Couragiert durch alle Zeit
Oranienbaum/MZ. - Ins Leben gerufen wurde das Unternehmen von Edwin Hasert. Den geschickten Handwerker, der aus Zschortau stammte, hielt die Liebe in der Barockstadt fest. Als er seine Minna kennen lernte, deren Elternhaus in Naderkau bei Schleesen stand, war schnell der Entschluss gereift, den Lebensunterhalt im eigenen Betrieb zu verdienen. Also nutzte das junge Paar die Gelegenheit und erwarb im Herbst 1937 die noch heute bestehenden Geschäfts- und Werkstatträume. Lange währte die gemeinsame Freude an ihrer Arbeit jedoch nicht.
Edwin, dem am 1. September 1938 der Meistertitel verliehen wurde, musste in den exakt zwölf Monate später beginnenden Krieg ziehen und Minna fiel die schwierige Aufgabe zu, die noch junge Firma durch die wohl härteste Phase zu führen, die in sieben Jahrzehnten zu überstehen war. Dem Vernehmen nach tat sie das mit unnachahmlicher Courage und einem zuweilen sturen Kopf. Das bekamen sowohl die Nazis, die damit abblitzten, die Tischlerei in die Kriegsproduktion zu integrieren, als auch die im Mai 1945 auf ihrer Schwelle erscheinenden Amerikaner und Russen zu spüren. Und nicht anders erging es den Vertretern der sozialistischen Obrigkeit, denen Minna Hasert, von Rang und Namen nicht zu beeindrucken, resolut die Tür wies.
Das Vorbild seiner Eltern war Sohn Manfred Ansporn genug, die 1961 begonnene Tischlerlehre zehn Jahre darauf gleichfalls mit dem Meistertitel zu krönen. Für ihn war es eine Selbstverständlichkeit, die Tradition fortzuführen. Und dies ungeachtet der Schwierigkeiten, welche die DDR jeglichem privaten Unternehmertum bereitete.
Die Zwangsenteignung des Bestattungsgewerbes durch den Staat im Jahr 1977 konnte aber auch der beharrlich seinen Standpunkt vertretende Manfred Hasert nicht verhindern. Ein einziger Brief aus dem damaligen Rat des Kreises Gräfenhainichen reichte aus, die gesamte Dienstleistung im Bestattungswesen dem VEB Stadtwirtschaft zu übertragen.
Ein Schritt, der 1990 Geschichte war, denn mit der Wende begann ein neuer Abschnitt für den traditionsreichen Familienbetrieb, wie sich an der Eröffnung eines Möbelgeschäftes im Jahr 1991 zeigte.
Heute sind die Tischlerei und die Bestattungen wieder in einer Hand vereint. Jens Hasert ist in dritter Generation seit 2004 der Chef des Gesamtbetriebes und trägt die Verantwortung für aktuell sechs Beschäftigte und einen Auszubildenden. "Einen Lehrling in der Firma zu haben, das gehörte schon immer zu unserer Philosophie", sagt Jens Hasert, der sich das A und O des Tischlerhandwerks bei seinem Vater Manfred abschaute.
Derzeit absolviert der 29-Jährige eine Weiterbildung zum Restaurator im Handwerk. Der Entschluss, sich unmittelbar im Anschluss an den Erhalt der Meistermeriten wieder auf die Schulbank zu setzen, reifte in ihm nicht zufällig. Immerhin ist ein wichtiges Standbein der Tischlerei im Denkmalschutz verankert.
Der Margaretenhof in Oranienbaum (Haustür, Fußböden), die Goltewitzer Kirche (Holzarbeiten am Altar) oder die Felseninsel "Stein" in Wörlitz (Steganlagen, Spaliere) sind nur einige Beispiele, wo das Können der Spezialisten im Umgang mit der historischen Bausubstanz gefragt war. "Wir haben aber auch schon ein Regal für 400 Weinflaschen, Heizkörperverkleidungen und begehbare Schränke angefertigt", verrät Hasert.
Nach seinem Urteil wollen immer mehr Kunden ihren individuellen Geschmack durch Möbel aus massivem Holz ausgedrückt sehen. Der Trend entferne sich von der Verwendung industriell vorgefertigter Bauelemente, findet Hasert. "Ungeachtet mancher Platzprobleme, die wir bislang stets zu meistern wussten, setzen wir deswegen mehr denn je auf die eigene Produktion aus den verschiedensten Hölzern", lautet seine Devise.
Und die Qualität, welche die Firma liefert, scheint zu überzeugen. Unlängst sind die Oranienbaumer damit betraut worden, Teile des Jagdschlosses in Letzlingen denkmalgerecht zu sanieren.
Zukunftsängste sind Jens Hasert demnach fremd. "Eine Ungewissheit ist überall dabei. Doch ich sehe den Betrieb auf dem Weg, auf dem er sein sollte. Er funktioniert gut", sagt der Chef, den seit knapp sechs Monaten der Meistertitel seines Berufszweiges ziert.