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«Die Leute schreien nach Erlösung»

Von Klaus Adam 15.10.2007, 18:07

Berlin/Gräfenhainichen/MZ. - Am späten Freitagabend feiert der Dokumentarfilm "Das Block", gedreht im Gräfenhainichener Poetenweg, seine offizielle Premiere. Die Berliner Volksbühne bietet den Rahmen dafür.

Die vier Protagonisten des fast anderthalbstündigen Dokumentarfilmes konnten ihn bereits zur Vorpremiere im letzten Dezember im Kraftwerk Zschornewitz erleben (die MZ berichtete). Silvio Pforte ist am Freitag als einziger der vier Handelnden zur Premiere gekommen. Wie sieht er den Streifen, ein Jahr nach dessen erster Präsentation? "Ich habe ihn inzwischen schon vier oder fünfmal gesehen, da ich die DVD bekommen habe. Ich kann damit leben", meint er. Immer noch bedauert er allerdings, dass jene Filmsequenzen, die die Protagonisten selbst drehten, keinen Platz in dem Streifen gefunden haben. Der junge Mann hat inzwischen den Absprung aus dem "Block" geschafft, lebt und arbeitet in Halle.

Der Film von Stefan Kolbe und Chris Wright ist in Kooperation mit der Produktionsfirma ma.ja.de sowie 3sat und Arte France entstanden. Deshalb begrüßen die Autoren viele derer, die dem Film den Weg ebnen halfen. Dieses zweite große Werk der beiden jungen Filmemacher ist inzwischen auch auf einigen Festivals gelaufen, in der Schweiz, in Österreich und der Bundesrepublik Deutschland.

Viele der Premierengäste sind durch das Programmangebot der Volksbühne auf den Film aufmerksam geworden. Doch nicht jeder kann mit ihm etwas anfangen. Dass es nur wenige sind, die während der Aufführung gehen, freut die beiden Autoren natürlich. Dennoch tun sich die Zuschauer schwer mit spontanen Äußerungen. Man lerne viel über die Schauspielerei im Alltag, sagt ein junger Mann, der den Film "richtig gut" findet.

Jördis Kühne, deren Eltern in Wittenberg wohnen und die selbst gerade an einem Film arbeitet, fühlt sich voller Emotionen, als sie anschließend im Foyer des Theaters steht. "Die Geschichten gehen alle in eine Einbahnstraße", ist der Eindruck, den sie zuerst formuliert. "Irgendwie trostlos, aussichtslos. Ich kann noch nicht sagen, ob ich das gut finde oder schlecht." Allerdings haben die vier verwobenen Schicksalsstränge bei ihr eine große Spannung aufgebaut. "Die Leute schreien nach Erlösung, auch wenn sie stumm sind."

Die Kamera bleibt den Handelnden stets dicht auf. Da gibt es kein Verstecken, kein Schönfärben. Kein Mainstream, keine leichte Kost. Die Kinos werden sich um den Streifen nicht reißen. So ist Stefan Kolbe froh, dass er immerhin in zehn Kinos anläuft. Der offizielle Start ist am Donnerstag. Möglicherweise im April wird er im Fernsehen laufen, schätzt Chris Wright. Ihr nächstes Projekt führt die Filmemacher in den Westen. Wieder ist das Verhältnis Russlanddeutscher und Einheimischer ihr Thema. Dieses Mal geht es um die erste Generation der in Deutschland Geborenen.