Generationswechsel bei Feldbinder Generationswechsel bei Feldbinder: Risiko nicht gescheut
Wittenberg - Otto Feldbinder verschlug es fast die Sprache. Zwar hat er sich mit Jan-Dirk Beckmann bereits zum 1. April aus der Geschäftsführung der Feldbinder Spezialfahrzeugwerke GmbH zurückgezogen.
Doch nach der offiziellen Verabschiedung von den Mitarbeitern in Winsen an der Luhe sagten die Unternehmensgründer am Donnerstag auch im Wittenberger Werk den knapp 500 Mitarbeitern Tschüss. Und das war ein durchaus emotionaler Moment für den 78-Jährigen.
Manchmal fehlen Worte
„Ich komme ohne Stock her, nicht dass ihr denkt, ihr hättet einen alten Chef“, scherzt er. Und muss nach einem „Es war schön“ eine lange Pause machen. 1975 hatten beide in Winsen mit drei Mitarbeitern ihr Unternehmen aus der Taufe gehoben. „Wir hatten fast kein Geld, aber gute Ideen“, erinnert sich Jan-Dirk Beckmann, heute 72 Jahre.
„Wir wollten den Nutzlastverkehr auf ein neues Level heben.“ Dann kam die Wende, und der Apparate- und Chemieanlagenbau (ACA) mit der Produktionsstätte für Druckbehälter stand zum Verkauf durch die Treuhand. Die Unternehmer griffen zu.
„Das ging eigentlich über unsere Leistungsfähigkeit“, so Feldbinder senior heute über das Risiko. „Doch wir haben es geschafft dank treuer Kunden und der Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter hier.“ Die hohen Hallen und schweren Kräne des früheren ACA mit seiner Schienenanbindung brachten die Erweiterung auf die Verarbeitung von VA-Stahl für Flüssigkeits- und Silowagen, erst für die Straße, Ende der 1990er Jahre auch auf der Schiene.
„Herzblut und Leidenschaft“ bescheinigte der Betriebsratsvorsitzende Jörg Bauer seinen scheidenden Chefs, die rund 20 Millionen Euro in die Modernisierung und Erweiterung des Wittenberger Werks gesteckt haben. Das Unternehmen sei einer der größten Arbeitgeber der Region Wittenberg. Gespräche seien immer sehr sachlich und menschlich geführt worden.
Wie verabschiedet man Firmengründer angemessen? Vor dieser Frage stand auch Peter Boost, Betriebsleiter in Wittenberg. Wie jeder andere in den Ruhestand gehende Mitarbeiter erhielten sie ein Feldbinder-Produkt im Mini-Format mit der Jahreszahl ihrer Zugehörigkeit. Boost zollte den Gründern großen Respekt, eine Firma zu gründen und deren Gestaltung zu einer Lebensaufgabe zu machen. Immer war das Vertrauen in die Leistung der Mitarbeiter da.
Künftig werden sich vier Geschäftsführer, die bereits reichlich Erfahrung im Unternehmen gesammelt haben, die Arbeit teilen. Es ist, so die firmeneigene Mitteilung, die „Generation 2.0“. Olaf Feldbinder leitet den Vertrieb, Dirk Feldbinder den kaufmännischen Bereich.
Nina Lorea Kley übernimmt neben der Personalleitung unter anderem das Qualitätsmanagement und Marketing. Die Aufgaben von Wolf-Dietrich Kley umfassen unter anderem Konstruktion, Produktion und Einkauf.
Gutschein für Kantine
Für ihr Geschenk an die Unternehmensgründer haben sie sich etwas Geschmackvolles einfallen lassen. Neben einem Handwagen mit regionalen Produkten haben Otto Feldbinder und Jan-Dirk Beckmann je einen Gutschein für lebenslange Verköstigung in „Elkes Kantine“ erhalten.
„Gut dass wir sie nicht zugemacht haben“, finden die so Beschenkten, die jeder ein Leibgericht in der Kantine auf dem Firmengelände haben. Für Otto Feldbinder ist das praktisch, er ist nämlich nun Wittenberger und hat es zum kostenlosen „Mittagstisch“ nicht mal allzu weit.
„Wir Alten sagen heute Danke“, verabschiedeten sich die Gründer von der Belegschaft mit einem Fest. Jan-Dirk Beckmann nickt seinem Geschäftspartner zu: „Jetzt haben wir’s gepackt.“ (mz)