 4,5 Cent pro Quadratmeter. Was heißt, dass so ein Garten im Jahr inklusive Strom und Wasser bis zu 150 Euro kostet.“ Die Trockenheit in diesem Frühjahr hat den Wasserstand des Teiches übrigens um einen halben Meter sinken lassen. (mz)
