Initiative des Lions Club in Wittenberg Initiative des Lions Club in Wittenberg: Man ist nie zu alt

Wittenberg - Eine E-Mail zu öffnen oder eine Bildnachricht zu verschicken ist für manche Senioren eine schwierige Aufgabe - von Onlinebanking zu schweigen. Da scheitert es schon an Handgriffen wie dem Anstellen eines Smartphones oder am Finden der Lautsprechertaste. Unübersichtlich angeordnete Apps können leicht für Verwirrung sorgen.
In der Piesteritzer Begegnungsstätte „denkMal-Oase“ am Schillerplatz wird daher seit kurzem auf Digitalisierung gesetzt. Bislang saßen die Senioren hier an alten Holztischen und spielten „Canasta“ und „Mensch ärgere dich nicht“. Doch seit ein paar Wochen befinden sich Laptops und Tablets auf den Spieltischen. Willkommen im Computerclub der Rentner!
„Ein ungewohntes Bild“, sagte Evelin Kayser, Leiterin der denkMal-Oase. „Mein ursprüngliches Konzept war es, ältere Menschen vor der Einsamkeit zu bewahren. Hier sollten sie einen Ort haben, um sich zu treffen und zu spielen.“Aus dem anfänglichen Seniorentreffpunkt entwickelte sich dann durch Unterstützung des Wittenberger Lions-Clubs die Initiative „Gemeinsam gegen einsam - auch online“. Dies soll helfen, Rentnern die „Geheimnisse“ des Internets und der Online-Welt zu erklären.
Jugendliche des Leo-Clubs, dabei handelt es sich um den Lions-Nachwuchs, haben in den vergangenen Wochen Laptops, Tablets und Smartphones vorbereitet, um den interessierten Senioren aus Wittenberg die Handhabung der Geräte zu erläutern. „Uns ist es wichtig, dass auch ältere Menschen den Umgang mit digitalen Geräten beherrschen. Für meine Generation ist das kein Problem, da wir mit der Technik aufgewachsen sind. Aus dem Grund wollen wir helfen“, erklärte die 18-jährige Michelle Kanold, Präsidentin des Leo-Clubs.
Sie betonte darüber hinaus, dass es auch für die Jugendlichen eine besonders positive Erfahrung sei, ein generationsübergreifendes Projekt zu leiten - und das zwei Jahre lang, mit Rückendeckung des Lions-Clubs.
Dessen Präsident Klaus Eckert zeigte sich begeistert von der Senioren-Online-Initiative. „Wir fördern mit diesem Projekt einerseits die Arbeit der denkMal-Oase, die sich seit fünf Jahren ausschließlich durch Spenden und den Einsatz des Gründerehepaares Evelin und Manfred B. Kayser finanziert. Andererseits ermöglichen wir unseren Leos, ein anspruchsvolles Vorhaben umzusetzen - und das in einer Zeit, in der Einsamkeit im Alter zu einem immer größeren Problem wird.“
Dem kann Hasso Stopp aus Wittenberg-Piesteritz nur zustimmen. Der 68-Jährige lebt allein und gehört deshalb zu den Stammgästen der denkMal-Oase. Von dem neuen Projekt ist der Piesteritzer sichtlich angetan. „Ich habe selbst einen alten Laptop. Zum Solitaire-Spielen reicht es, aber dann hört es bei mir schon auf.“
Caroline Gößling und weitere Mitglieder des Leo-Clubs nahmen sich gleich der Aufgabe an. „Schau mal, wo kommst du nicht weiter? Wie man ins Internet kommt, weißt du sicherlich“, fragte die Gymnasiastin den Rentner. Daraufhin antwortete dieser mit einem schiefen Grinsen und Fragezeichen auf der Stirn.
Ähnlich wie Hasso Stopp ergeht es auch vielen anderen Senioren der denkMal-Oase. Die 71-jährige Bärbel Lieder hat ebenfalls ein kleines Problem mit der Technik. In ihrer Hand hält sie ein weißes Samsung-Gerät. „Ich habe hier mein kleines Smartphone und ich frage mich, wie ich jetzt die Fotos davon auf den Computer bekomme.“
Für den Helfer Elias Quast ist das ein Klacks. „Das ist ganz einfach. Komm, ich zeige es dir. Du musst nur mit Hilfe des Ladekabels dein Handy an den PC anschließen und dann auf ,Fotos einspielen‘ drücken. Siehst du, ist doch ganz einfach.“
Die Leiterin der denkMal-Oase Evelin Kayser beobachtet voller Freude das Engagement und die Hilfsbereitschaft der Jugendlichen. „Genau so habe ich mir das vorgestellt. Diejenigen, die Fragen zu ihren technischen Geräten haben, kommen auf die Jugendlichen zu. Alle anderen spielen wie gewohnt ihre Brettspiele.“ Und vielleicht gibt es bald auch einige Rentner, die auf ihrem Laptop „Mensch ärgere dich nicht“ spielen können. A(mz)