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Elektrofachbetrieb Thiele in Straach Elektrofachbetrieb Thiele in Straach: Technik für Luxusliner kommt aus Sachsen-Anhalt

Von rainer Schultz 15.07.2015, 09:34
Wie der Vater, so der Sohn. Horst und Jörg Thiele in ihrer Werkstatt in Straach
Wie der Vater, so der Sohn. Horst und Jörg Thiele in ihrer Werkstatt in Straach achim Kuhn Lizenz

Straach - Wer demnächst eine Kreuzfahrt auf der „Aida bella“, „Aida blue“, „Aida luna“, der „Celebrity Equinox“ oder aber auf der „MS Europa 2“ plant, dürfte erstaunt sein. Für die Elektroinstallation der Bühnentechnik dieser Luxusliner steht der Name einer kleinen Elektrofirma aus Straach, der Name von Jörg Thiele.

Der Satz „Handwerk hat goldenen Boden“ wird oftmals strapaziert wird - in diesem Fall darf er zu Recht angewendet werden. Wo stößt man schon hierzulande auf eine Elektrotechnikfirma der dritten Generation!

Als Willy Thiele, der Großvater des heutigen Chefs, 1935 seine Meisterprüfung absolvierte, war nicht abzusehen, in welche Richtung sich sein kleiner Meisterbetrieb einmal entwickeln würde. Der hilfsbereite, freundliche Elektromeister von nebenan galt in Straach als eine Institution. Diesen Ruf wollte Sohn Horst beibehalten. Er trat in die Fußstapfen des Vaters, als er 1962 sein Meisterdiplom empfangen durfte. Inzwischen auf Waschmaschinen und das Wickeln von Motoren spezialisiert, ging das Betätigungsfeld nun weit über die Dorfgrenzen hinaus.

Doch da gab es noch jemanden in der Familie, den Vater Horst gern in seinem Beruf gesehen hätte - nennen wir es Berufsethos oder Familientradition. Wie aber kann man einen jungen Menschen dafür begeistern, der zum Bedauern seines Vaters eher ein Faible für Tiere besitzt, als sich mit Strom- und Schaltkreisen zu beschäftigen? Sohn Jörg schlug erst einmal einen anderen Weg ein. Seine Berufswahl hieß Veterinäringenieur.

Auf Umwegen

Doch was macht ein Veterinäringenieur, wenn die Berufschancen für ihn als frischgebackenem Absolventen ab 1990 gen Null tendieren? Jörg Thiele steckte nicht den Kopf in den Sand, sondern blickte nach vorn. „Mein Vater gab mir den Rat einfach umzuschulen. Elektriker sei doch ein ehrbarer Beruf. Nicht immer hörte ich bisher auf meinen Vater, doch in diesem Fall tat ich wohl das einzig Richtige. Mit 31 Jahren begann für mich die Umschulung“, blickt der inzwischen 51-Jährige, dankbar für diese „späte“ Entscheidung, zurück.

Was folgt, klingt wie eine Erfolgsgeschichte. Dreieinhalb Jahre berufsbegleitendes Meisterstudium, Übernahme des väterlichen Betriebes und Aufbau eines Netzwerks für die Elektroinstallation von Bühnentechnik. „Schaffe ich das, diese technische Herausforderung anzunehmen?“, fragte sich am Anfang oftmals der junge Thiele. Einige schlaflose Nächte folgten. Die Erneuerung der Bühnentechnik am Schweizer Fernsehfunkhaus Studio 1 in Zürich oder die Installation der Schaltanlagen des Tiroler Landestheaters Innsbruck waren in dieser Phase recht harte Brocken. „Auf junge Mitarbeiter - offen für neue Technik - konnte ich jedoch bauen. Alle waren motiviert“ und der Ehrgeiz tat sein Übriges, beschreibt er seinen Einstieg ins neue Metier.

Einbau auf dem Atlantik

Ein Erlebnis liegt erst wenige Monate zurück. „Innerhalb von elf Tagen mussten wir auf der ,MS Europa 2’, dem teuersten Kreuzfahrtschiff der Welt, 1.500 Meter Kabel während der Überfahrt von New York nach Hamburg verlegen. Ein Einbau auf der Werft war zu kostenaufwendig und hätte den Zeitplan der Reederei Hapag-Loyd verzögert. Uns war es recht. Es sprangen zwei freie Tage an Bord heraus, die wir genossen“, so der Firmenchef. Kleine Anekdoten gibt Jörg Thiele gern zum Besten. „Seit einigen Jahren sind wir auf der Werft in Turku im Einsatz. Zu unseren finnischen Kollegen hat sich ein sehr gutes Verhältnis entwickelt. Kontakte auf Baustellen sind schließlich ganz wichtig“, so Thiele. Unsere mitgeführte Ersatzwährung ,Jägermeister’ hat sich in Finnland schon sehr bewährt. Privat wurden wir schon einige Male zum Saunabesuch eingeladen.“

Derzeit zählt die Firma fünf Mitarbeiter, darunter einen Azubi. Wird es eine vierte Generation Elektrofirma Thiele geben? Die Antwort lautet nein. Die drei Söhne Benjamin (26), Lorenz (23) und Antonius (16) zeigen keinerlei Ambitionen. „Ich bin nicht böse“, sagt Thiele, „es ist ein doch aufreibender Beruf.“ Und ergänzt: „Viel verdanke ich meiner Mutter Christel, meiner Frau Martina und meinem Vater Horst, die mir in schwierigen Situationen oft den Rücken frei hielten.“ - Neuerdings ist der umtriebige Elektromeister Jörg Thiele aus Straach auch Mitgesellschafter der Artthea Bühnentechnik GmbH mit Sitz in Radebeul. Das Bühnentechnik Know-how des jungen Firmenchefs Michael Schwabe ist inzwischen auf allen fünf Kontinenten geschätzt.

Ausgestattet von Fachleuten aus Straach - das Kreuzfahrtschiff „Aida bella“, hier zu sehen in Rostock-Warnemünde
Ausgestattet von Fachleuten aus Straach - das Kreuzfahrtschiff „Aida bella“, hier zu sehen in Rostock-Warnemünde
dpa/Bernd Wüstneck Lizenz