Hauptbahnhof Wittenberg Hauptbahnhof Wittenberg: Der grüne Neubau ist eröffnet
Wittenberg - „Das war nicht so ein großer Bahnhof“, sagt Eberhard Meyer, ein paar Reden von Funktionären, das war’s. War halt eine karge Zeit, damals 1945/1946, als Meyer ein Bub und der Wittenberger Bahnhof zuletzt eröffnet worden war, nach den Bomben- und Brandschäden des Krieges.
Meyer, mittlerweile 80 Jahre alt, ist einer von mehreren 100 Wittenbergern und Gästen, die sich an diesem überraschend nasskalten Vormittag auf der Westseite des Hauptbahnhofs eingefunden haben, um das zu feiern, was Bahnvorstand Ronald Pofalla, einer der redenden Funktionäre von heute, später „das kleine grüne Meisterstück“ nennen wird - die „Green Station“, das neue Empfangsgebäude der Deutschen Bahn in Wittenberg, das seit Freitag nun auch offiziell eröffnet ist. Mit großem Bahnhof übrigens.
Immer muss sich das Neue mit dem Vergangenen messen lassen, so ist er wohl, der Mensch. In diesem Fall kommt das Neue ausgesprochen gut weg und das nicht nur bei den Pendlern, die nun nicht mehr frieren müssen auf zugigen Bahnsteigen - nicht immer ist die große Anzeigentafel nämlich so strahlend blau wie am Feiervormittag, da kein einziger bewegter weißer Streifen das Übel aller Bahnübel anzeigt: Verspätung. Auch Pofallas ICE von Berlin, Ankunft 9.07 Uhr, war superpünktlich.
Den einen freut die Architektur - „Retro-Design“ hat Peter Pajak von der Marketing-Gesellschaft ausgemacht - andere, zum Beispiel Stadtführer Rudolf Kaufhold, betonen die besseren Bedingungen für die Touristen. Und wieder andere, wie etwa die grüne Vielfahrerin Reinhild Hugenroth, sind froh, dass sie hier nun auch ordentliche Sonntagszeitungen kaufen können. Und über die Öko-Ausrichtung sowieso.
„Ich freue mich, dass Wittenberg so etwas Schönes bekommen hat“, sagt Rentnerin und Gelegenheitszugfahrerin Heidemarie Krüger. „Sehr gelungen“ findet auch Fahrgastbeirat Maik Müller das Gebäude, auch weil es Bahn- und Bustickets nun an einem Ort gibt. Müller ist allerdings nicht der einzige, der sich mit etwas Wehmut an das alte Empfangsgebäude erinnert, von dem nur die Keramik zur Eisenbahngeschichte geblieben ist.
Aus der Säule wurde eine Wandtafel - an der sich, bei aller Freude, trefflich diskutieren lässt. Bis der Vorsitzende des Fördervereins Berlin-Anhaltische Eisenbahn einschreitet: DDR? Aber nein! Von 1991 datiert das Kunstwerk, ein Appelt-Lillack, in Auftrag gegeben anlässlich 150 Jahre Eisenbahngeschichte in Wittenberg, korrigiert Michael Jungfer Erinnerungen.
Im Umfeld der „Green Station“ ist die Baustelle über Nacht deutlich geschrumpft, auch mit dem Asphalt für die Vorfahrt hat es noch geklappt. Die geschützten Fahrradboxen sollen laut Stadt ab Anfang 2017 und per Chip genutzt werden können.
Nebenan die Ladestation für E-Autos ist bereits in Betrieb. Verschwunden sind die Baugitter am ZOB, wo nur noch wenige Ausstattungsteile fehlen, etwa die neue Anzeigentafel und Bäumchen in Kübeln. Und über die neue Promenade kommt man nun bequem hinein in die Stadt und retour. Gut aufgestellt sieht sich unterdessen Dietmar Klingner. Er habe früh genug angefangen mit seinem Coffeebike, um dank Stammkundschaft zu bestehen gegenüber dem neuen Bäcker gegenüber. (mz)