Grundschule Nudersdorf Grundschule Nudersdorf: Eltern als Störenfriede bei Zeugnisausgabe

Wittenberg - Es war an der Grundschule Nudersdorf eine schöne Tradition: Die Eltern wohnten in den vierten Klassen der feierlichen Zeugnisausgabe bei und anschließend wurde auf dem Sportplatz zum Abschluss der Grundschulzeit eine Party gefeiert. Das ist nun vorbei. Künftig dürfen die Mütter und Väter ihre Schützlinge nur noch an der Schultür in Empfang nehmen.
Eltern, die jahrelang bei Arbeitseinsätzen tatkräftig zupackten, werden von einem der feierlichsten Momente ihres Kindes ausgeschlossen. „Es gibt keine neuen gesetzlichen Regelungen“, sagt Silke Stadör, „die ein Verbot aussprechen.“ Für die Pressesprecherin des Landesschulamtes stellt sich der Fall Nudersdorf etwas anders dar: „Die Eltern wollten die Zeugnisausgabe in den Nachmittag oder Abend verlegen“, so Stadör. Und nur das sei abgelehnt worden.
Für Birgit Freihube ist der Ausschluss der Eltern bei einer Zeugnisausgabe unvorstellbar. „Sie findet bei uns im feierlichen Rahmen mit den Müttern und Vätern statt“, sagt die Direktorin der Evangelischen Gesamtschule Wittenberg. Die Einheit zwischen Schule und Eltern sei ein wesentlicher Punkt des Schulkonzepts. „Auch deshalb entscheiden sich Eltern, aber auch Lehrer für uns“, sagt die Direktorin. „Wir bauen keine Mauern auf und haben einen sehr engen Kontakt zu den Eltern“, so Freihube. Debatten von Lehrerinnen im Internet, die Erziehungsberechtigte als Störenfriede ausgemacht haben, bezeichnet die Expertin als „eigenartig“.
Die Direktorin Angela Eißner dagegen betont: Zeugnisausgabe ohne Eltern sei „übliche Praxis“. Das bestätigt auch Simone Weber. „Vertreter des Elternrates dürfen aber teilnehmen“, erklärt die Vorsitzende des Kreis-Gremiums. Darüber hinaus gebe es das Recht, im Unterricht zu hospitieren. „Aber das muss vorher beantragt werden“, so Weber. Keinesfalls lasse sich so eine Teilnahme an einer Zeugnisausgabe erzwingen.
Eine Nachfrage der MZ an Schulen bestätigt: Eltern sind bei der Zeugnisausgabe nicht erwünscht. Allerdings ist ein striktes Verbot wie in Nudersdorf nicht gängige Praxis. „Es gibt Familien, die wollen die erste oder letzte Zeugnisausgabe im Foto festhalten“, sagt eine Direktorin aus dem Südkreis. „Wir sprechen darüber und bieten Lösungen an“, so die Schulleiterin.
Aber gerade Zeugnisausgaben seien sehr sensibel. So müssen schon gewisse Dinge angesprochen werden. Die Worte müssen aber so verpackt werden, dass sie Schülern nicht wehtun oder diese gar entmutigen. Die Anwesenheit von Eltern erschwere die Aufgabe.
Klartext sprechen Grundschullehrerinnen bei Lehrerforen.de. Sie nutzen die Anonymität des Internets. „Die Eltern haben bei der Zeugnisausgabe nichts zu suchen. Zumal man in der letzten Schulwoche sowieso noch so viel zu erledigen und aufzuräumen hat, dass die Eltern da nur stören würden“, schreibt Shadow.
„Ich möchte aus unterschiedlichen Gründen lieber mit meiner Klasse alleine sein“, räumt Mona ein und empfiehlt folgende Argumentation gegen die vermeintlichen Störenfriede: „Das ganze wird zur einer rechtlichen Frage, denn außer den Elternsprechern dürfen Hinz und Kunz dem nicht beiwohnen - aus datenschutzrechtlichen Gründen.“
„Man kann auch gut damit argumentieren, dass ja auch viele Eltern gar keine Zeit haben zu kommen und dass das für die Kinder ohne Eltern dann traurig ist“, so Icke.
Anja82 hält das für ein DDR-Relikt. „Ich erinnere mich, dass meine Mutter dabei war. Und wir waren alle ganz schick gemacht. Anfang der 80 im Osten.“ Und Coachella ist richtig empört:. „Was erwarten die Eltern? Dass ich ein Programm aufführe?“ S
ie schlägt eine Alternative vor: „Warum reicht es nicht, die Kinder am Schultor in Empfang zu nehmen, in die Eisdiele zu düsen und sich einen schönen Tag zu machen?“ So will es Nudersdorf ab sofort handhaben. (mz)