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Einmaleins im Kaffeesatz

Von Dirk Skrzypczak 15.11.2005, 15:48

Wittenberg/MZ. - Die Katze ist aus dem Sack. "Richtig sauer" sei er, knurrt Deddo Lehmann, weil Details über die möglichen neuen Schuleinzugsgebiete im Südkreis nun doch schon durch die Öffentlichkeit schwirren. Dabei störe ihn keineswegs die Transparenz der brisanten Sache. "Wir haben nichts zu verbergen, waren uns im Schul- und Kulturausschuss aber einig, erst die Reaktion des Landesverwaltungsamtes abzuwarten", so der 2. Beigeordnete des Landrates. "Bei dem sensiblen Thema wollten wir die Betroffenen nicht verunsichern. Aber offenbar hat der Landtagswahlkampf schon begonnen."

Bei rechtem Licht betrachtet, verwundert die selbst auferlegte Geheimniskrämerei schon. Die meisten Chancen versprechen sich Verwaltung und Volksvertreter nämlich von einer Variante, die seit Monaten durch die Elbaue geistert. Demnach könnten die Grundschulbereiche Trebitz und Dabrun künftig von Kemberg zur Sekundarschule Bad Schmiedeberg wechseln. Kemberg wiederum würde Verstärkung aus Radis, Schleesen und Naderkau erhalten, die bislang zum Wirkungskreis der Ferropolis-Schule Gräfenhainichen zählten.

In Plus und Minus ergibt sich diese Prognose: Kemberg hätte 2006 / 2007 vermutlich 48 Fünftklässler und insgesamt 328 Schüler in 18 Klassen. Bad Schmiedeberg "erholt" sich leicht auf schätzungsweise 28 Kinder in der Eingangsklasse und 236 Schüler in 13 Klassen. Auch mit den neuen Einzugsgebieten kann die Kurstadt somit die Normen des Landes nicht erfüllen. Stabil bleibt "Ferropolis": 36 Fünfer summieren die Schülerzahl in 21 Klassen auf runde 333.

Die große Unbekannte beim Spiel mit dem Rechenschieber sind die Gymnasien. Durch den erschwerten Zugang zur Oberstufe plant der Kreis grob mit 35 Prozent der Viertklässler, die die Hochschulreife anpeilen. Werden es entscheidend mehr, könnten sich die Kraftverhältnisse zuungunsten der Sekundarschulen verschieben. Natürlich gilt dies auch umgekehrt.

So oder so: Die neue Schulwelt steht auf wackligen Füßen. Momentan weiß offenbar noch nicht einmal das Kultusministerium, ob die Ausnahme zur Regel wird oder nicht. Es gilt nach wie vor die Gesetzlichkeit, die entweder 40 Kinder in der Fünften zur Bildung von zwei Eingangsklassen vorsieht, oder eine Gesamtschülerzahl von mindestens 240 verlangt. Nach erheblichem Druck von der Basis und aus den eigenen Reihen hatte Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz neun Schulen im Land eine Gnadenfrist erteilt und - wie im Fall Bad Schmiedeberg - eine Einzügigkeit bei weniger als 240 Schülern für ein weiteres Jahr toleriert.

"Wir haben gute Argumente. Außerdem betonen Landespolitiker immer wieder, dass es kein weiteres Schulsterben geben darf", so Lehmann. Sollte Böhmers Kabinett aber an seinem Kurs in Bezug auf die genormten Schulgrößen festhalten, "haben wir in einigen Jahren nur noch Sekundarschulen in Jessen, Wittenberg und Gräfenhainichen". Bereits 2006 müsste sich der Kreistag als Schulträger dann auch zwischen Kemberg und Bad Schmiedeberg entscheiden. Das könne niemand wollen, zumal schon heute nicht wenige Kinder durch lange Fahrtzeiten beim Schülertransport "an ihre psychische Belastungsgrenze stoßen".

In den nächsten Tagen will der Kreis seine Vorstellungen über eine mögliche Schullandschaft dem Landesverwaltungsamt mitteilen. Ein Beschluss über veränderte Einzugsgebiete könnte dem Kreistag im Februar 2006 vorliegen. Zuvor dürfte es heute Abend im Schul- und Kulturausschuss allerdings die eine oder andere Debatte über den Sinn von Absprachen geben. Kommentar