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In Wittenberg geborene Künstlerin In Wittenberg geborene Künstlerin: Ausstellung mit Werken von Else Hertzer ist für 2016 geplant

Von Mathias Tietke 23.10.2015, 08:22
Auch das Bild „Landsturm schaufelt Schützengräben“ stammt von Else Hertzer.
Auch das Bild „Landsturm schaufelt Schützengräben“ stammt von Else Hertzer. tietke Lizenz

wittenberg - Die in Wittenberg geborene und aufgewachsene Künstlerin Else Hertzer, deren umfangreiches Werk in der Öffentlichkeit wenig bekannt ist und immer noch unterschätzt wird, kehrte nach ihrem Umzug nach Berlin im Jahr ihrer Heirat 1909 regelmäßig in ihre Geburtsstadt zurück. Mitunter weilte sie für längere Zeit in Wittenberg.

Bereits im Februar hatte Autor Mathias Tietke, von dem 2015 auch das Wittenberg-Buch „Die 99 besonderen Seiten der Stadt“ erschien, über das Leben der Else Hertzer berichtet. Nun hat Tietke erneut Archive gesichtet - und die MZ wird in lockerer Folge seine „Neuentdeckungen“ vorstellen. Unter anderem wird es demnächst um Hertha Georgi von Sternburg gehen. Auch sie war Künstlerin - und im Übrigen eine Zeitgenossin von Else Hertzer.

Während ihrer vom Expressionismus geprägten Schaffensphase hielt Else Hertzer 1924 in einem Saal der Melanchthonschule einen Vortrag über die „Deformation in der Kunst“, womit die Umwandlung einer Naturform in die Kunstform gemeint war. Deformation wurde von ihr in Bezug auf ein Kunstwerk positiv gedeutet. Im Zeitungsbeitrag vom 24. Mai 1924, der den Vortrag ausführlich würdigte, wurde gleich zu Beginn festgestellt, dass Hertzer den Wittenbergern durch ihre bereits mehrfach und aktuell erneut ausgestellten Werke bekannt sein dürfte.

Der Stellenwert insbesondere ihrer frühen Schaffensphase lässt sich gut durch eine Aussage der Kunsthistorikerin Carola Muysers ablesen. 1991 schrieb diese in einem Brief an den Rechtsanwalt Otfried Dyroff: „Else Hertzer hat viel qualitätsvoller und viel ,avantgardistischer’ gearbeitet als die viel gepriesene [Gabriele] Münter“.

Beschäftigung mit Cranach

In den Jahren 1942 und 1943 gestaltete Hertzer im Auftrag der Stadt vier Wände des östlich vom Lutherhaus gelegenen Bunkers mit vier Phasen der historischen Entwicklung Wittenbergs: die Zeit der Askanier, die wettinisch-ernestinische und die wettinisch-albertinische Linie sowie das Preußische Wittenberg. Hierzu verfasste sie auch eine mehrseitige schriftliche Abhandlung. Als sie 1942 mit der Arbeit an den Wandbildern in der Technik fresco secco begann, hielt sie erneut einen Vortrag, dieses Mal im „Wittenberger Hof“. Das Thema war nun „Lucas Cranach und die künstlerischen Fragen seiner Zeit (1472 bis 1553)“.

Veranstalter des Vortragsabends war der „Verein für Heimatkunde und Heimatschutz“. Hertzer beschrieb in ihrem Vortrag die für Cranachs Zeit „neuen“ Probleme der Malerei, insbesondere die der Perspektive, die Wirkung von Licht und Schatten sowie das Studium und die Anwendung der Anatomie. Sie ging zudem auf den Einfluss italienischer Künstler wie zum Beispiel Jacobo de Barbari auf Cranach ein und zeigte am Ende ihres Vortrags eine Reihe Cranach’scher Porträts. Wenige Tage nach diesem Vortrag trat übrigens die Tänzerin Gret Palucca in Wittenberg auf, was im „Wittenberger Tageblatt“ vom 30. November ebenfalls mit einem längeren Kommentar gewürdigt wurde und insofern bemerkenswert ist, da Palucca 1939 von den Nationalsozialisten Tanzverbot erhalten hatte.

Mit Cranach befasste sich Else Hertzer nochmals 1944. Das vom Reichskonservator beauftragte Thema lautete „Eine Giebelvisierung von Lucas Cranach und der Versuch einer bauhistorischen Untersuchung des Wittenberger kurfürstlichen Schlosses“.

Sammlung von Hertzers Werken

Hierzu verfasste sie zwölf Textseiten, die sich möglicherweise im Wittenberger Ratsarchiv befinden, was wegen des bevorstehenden Umzugs noch nicht abschließend geprüft werden konnte. Sicher ist jedoch, dass die Städtischen Sammlungen der Lutherstadt Wittenberg eine ganze Reihe von Hertzers Werken besitzen und in diesem Jahr drei Grafikmappen erworben wurden. Hierzu gehört u. a. ein großformatiger Zyklus mit Radierungen zum biblischen Thema der „Genesis“.

Kürzlich entdeckt wurde eine „Wittenberg“-Mappe mit mehr als 30 Farbarbeiten, auf denen Hertzer die Situation des Jahres 1945 verarbeitet hat: die Zerstörung der Stadt, die Ankunft der Flüchtlinge und mehrere Porträts indischer [sic!] Kriegsgefangener. Eine Ausstellung mit einer Auswahl an Kunstwerken verschiedener Schaffensperioden von Else Hertzer ist für Ende 2016 geplant.