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Pandemie Chefarzt in Wittenberg fordert Umdenken bei Impf-Priorisierung

Der Wittenberger Chefarzt Peter Jehle spricht sich für ein Umdenken bei der Impfpriorisierung aus.

Von Corinna Nitz 30.04.2021, 06:53
Sollte die Reihenfolge der Impfung geändert werden?
Sollte die Reihenfolge der Impfung geändert werden? imago images/Fotostand

Wittenberg/MZ

- Für ein Umdenken in der Impfreihenfolge bei Covid-19 spricht sich gegenüber der MZ der Wittenberger Medizinprofessor und Chefarzt am Evangelischen Krankenhaus Paul Gerhardt Stift, Peter Jehle, aus. Man müsse die Priorisierung „so früh wie möglich beenden“, erklärte er am Mittwoch auf eine Anfrage. Hintergrund sind Berichte über entsprechende Forderungen auch aus ärztlichen Kreisen. Eine mögliche Aufhebung der Impfpriorisierung wird zudem von der Politik diskutiert.

Zeit, die fehlt

Jehle sagte, dass die Priorisierung vor Monaten sinnvoll war, damit bei den seinerzeit noch sehr knappen Impfstoffen die besonders gefährdeten Gruppen berücksichtigt werden konnten. Inzwischen gibt es aber nicht nur mehr und verschiedene Impfstoffe, sondern es wurden auch die Hausärzte in das Prozedere einbezogen. Generell, so der Internist, müsste „in der jetzigen Phase“ noch mehr in Ärzte vor Ort und dort insbesondere in die Hausärzte Vertrauen gesetzt werden, da diese bei der Impfung der Bevölkerung „Spezialisten“ seien. Von alledem abgesehen koste Priorisierung Zeit, eben auch Zeit, „die man beim Patienten hätte verbringen können“.

In dieser Hinsicht haben sie offenbar in dem von Jehle ärztlich mit geleiteten KfH-Dialysezentrum in Wittenberg spezielle Erfahrungen gemacht. Danach haben sie Stunden damit verbracht, an einer Priorisierung zu arbeiten. Denn nicht alle der mehr als 100 Dialysepatienten sind hochbetagt, aber gleichwohl hochgefährdet. Was die Pandemie betrifft, so bekräftigte Jehle, dass „Impfungen weltweit passieren müssen“. Denn „selbst wenn wir die westliche Welt komplett durchgeimpft haben, werden irgendwann Mutationen entstehen“, die ein anderes Virus produzieren. „Die Pandemie wird wiederkommen.“

Unterstützung für andere

Noch aber ist ja diese Coronapandemie nicht ausgestanden und kaum irgendwo sonst spüren sie das stärker als im Krankenhaus. Am gestrigen Donnerstag hatten sie laut Stift-Sprecherin Janet Pötzsch elf Covid-Patienten im Haus, fünf davon auf der Intensivstation und sechs weitere „Verdachtspatienten“. Damit liege die Anzahl der Covid-Patienten im Stift derzeit „relativ stabil im unteren Bereich“, so Pötzsch.

Das ist nicht überall so. Demnach verzeichnen andere Krankenhäuser weiterhin eine hohe Auslastung beziehungsweise Zunahme. Es erfolge eine enge Zusammenarbeit der Kliniken, um die bestmögliche Patientenversorgung zu ermöglichen. So seien unlängst Patienten aus Merseburg und Bitterfeld ins Paul Gerhardt Stift verlegt worden, weil, wie es heißt, die Intensivkapazitäten in den jeweiligen Kliniken nicht ausreichten. Als Reaktion auf diese Situation bleiben die Sicherheitsmaßnahmen im Wittenberger Krankenhaus nach dessen Angaben „grundsätzlich weiter bestehen“.

Dazu gehöre neben regelmäßigen Schnelltests für die Mitarbeitenden und Patienten auch ein weiterhin reduziertes Leistungsangebot. Aktuell sind den Angaben zufolge noch zwei Stationen mit insgesamt 58 Betten gesperrt, um das Personal auf der Covid-Station sowie auf der Intensivstation einsetzen zu können. „Weiterhin werden überwiegend Notfallpatienten behandelt, alle anderen Operationen und Behandlungen finden noch im reduziertem Umfang statt. Einbestellungen erfolgen mit großem Augenmaß und in enger Abstimmung aller beteiligten Chefärzte mit dem Ärztlichen Direktorium“, heißt es weiter und auch, dass viele Patienten darauf warten, dass Operationen und Eingriffe wieder durchgeführt werden können.

Moderate Erhöhungen

Um diesem Anspruch gerecht zu werden, gleichzeitig aber weiterhin die aktuelle Corona-Lage zu berücksichtigen, beraten Pötzsch zufolge das Krankenhaus-Direktorium und die Task Force weiter wöchentlich und stimmen Maßnahmen ab. Aktuell sei in dieser Hinsicht entschieden worden, die geschlossene Station 13a ab dem 10. Mai mit zunächst 20 von 32 Betten wieder zu öffnen und so „eine moderate Erhöhung an Operationen zu ermöglichen“.