Church@Night in Wittenberg Church@Night in Wittenberg: Streben nach dem Ideal

Wittenberg - Auf die Frage, was ihm als Journalist besonders wichtig sei, antwortet Thomas Liersch: „Wir sprechen heute über Wahrheit. Die Wahrheit ist, dass ich mir wünsche, relevante Inhalte in der Zeitung zu haben.“ Es ist Freitagabend und Liersch, seit Oktober 2018 bei der Mitteldeutschen Zeitung Leiter der Regionalredaktion Wittenberg, hat im Rahmen einer Church@Night zum Thema „Nichts als die Wahrheit. Zwischen ,fake news’ und ,so ist das’“ in der Wittenberger Stadtkirche einem Rollentausch zugestimmt: Nicht er stellt die Fragen, sondern er wird befragt.
So etwas kann in Zeiten, da sich Medien und ihre Vertreter oft harscher Vorwürfe ausgesetzt sehen, denen mit sachlichen Argumenten kaum beizukommen ist, eine unangenehme Angelegenheit sein. In der gut besuchten Stadtkirche aber herrscht eine freundliche Atmosphäre und der Interviewer Stefan Günther, Theologe und Dozent am Evangelischen Predigerseminar, will seinem Gast nichts Böses.
Dafür, dass sie wenig Zeit haben, geht es um große Themen wie den Wahrheitsbegriff, wozu Liersch sagt: „Wir sind der Wahrhaftigkeit verpflichtet. Dem streben wir nach.“
Mehrere Perspektiven
Dazu gehöre auch, viele Meinungen anzuhören, Argumente gegenüberzustellen und sie erst mal neutral wirken zu lassen, „so sind wir multiperspektivisch“. Es geht um Objektivität (Liersch: „Das lernt man in der Ausbildung“) und um Qualitätssicherung, was neben einer gründlichen Recherche auch das Korrekturlesen von Texten beinhaltet.
Wie denken Sie, liebe Leser, über unsere Berichterstattung? Was schätzen Sie an Ihrer Regionalzeitung? Wie können wir noch besser werden? Gibt es Themen im Landkreis Wittenberg, um die wir uns - noch mehr - kümmern sollten? Schreiben Sie uns einen Leserbrief oder einen Themenhinweis an: Mitteldeutsche Zeitung, Schlossstraße 23/24 in 06886 Lutherstadt Wittenberg oder per E-Mail an [email protected].
Und es geht um Begriffsklärungen: „,Lügenpresse’ ist ein politischer Kampfbegriff, er dient der Diffamierung“, sagt Liersch und ergänzt unter Hinweis auf sogenannte Fake News, wie wichtig es sei, sich auf seriöse Quellen zu beziehen.
Neben dem Journalisten Liersch sollten eigentlich am Abend dieses 11. Januar noch eine Rechtsanwältin und eine Palliativmedizinerin zum Thema Wahrheit interviewt werden, doch kam es dazu, wohl wegen anderer Verpflichtungen, nicht.
Immerhin von der Ärztin, die ja qua Fachrichtung nur selten gute Neuigkeiten zu verkünden hat, trägt Günther ein Statement vor, es geht so: „Harte Nachrichten müssen ehrlich und mit Liebe gesagt werden.“ Und mit den Worten des Apostels Paulus: „Liebe freut sich nicht an Ungerechtigkeit, sie erfreut sich aber an der Wahrheit“, so Günther.
Die Wahrheit, das Ringen um selbige, unterschiedliche Wahrnehmungen von ihr und nicht zuletzt verpasste Gelegenheiten, wenn es wie in dem alten Lied von Gerhard Schöne darum geht, eine zu früh aufgestandene Wahrheit zu verkünden, stehen an diesem Abend in der Stadtkirche durchgängig im Mittelpunkt. Dabei wird einer schönen Dramaturgie gefolgt, denn zum Projekt gehören neben dem Interview ein besonderes Lichtkonzept und thematisch passende Bildprojektionen über dem Altarraum.
Viele sind beteiligt
Neben Stefan Günther sind an der Ausführung eine ganze Reihe weiterer Menschen beteiligt, u. a. Damaris Garth (Klavier), Wolfgang Praetorius (Cello), Friedrich Kramer (Gitarre und Gesang) sowie Johanna Beimler und Frank Koine (Gesang). Und ganz nebenbei erklingt noch so manche bedenkenswerte Geschichte oder trägt Günther aus Studien vor, wonach der Mensch es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, sondern täglich mehrmals lügt - und das reicht von kleinen Notlügen bis hin zu, genau, Fake News.
Das maßgeblich von Stadtkirchenpfarrer Alexander Garth initiierte Format Church@Night ist der Lichtkirche entlehnt, mit der die hessen-nassauische Kirche 2017 auf der Weltausstellung Reformation in Wittenberg war. Die nächste Church@Night findet am 8. Februar statt. Beginn ist um 21 Uhr. (mz)