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Erlebnisbahner wieder unter Dampf

Von Dirk Skrzypczak 10.01.2007, 17:32

Zschornewitz/MZ. - Wohl noch nie war ein Wirtschaftsausschuss in Zschornewitz so gut besucht. Nahezu der komplette Gemeinderat, dazu Gäste aus Gräfenhainichen, drängelten sich an der langen Tafel in der Sportlerklause. Aus gutem Grund. Wolfgang Vorpahl, Vorsitzender des Ferropolis Bergbau- und Erlebnisbahnvereins (FBE), stellte erstmals in der Öffentlichkeit detailliert seine Pläne für die alte Elektroschmelze in der ehemaligen Industriegemeinde, die frühere Grubenbahnstrecke sowie den Standort Ferropolis vor. Und stieß, so viel vorweg, mit seinen Ideen auf breite Zustimmung bei den anwesenden Volksvertretern.

"Die Attraktivität von Ferropolis hat spürbar nachgelassen. Die Seenlandschaft Goitzsche ist drauf und dran, uns den Rang abzulaufen", zeigte sich Vorpahl anhand der eigenen Besucherzahlen besorgt. Nur noch knapp 8 000 Gäste habe das Schienenfahrzeugmuseum in der Stadt aus Eisen in 2006 gezählt, ein Fünftel der Bilanz von vor sechs Jahren. "Es muss etwas passieren", forderte der Vereins-Chef und präsentierte mit einem Projektentwickler aus Bad Düben die "Konzeption für die Betreibertätigkeit der Erhaltungs- und Vernetzungs gGmbH Zschornewitz EVG".

Vor allem bei Sanierung und Neugestaltung der alten Elektroschmelze in Zschornewitz als künftigen Standort für eine Art Eisenbahn-Erlebnispark soll sich die gGmbH bezahlt machen. "Allein 320 000 Euro werden in diesem Jahr in die 4,5 Hektar große Fläche investiert. Da der Aufwand gewaltig ist, bietet sich für die Umsetzung aller Maßnahmen die Aufteilung in vier bis sechs Jahresscheiben an", berichtete Vorpahl. Das habe man mit dem Landesverwaltungsamt in Halle abgestimmt.

Ohne eine kommunale Beteiligung an der anvisierten gGmbH liege die Förderhöhe lediglich bei 40 Prozent. "Mit den Gemeinden steigt sie fast auf das Doppelte", rechnete Wolfgang Vorpahl vor. 26 Prozent Stimmenanteil sollen zunächst nur an Zschornewitz (zehn Prozent), Burgkemnitz und Möhlau (jeweils acht) abgetreten werden. Mit 48 Prozent wäre der Erlebnisbahnverein im Spiel. Vorpahl will zudem persönlich in das "Konsortium" einsteigen.

Beschlüsse der Gesellschaft können laut Satzungsentwurf nur mit einer Zweidrittel-Mehrheit gefasst werden. Auf diese Weise bliebe, erläuterte Projektmanager Dieter Schneider, "die Sperrmodalität für die Kommunen erhalten". Doch zunächst muss Vorpahl die ausgewählten drei Gemeinden von seinem Weg überzeugen. Gespräche in Möhlau und Burgkemnitz sind bis zum 15. Januar vorgesehen. Das Problem ist der zeitliche Rahmen. Bis Mitte März muss sich nach seinen Angaben die gGmbH in Gründung befinden, "sonst wird es mit der höheren Förderung nichts mehr in diesem Jahr".

Die Zschornewitzer hat er offenbar schon auf seiner Seite. "Wir müssen Mut zum Risiko aufbringen und kluge Entscheidungen fällen. Der Eisenbahnverkehr ist eine wirtschaftliche Chance für die Region", warb Bürgermeister Günter Gröbner (Linkspartei.PDS). 2 500 Euro müsste Zschornewitz für seine zehn Prozent an der gGmbH aufbringen. Das von Gröbner zitierte Risiko scheint damit zunächst überschaubar zu sein.

Auch SPD-Gemeinderätin Martina Schön ist von einer Allianz überzeugt. "Wir gewinnen und sterben hier gemeinsam. Das Schienennetz verbindet die Region und verknüpft uns." Die Wirtschaftsausschuss-Vorsitzende machte zudem keinen Hehl daraus, "dass Gräfenhainichen bei diesen Planungen mit an den Tisch gehört".

Er habe nichts dagegen, erwiderte Vorpahl, werde aber "keiner Kommune nachrennen". Seit Jahren negiere man in Gräfenhainichen den Erlebnisbahnverein. Petra Kuhnert und Walter Schwiersch, Fraktionsmitglieder der CDU in der Nachbarstadt, wollen nun versuchen, die Risse zwischen Vorpahl und der Stadt zu kitten. Schwiersch warnte außerdem vor einem Alleingang ohne Gräfenhainichen. "Es müssen alle an einem Strang ziehen. Sonst verzettelt man sich wieder." Vorpahl indes will sich in keinen Streitigkeiten mehr aufreiben. Der Anhaltischen Bahn GmbH als Eigentümer der ehemaligen Grubenbahnstrecke hat der FBE ein Kaufangebot für das 30 Kilometer lange Schienennetz unterbreitet.

"Wenn uns die Strecke gehört, dann werden wir auch in die maroden Abschnitte investieren", versichert der Vereins-Chef. Unternehmen in der Region, allen voran der Bahnbedarf Schell aus Möhlau, hätten Interesse an einer Nutzung des Gleiskörpers für Gütertransporte signalisiert. Er bemühe sich, vor der für Anfang Februar anberaumten Verhandlung gegen die Anhaltische Bahn (AB) vor dem Dessauer Landgericht zu einer Übereinkunft mit der AB über den Kauf der Strecke zu kommen, "damit wir uns weitere juristische Auseinandersetzungen sparen können."

Mit dem Ministerium für Landesentwicklung in Magdeburg habe er sich ebenfalls geeinigt. Bis Mitte diesen Jahres soll der gesperrte Abschnitt zwischen Burgkemnitz und Oranienbaum wieder offen sein und der Zugverkehr rollen. Damit sei die Stilllegungsanordnung aus Magdeburg für dieses Teilstück vom Tisch.

Und auch Ferropolis soll nicht leer ausgehen. "Wir wollen den Standort keineswegs aufgeben und bemühen uns um einen Pachtvertrag ab 2008", berichtete Vorpahl, der kommende Woche einen neuen Anlauf diesbezüglich unternehmen will. Geplant sei ein Eisenbahnsommermuseum besonderer Art mit einem Fahrerlebnis in einer 100-Tonnen-Lok: "Nur Technik alleine zu präsentieren, zieht heute nicht mehr."