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Die Förderschule und die Kur GmbH zeigen Weitblick

Von DIRK SKRZYPCZAK 25.11.2009, 18:20

BAD SCHMIEDEBERG/MZ. - Passender könnte der Auftritt nicht sein. Seit Mittwoch kooperieren die Kur GmbH und die Förderschule für Lernbehinderte aus Gräfenhainichen in einer Art und Weise, "wie es deutschlandweit nach unseren Recherchen einzigartig ist", sagt Martina Kolbe, die Geschäftsführerin der Landesvereinigung für Gesundheit. Vertraglich versichert das Eisenmoorbad der Schule seine Unterstützung bei Berufsorientierung und Ausbildung (die MZ berichtete). Pro Absolventenjahrgang soll mindestens ein junger Mensch eine Lehrstelle in dem Unternehmen erhalten und nach erfolgreichem Verlauf in ein festes Anstellungsverhältnis wechseln.

Von Skepsis zur Akzeptanz

"Wir schaffen mit dieser Zusammenarbeit etwas ganz Großes", ist Schulleiter Torsten Kunze überzeugt. Es sei wichtig, den jungen Leuten eine Perspektive aufzuzeigen, ihr Selbstwertgefühl zu steigern. Dafür will die Förderschule ihr Lehrangebot bereits ab der ersten Klassenstufe mit dem Profil der Kur GmbH verzahnen. Denkbar seien auch regelmäßige Unterrichtstage in Bad Schmiedeberg. "Gemeinhin müssen Förderschüler mit dem Vorurteil leben, dass sie nichts können. Wir treten den Gegenbeweis an", freut sich Martina Kolbe. Die Landesvereinigung für Gesundheit hatte den Prozess angeschoben und will das Projekt mit dem Titel "Weitblick" weiterhin fachlich begleiten.

Deddo Lehmann, Geschäftsführer im Eisenmoorbad und Kurdirektor, will eine anfängliche Skepsis unter seinen Mitarbeitern nicht leugnen. "Alles andere wäre auch oberflächlich gewesen." Man habe sich intern intensiv mit den Inhalten beschäftigt. "Heute spüre ich eine zunehmende Akzeptanz." Das Eisenmoorbad fühle sich als regionales Unternehmen auch der Region verpflichtet. "In Kinder zu investieren, sie frühzeitig an uns zu binden und so ihre Stärken und Schwächen kennen zu lernen, liegt in unserem ureigenen Interesse", so Lehmann. Schon heute habe das Unternehmen Probleme, gewisse Lehrstellen zu besetzen. Diesem Trend wolle man sich nicht hilflos ausliefern, sondern aktiv gegensteuern. "Die Kooperation ist also zum gegenseitigen Vorteil."

Netzwerk nimmt Konturen an

Ein möglichst breites Netzwerk soll das Modellprojekt unterstützen. Als Partner konnten bereits das Förderzentrum Wittenberg, der Internationale Bund (IB), die Arge, das Berufsschulzentrum und der Landkreis gewonnen werden. Der Schulträger schickte am Mittwoch zwar keine Vertreter zur festlichen Vertragsunterzeichnung, dafür entsandte das Landesverwaltungsamt den Referatsleiter für Förderschulen und die schulfachliche Referentin in die Dübener Heide - Beweis für das wachsende Interesse an der Vereinbarung. "Wenn dieser innovative Weg erfolgreich ist, werden wir unsere Erfahrungen mit anderen teilen", verspricht Geschäftsführerin Kolbe. Jetzt müsse der am grünen Tisch ausgehandelte Vertrag mit Leben erfüllt werden.

Und da hat die Zukunft schon vor der Vertragsunterzeichnung begonnen. Jasmin Grunert und Christopher Bernhardt schnuppern in einem zweiwöchigen Praktikum in den Kur-Alltag hinein. Christopher hilft beim Kochen; Jasmin im Service. "Mir gefällt, dass ich sofort einbezogen wurde. Unter anderem serviere ich das Essen für die Patienten", erzählt sie und lobt das Klima unter den Angestellten. "Die Leute sind sehr freundlich und hilfsbereit."

Hoffen auf Finanzhilfe

Eisenmoorbad und Förderschule hoffen nun vor allem auf finanzielle Unterstützung. Unter anderem müssten die Busfahrten nach Bad Schmiedeberg bezahlt werden. In Dessau-Roßlau hat man den Ruf offenbar schon erhört. Die Sparda-Bank, ein langjähriger Partner der Schule, greift der Bildungsstätte mit 1 000 Euro unter die Arme. Unterdessen wird in der Wirtschaft das Experiment genau verfolgt. Einige Firmen, sagt der Schulleiter, hätten ähnliche Kooperationen bereits im Blick.