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Coswig Coswig: Kommt Abwrackprämie für die marode Sekundarschule?

Von DIRK SKRZYPCZAK 06.04.2009, 17:19

COSWIG/MZ. - Die "hässlichste Schule" der Welt, laut Tylsch ist es zumindest die unattraktivste des Kreises, steht im Coswiger Mozartweg, ist total heruntergewirtschaftet und längst reif für eine Abwrackprämie. "In diesem Objekt über Motivation von Schülern und Lehrern zu reden, ist ein Ding der Unmöglichkeit", meint Tylsch.

Anhalt-Zerbst hat versagt

"Bedanken" dürfen sich die Coswiger in erster Linie beim ehemaligen Landkreis Anhalt-Zerbst. Dort wurde die dringend nötige Sanierung immer wieder auf die lange Bank geschoben, "weil der Kreisstadt Zerbst die Aufmerksamkeit galt und die Finanzen wie überall endlich waren", sagt Tylschs Parteifreund Matthias Mohs, der für "AZE" im Kreistag saß und jetzt dem Wittenberger angehört. Über das Schulbauförderprogramm der EU sah der Landkreis Wittenberg nun die Chance, das Projekt mit einem Volumen von etwa sechs Millionen Euro in die Gänge zu bekommen. Allerdings verweigerte die Prüfungskommission im Kultusministerium Sachsen-Anhalts der Sekundarschule die Aufnahme in den Förderkreis. Das pädagogische Ganztagsschulkonzept genüge nicht den hohen Anforderungen, hieß es als Begründung aus Magdeburg (die MZ berichtete).

Mittwoch will Tylsch an die Landesminister Reiner Haseloff (CDU, Wirtschaft), Hendrik Olbertz (parteilos, Kultus) und Karl-Heinz Daehre (CDU, Landesentwicklung) ein Hilfeersuchen überreichen. In dem Brief weist Tylsch auf die Dringlichkeit einer Lösung hin, die der Landkreis als Träger der Bildungseinrichtung gemeinsam mit der Stadt eigentlich schon gefunden hatte. Die Sekundarschule zieht den Plänen nach in das Zentrum, soll das ehemalige Gymnasium und die Grundschule "Am Schillerpark" nutzen; für die Erst- bis Viertklässler ist der Ausbau der Fröbel-Schule im Schwarzen Weg als Grundschulzentrum vorgesehen. Der Landkreis setzte das Coswiger Konzept auf die Plätze eins und zwei seiner Prioritätenliste, doch davon ließ sich das Kultusministerium nicht beeindrucken (auch die Stadt mit ihrem Grundschulkonzept muss nachsitzen). Brüssel sei nicht dazu da, die Verfehlungen lokaler Politik auszubügeln, argumentierte eine Ministeriumssprecherin. Gleichzeitig macht Magdeburg den Coswigern - und allen anderen gescheiterten Schulen - Hoffnung auf die zweite Antragsrunde Ende dieses Jahres.

"Wir dürfen nicht spekulieren, ob wir in der zweiten Welle der EU-Förderung erfolgreich sind. Die Messlatte wird noch höher hängen, weil alle wissen, was die Stunde geschlagen hat", sagt Tylsch. Mit Bürgermeisterin Doris Berlin (parteilos), dem Landkreis sowie mit der Sekundar- und der Musikschule will er abklären, inwieweit sich das Profil der beiden Bildungshäuser miteinander verzahnen lässt, um der geforderten "herausragenden" pädagogischen Ausrichtung ein Stück weit näher zu kommen.

Haseloff gibt Rückendeckung

Eine weitere Chance, an zentrale Fördertöpfe zu gelangen, sieht Tylsch in einem Projekt mit erneuerbaren Energien unter dem Blickwinkel einer energieeffizienten Sanierung von öffentlichen Gebäuden. "Wir dürfen keine Möglichkeit auslassen und müssen jeden Strohhalm greifen", fordert er. Rückendeckung erhalten die Coswiger von Minister Haseloff, der die Bedeutung der Schule als Standortfaktor der wirtschaftlichen Entwicklung unterstreicht und selbst das Gespräch mit seinem Kollegen Olbertz suchen will.

Dass die Kreisverwaltung 215 000 Euro an Planungskosten, ursprünglich für Coswig vorgesehen, nun in die vom Land bestätigte Ferropolis-Schule Gräfenhainichen stecken will, hält Tylsch einerseits zwar für nachvollziehbar, im Kern der Sache jedoch für einen Fehler. "Der Schritt wäre das falsche Signal für Coswig, weil er die Deutung zulässt, der Kreis habe den Standort womöglich schon aufgegeben. Deshalb werde ich nicht zustimmen." Dienstag soll sich der Kreisausschuss damit befassen.

Klaus Hajek (SPD), Fachbereichsleiter beim Landkreis, sieht Coswig hingegen keineswegs in der Versenkung verschwunden. "Die Mittel umzuverteilen, macht Sinn und ist keine Entscheidung gegen Coswig. Das Geld ist für die Planung der EU-Schulbaumaßnahme gedacht." Er sei aber optimistisch, auch Coswig noch im EU-Förderprogramm unterbringen zu können. "Und wenn uns das nicht gelingt, müssen wir über ein Public-Private-Partnership-Modell die Angelegenheit als Kreis selbst in die Hand nehmen." Tylsch ist skeptisch. "Herr Hajek muss uns erst einmal erklären, wie er das finanzieren will."