Deutsch-Syrisches Café Deutsch-Syrisches Café: Die Rahmbrot-Connection

Wittenberg - Der Vorgänger hat nicht lange durchgehalten. Das Lokal mit dem wunderbaren Namen „Naschcafé“ war wieder verschwunden, noch bevor man es hatte testen können. Die Neuen halten es prosaischer.
Café „Am Durchbruch“ heißt sehr wittenbergisch und schlicht der Laden, mit dem, soviel Wortspiel darf vielleicht mal sein, ein syrisch-deutsches Gemeinschaftsprojekt den Durchbruch schaffen möchte. Seit knapp einem Monat ist man jetzt im Geschäft.
Blätterteig mit Nüssen
Der Chef, Hassan Alneimat, trägt’s mit Fassung, als die Neukundin fragt, ob diese leckeren federleichten Blätterteigdinger mit verschiedenen Nüssen darin (und viel, sehr viel Zucker drumherum) etwa selbstgemacht sind. Und ob, sagt er, wie alles hier.
Als gelernter Bäcker und Konditor setzt der 35-Jährige aus Syrien damit nicht nur seinen erlernten Beruf in der Fremde fort, sondern auch die Tradition des Hauses, in dem sich lange Jahre eine Bäckerei befand, das „Backhäusle“.
Neben orientalischen Backwaren (und Kaffee, klar, aber vorerst leider ohne Kardamon) gibt’s im Café „Am Durchbruch“ auch ein kleines Speisenangebot. Gerade stand Falafel auf der Kreidetafel, Falafel - und Linsensuppe mit Würstchen.
Eine spezielle Art der Fusion-Küche bzw. Küchenfusion, die damit zu tun hat, dass Alneimats Geschäftspartner ein waschechter Wittenberger ist. „Herr Bothe“ ist eigentlich bekannt für seine Rahmbrote.
Geben und Nehmen
Werner Bothes Rahmbrotbeckerey liefert die Grundlage für mittelalterlich angehauchte Feste (nicht nur) in Wittenberg. Die aktuelle Rahmbrot-Connection resultiert aus Bothes Engagement in der Flüchtlingshilfe. Und aus seinen Erfahrungen als Arbeitgeber.
„Ich brauchte Leute - und ich wollte, dass sie Beschäftigung finden“, sagt der 68-Jährige. So hat er Hassan Alneimat und weitere junge Syrer im vergangenen Jahr an seinen Ständen auf Wittenberger Festen beschäftigt.
„Am Durchbruch“ sind die Rollen klar verteilt. Bothe, „Geburtshelfer und Mentor“, wie er sich selbst bezeichnet, ist, wie auch seine Frau Heidel, für die Zubereitung der deutschen Speisen zuständig und, vor allem, für sämtliche Bürokratie, mit der ja auch ein kleines Lokal konfrontiert ist.
Bei den Alneimats - im Café arbeitet auch Ehefrau Ihsan Aljabr (28) - und für den arabischen Teil der Speisekarte, sind die Rollen ebenfalls klar: Er bäckt, sie kocht.
„Ich würde gerne einen Mittelweg finden zwischen arabischer und deutscher Küche“, formuliert Werner Bothe seinen Anspruch im Café „Am Durchgang“ - was freilich nicht Kuddelmuddel bedeuten soll sondern ein leckeres Nebeneinander. Ein Jeder, wie er es mag.
Und undogmatisch: „Halal“ könne er, für seine Speisen, jedenfalls nicht garantieren. Will er auch gar nicht.
Die ersten Wochen hätten sie sehr gut überstanden, versichern Hassan Alneimat und sein Förderer Werner Bothe. Angestellte aus den umliegenden Büros und Geschäften hätten den neuen Mittags- und Kaffeetisch entdeckt und angenommen, ebenso die „arabischen Doktoren“ aus dem Stift. „Wir sind zufrieden“, fasst Ihsan Aljabr zusammen.
Auf Deutsch sagt sie das natürlich, das sie wie ihr Mann mittlerweile beherrscht - wenngleich nicht so gut wie die älteren ihrer drei Kinder, von denen das jüngste zweieinhalb Jahre und bereits in Wittenberg geboren ist, wo die Familie seit 2014 lebt.
Wo sie die Sprache gelernt hat? „In der Kreisvolkshochschule - und bei Werner“, der, das muss man natürlich auch sagen, bis auf weiteres für den ausführlichen Plausch mit Kunden zuständig ist und eigenen Angaben zufolge keinerlei Ambitionen hegt, im Gegenzug etwa Arabisch zu lernen. Eher würde er sein Russisch auffrischen wollen. Wenn überhaupt.
Perspektive Kleinstadt
Das Ehepaar aus Damaskus könnte ein Beispiel dafür sein, dass, wenn die berufliche Perspektive stimmt, die Kleinstadt der sonst so beliebten Großstadt den Rang ablaufen kann.
„Ich will nicht aus Wittenberg weg“, sagt Ihsan Aljabr schon heute. Nicht nach Berlin, wo ihr Mann als Pendler vorübergehend gearbeitet hatte und das sie definitiv „zu groß“ findet. (mz)