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Internationaler Bund Damit nichts auseinanderfällt in Wittenberg

Seit 30 Jahren bemüht sich der IB in Wittenberg um das Kitten gesellschaftlicher Missstände.

15.04.2021, 09:23

Wittenberg - Vor 30 Jahren kam der Internationale Bund, kurz IB, in die Lutherstadt. Als Hauptsitz wählte man den früheren DDR-Jugendwerkhof in der Sternstraße, errichtet 1904 als Lehrlingshaus. Bei dieser Adresse ist es bis heute geblieben. Der IB, der damals auch bundesweit noch den Zusatz „für Sozialarbeit“ führte, macht bis heute letztlich genau das: Kitten, was zum Auseinanderfallen der Gesellschaft zu führen droht. Dass zum umfangreichen Portfolio der Hilfsangebote außerdem eine Kita und ein Hort sowie ein Internat für Azubis aus anderen deutschen Städten gehören, ändert wenig an diesem Reparatur-Schwerpunkt.

Der „Bauchladen“, sagt IB-Chefin Kathrin Mengert und zitiert damit ihren langjährigen Vorgänger Michael Werner, sei von Anfang an so gewollt gewesen. Denn natürlich ändert sich mit der Gesellschaft über die Jahre auch die Nachfrage für einzelne Angebot; als plastisches Beispiel mag hier die Flüchtlingshilfe gelten, die 2015/2016 ein großes Ding war. Aber auch im Bereich der beruflichen Bildung gab es über die Jahre Änderungen, Richtung Reha. Und im benachbarten Zahna wurde zuletzt eine frühere Wohngruppe in ein Eltern-Zentrum - das Haus „Kleeblatt“ - umgewandelt, wo nun Mutter, Vater, Kind sich im Umgang miteinander üben, was ihnen im Alltag nicht gelungen ist.

In seinem 31. Jahr - Stichtag fürs Jubiläum war, wie Mengert im MZ-Gespräch einräumt, bereits der 15. Februar - betreibt der IB gemeinsam mit der Diakonie seit langem die Erziehungs- und Familienberatungsstelle in der Juristenstraße, er ist für das Quartiersmanagement im Alt-Neubaugebiet „Lerchenberg/Trajuhnscher Bach“ zuständig und auch das „Soziokulturelle Zentrum“, vulgo: Jugendzentrum im „Pferdestall“ ist unter der Leitung von Detlev Zinke ein Arbeitsfeld des IB. Schulsozialarbeiter kümmern sich an der Gemeinschaftsschule Friedrichstadt, aber auch an anderen Bildungseinrichtungen im Landkreis, um Jungen, Mädchen und Jugendliche, die vielfach aus eher schwierigen Verhältnissen stammen. Ein „kleines Häuschen in der Karlsstraße“ (Mengert) ist Sitz einer Tagesgruppe, wo Schüler nach dem Unterricht hingehen können, „um die Familien zu entlasten“.

Nicht nur für Schulschwänzer, die heute etwas netter „Schulvermeider“ genannt werden, gibt es die von Zinke geleitete Beratungsstelle „Enter“, die jungen Leuten mit „multikomplexen Problemen“ den Übergang von der Schule in den Beruf ermöglichen soll. Dieses Angebot in der Collegienstraße 59e wird laut Zinke noch bis 2022 durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert, anschließend hoffe man in die Regelförderung des Landkreises zu kommen.

Veränderungen stehen in den nächsten Jahren für den IB auch im „Pferdestall“ und beim Quartiersmanagement an, beide werden bald neu ausgeschrieben. Ob es dort dann mit dem IB weitergeht, wird man sehen. Gesetzt ist die Organisation indes als Partnerin der neuen „Jugendberufsagentur“, die unterm Dach der Arbeitsagentur betrieben wird, von der man coronabedingt aber noch nicht allzu viel gehört hat.

Überhaupt, Corona: Selbstredend beeinflusst und behindert die Pandemie auch die Arbeit des IB. Der „Pferdestall“ ist noch zu und im Internat an der Sternstraße sorgte laut Mengert gerade erst ein positiver Test für Aufregung - die sich aber zum Glück als unbegründet herausgestellt hat. Was die zwischen Präsenz- und Distanzunterricht gebeutelten Schüler angeht, sieht Detlev Zinke eine „gigantische Bugwelle“ auf die Gesellschaft zu schwappen, viele Jugendliche, fürchtet er, werden „vor den Trümmern ihrer Bildungskarriere“ stehen.

Die Arbeit dürfte dem IB also nicht ausgehen - 2021 aber will man sich erst einmal feiern. Der Termin für das Fest für die annähernd 150 Mitarbeiter ist vage für September avisiert, „der sah uns ganz gut aus“, sagt Kathrin Mengert. Mal sehen, was Corona sagt. (mz/Irina Steinmann)