Cranach-Herberge in Wittenberg Cranach-Herberge in Wittenberg: Gutes tun im Schlaf

Wittenberg - Wer schläft, sündigt nicht. Na, wenn’s denn stimmt. Interessant ist dies: Man schläft selig vor sich hin und tut dabei Gutes, ganz nebenbei. Man muss lediglich in der Wittenberger Cranach-Herberge einchecken. Zwar muss sich das Haus finanziell tragen und die Mitarbeiter ernähren, doch werden Gewinne aus den Übernachtungen nicht privatwirtschaftlich verwendet, sondern in die kulturelle Arbeit der Malschule an der Cranach-Stiftung investiert.
Am Sonnabend haben sie die Wiedereröffnung der Herberge, die seit Januar 2017 von Saskia Rehhahn und Matthias Clemens geleitet wird, gefeiert: Das Haus, in dem schon die Cranach-Malerfamilie lebte, arbeitete und Gäste beherbergte, war wie berichtet über vier Jahre vom Evangelischen Predigerseminar Wittenberg genutzt worden.
Eine lange Zeit, geplant war es anders, doch dann wurde das neue Domizil fürs Seminar am Schloss erst später fertig. Der Cranach-Stiftung ist dadurch kein Schaden entstanden, schließlich war die Herberge vermietet. Nur der ursprüngliche Gedanke, den Aufenthalt vielleicht mit einem Kunstkurs zu verbinden, hätte auf der Strecke bleiben können.
Offenkundig erfreut sich die Herberge aber großer Beliebtheit. Gerade auch im Jahr des Reformationsjubiläums sei die Nachfrage groß, sagt Rehhahn, die - wie Clemens - an diesem 6. Mai Interessierte durch die Immobilie in der Schlossstraße 1 führt und nur einige Räume zeigen kann, da die meisten der 26 Zimmer (zudem haben sie fünf Ferienwohnungen und einen Seminarraum) vermietet sind.
Die schönste Unterkunft sei jene Suite, von der aus man tatsächlich (wie einst Tausendsassa Cranach) den ultimativen Blick auf den Wittenberger Marktplatz hat. Über die Ausstattung der Herberge, die als solche nach der Renovierung des Hauses (an deren Finanzierung hatte sich neben anderen wie berichtet auch das Land beteiligt) zunächst von 2009 bis 2012 genutzt wurde, ist auch hier schon geschrieben worden.
Dass es kein Fernsehen gibt, scheint niemanden zu stören, noch nicht einmal die jüngsten unter den Übernachtungsgästen, von denen am Sonnabend nicht wenige anzutreffen sind.
Auf die Frage, in welchem Zustand die Räume nach dem Auszug des Seminars 2016 waren, sagt Rehhahn: „Es gab normale Gebrauchsspuren, wir mussten nur Schönheitsreparaturen machen.“ Rehhahn ist eine charmante Frau, die, das spürt man, eine große Begeisterung für ihren Arbeitsort hat.
„Die Geschichte und der kulturelle Hintergrund des Hauses sind etwas Besonderes“, sagt sie. Das empfinden auch andere so - etliche Wittenberger nutzen die kleine Wiedereröffnungsfeier für Rundgänge durchs Haus und gleichen Erinnerungen am Status quo ab. Und abends soll noch getanzt werden... (mz)