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Groß hilft Klein in Wittenberg Groß hilft Klein in Wittenberg: Katastrophe zum Jubiläum bei TheraVita

Von Michael Hübner 30.05.2020, 07:01
Geschäftsführer Sumio Wehner hatte alles für die Wiedereröffnung von TheraVita bestens vorbereitet.
Geschäftsführer Sumio Wehner hatte alles für die Wiedereröffnung von TheraVita bestens vorbereitet. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Jubiläen ziehen Katastrophen an. Bei TheraVita bricht im zehnten Jahr des Bestehens im Saunabereich ein Feuer aus. Vier Menschen mussten vom Dach gerettet werden, auf das sie geflüchtet waren. Nach Angaben der Polizei, so berichtet die MZ im Januar 2000, beläuft sich der Schaden auf eine Million Mark. Die damaligen Fitness-Studio-Betreiber Michael Bertz und seine Frau nehmen einen Kredit auf und fangen von vorn an.

Re-Start am Donnerstag

Exakt zwei Jahrzehnte später attackiert das Corona-Virus das Unternehmen. Sumio Wehner, beim Großbrand noch Angestellter und seit 2011 der Chef, will auch diese Herausforderung meistern. Seit Donnerstagnachmittag ist nach der behördlichen Zwangsschließung am 17. März - seit dem gibt es vor allem laufende Kosten - wieder geöffnet. Die Situation war für das kleine Unternehmen dramatisch.

Der Geschäftsführer schickt sein Team in Kurzarbeit und zahlt fürs Personal die Differenz zum eigentlichen Netto dazu. Der Geschäftsführer selbst bleibt sieben Tage die Woche im Einsatz, führt Sanierungsarbeiten durch und frischt sein Haus auf. „500 Kilogramm Farbe habe ich verarbeitet“, erzählt er und verfolgt die bundesweiten Debatten um Lockerungen. Nordrhein-Westfalen und Hessen haben ihre Fitnessstudios längst wieder geöffnet.

Sachsen-Anhalt kann in die Kategorie Nachzügler eingeordnet werden. Doch Kritik gibt es vom Unternehmer kaum. „Ich möchte zur Zeit kein Politiker sein“, sagt er. TheraVita hat bei der Aktion „Groß hilft Klein“, bei der die Stickstoffwerke Piesteritz Geld an durch die Corona-Krise in Schieflage geratene Unternehmen vergeben haben, 7.500 Euro erhalten. Jede Summe helfe, die Schließzeit zu überbrücken, so Wehner.

Der Re-Start wird gemeistert. Durch die Verträge (übrigens „keine Langzeit“) sei die Nachverfolgung der Besucher kein Problem. „Wir haben ein familiäres Klima“, so der Chef. Auch das Einhalten der Abstandsregeln sei keine Schwierigkeit. Die Geräte werden auf der Fläche von 850 Quadratmetern zeitgleich von fünf bis maximal 40 Sportlern genutzt. Ohne Schwierigkeiten stehe jedes zweite Gerät zur Verfügung. Die Säuberung nach der Benutzung durch die Sportler sei selbstverständlich.

Dagegen dürfen Sauna und Umkleide nicht wie sonst gewohnt benutzt werden. Im gesamten Haus bestehe darüber hinaus Maskenpflicht. „Aber nicht beim Trainieren“, fügt Wehner hinzu. Trotzdem rechne er nicht mit einem Ansturm und erwartet normale Besucherzahlen erst im Herbst.

Dabei ist TheraVita alles andere als eine „Muckibude“. Der 45-Jährige will mit „therapeutischem Training mit speziellen Konzepten“ überzeugen. Der Experte hat ein Rezept für die Volkskrankheiten wie Diabetes oder Bluthochdruck. Aber auch bei orthopädischen oder kardiologischen Problemen könne Sport eine gute Wahl sein.

Gerade das Stärken des eigenen Immunsystem sei besonders in diesen Tagen sehr wichtig, betont der Experte, der auch als Dozent unterwegs ist. Sporttreiben stärke nicht nur den Körper, es helfe auch, die Folgen von Stress durch Home-Office und Kontaktverbote abzubauen. „Soziale Kontakte sind wichtig“, so Wehner.

An der Fassade seines Unternehmens wird mit dem Spruch „vom Arzt verordnet und von der Krankenkasse bezahlt“ geworben. Patienten seien „schneller schmerzfrei. Beschwerden können gelindert“ werden. Versprochen werden „mehr Beweglichkeit, ein besseres Gleichgewicht, mehr Kraft und Vitalität“. Dazu stehen chipkarten-gesteuerte - also individuell eingerichtete - Geräte bereit. Aber das war es schon in Sachen Marketing.

Viel mehr als Reha-Sport

„Wir leben von der Mund-zu-Mund-Propaganda und werben nicht mit Öffnungszeiten oder Preisen. Wir wollen mit Leistung und Qualität überzeugen“, sagt der Geschäftsführer, der die Ausrichtung auf den so genannten Reha-Sport für richtig hält. Aber sein Haus biete viel mehr und für jeden etwas. „Bei uns sind auch junge Sportler, ist jeder herzlich willkommen“, betont Wehner.

Am 8. September gibt es dann einen Grund zum Feiern: der 30. Geburtstag. „Wir werden nicht auf die Pauke hauen“, kündigt Wehner an. Es sei nichts Konkretes geplant. Vielleicht gibt es eine kleine Feierstunde mit den Stammkunden. Vor zwei Jahrzehnten zum kleineren Jubiläum war TheraVita nach dem Brand noch nicht wieder eröffnet. (mz)